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Locke greift an

Locke greift an

Titel: Locke greift an
Autoren: Ulli Potofski
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Türkei und Matz ein echtes Heimspiel. Die Arena Auf Schalke war voll. Sechzigtausend Zuschauer, davon bestimmt fast die Hälfte türkische Anhänger. Der Lärmpegel überstieg sämtliche Rekordmarken.
    Russland war ein sehr guter Gegner. Kämpfte. Ging sogar mit 1:0 in Führung und stand schließlich doch als Verlierer auf dem Platz. Die Türkei konnte in der zweiten Halbzeit das Spiel drehen, und Matz war es, der in der fünfundsiebzigste Minute das Siegtor zum 2:1 erzielen konnte.
    Auf dem TV-Würfel der Arena stand nach dem Schlusspfiff in riesigen Buchstaben: DIE UEFA FREUT SICH AUF DAS ENDSPIEL DEUTSCHLAND GEGEN DIE TÜRKEI!

    Mit gemischten Gefühlen wurde das Resultat im deutschen Lager aufgenommen. Einerseits kannte man die türkische Mannschaft vom Eröffnungsspiel ganz gut, andererseits stand dieses 0:1 als Belastung in den Geschichtsbüchern … Stettler versuchte, seine Mannschaft zu beruhigen.
    »Man macht ja Fehler normalerweise nicht zweimal, also, was haben wir aus der Auftaktniederlage gegen die Türken gelernt?«
    Er stemmte die Arme in die Seiten und stand wie ein Lehrer
vor der Truppe, die Augenbrauen hochgezogen, was ziemlich streng aussah. Andreas Martin traute sich zu antworten: »Man darf sie nicht gewinnen lassen.«
    Ein Riesengelächter war die Reaktion im Raum. Sogar Stettler musste lachen. »Vereinfacht ausgedrückt hast du den Nagel auf den Kopf getroffen«, meinte er. »Aber was ich euch mit auf den Weg geben möchte, ist Folgendes. Lasst sie nicht in einen Spielrausch kommen. Vor allem, deckt sie enger als beim Eröffnungsspiel in Berlin …«
    »Und gebt keine Handspiele auf der Torlinie zu!«, rief Heiko Erde dazwischen, und wieder mussten alle lachen.
    Stettler aber wurde nochmals ernst.
    »Was Patrick da im ersten Spiel gemacht hat, war schon etwas ungewöhnlich. Aber es hat uns viel Anerkennung in der gesamten Fußballwelt eingebracht. Um es noch einmal zu sagen: Es war komplett richtig, dass er sein Handspiel zugegeben hat. Nun aber lasst uns in aller Ruhe vor dem Endspiel arbeiten. So oder so, ich bin unendlich stolz auf euch!«
    Alle klatschten nach dieser Rede des Trainers lauten Beifall.
    Locke freute sich über diesen neuerlichen Zuspruch seines Trainers. Aber eigentlich beschäftigte ihn in diesen Momenten etwas ganz anderes. Und das war Matz. Er würde im Endspiel gegen seinen Freund spielen.

    In Hennef war die Hölle los. Tage vor dem Endspiel gaben sich namhafte Reporter die Klinke in die Hand, und der Andrang wurde so groß, dass der DFB sogar einen Medienmanager aus der Zentrale in Frankfurt schicken musste, um alle Anfragen zu beantworten. Ulli Wogt hieß der Mann und normalerweise kümmerte er sich um die »echte« Nationalmannschaft. Ein Profi also.

    Um den ganzen Rummel in den Griff zu bekommen, beraumte Wogt dann als Erstes Pressekonferenzen an. Am Freitag und Samstag vor dem Endspiel sollte es jeweils um zwölf Uhr solch einen Termin geben, mit dem Trainer und jeweils einigen ausgesuchten Spielern. Für den Samstag hatte Wogt Locke und Kevin Rott ausgesucht.
    So saß Locke nun also zusammen mit Kevin vor den Journalisten. Stettler hatte den Pressekollegen gerade das Neueste aus dem Team berichtet und jetzt gab Wogt »Feuer frei!« für Fragen an den Trainer und die Spieler.
    Bislang hatten Patrick und Kevin Rott eher passiv dabeigesessen und an ihrem Orangensaft geschlürft. Ganz unwohl hatten sich beide dabei nicht gefühlt. Locke hatte unauffällig gezählt, wie viele Menschen sich in den schmucklosen Raum der Sportschule gequetscht hatten. Er war auf siebzig Personen und drei Kamerateams gekommen! Nun aber stand ein Mensch mit langen Haaren, so wie man sie vor Urzeiten getragen hat, in einem leicht abgewetzten braunen Kordsakko auf und stellte sich als Benno Weberski von der Bildzeitung vor.
    Weberski räusperte sich. »Sie, Locke oder Patrick Schubert, nun sagen Sie uns doch endlich mal, ob Sie zu den Bayern wechseln oder nicht. Ihr Vater hat ja schon Verhandlungen mit Beckenbauer führen können, wie unsere Zeitung exklusiv vermeldet hat.«
    Stettler sah ein wenig besorgt zu Patrick neben sich, dies war genau das, was der Trainer nicht wollte. Personaldiskussionen. Aber Patrick meisterte die Situation sehr professionell.
    »Und jetzt«, sagte er ironisch, »können Sie Ihren Lesern nicht exklusiv, weil ja alle mithören können, vermelden, dass ich keine Absicht habe, zu den Bayern zu wechseln.«

    Die Antwort sorgte für große Heiterkeit unter den
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