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Lizenz zur Zufriedenheit

Lizenz zur Zufriedenheit

Titel: Lizenz zur Zufriedenheit
Autoren: Nico Rose
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sein, dass Ähnliches geschieht, wie schon weiter oben bei den Lehrer-Schüler-Paaren beschrieben: Wenn der Chef glaubt, dass wir besonders leistungsfähig sind, gibt er uns vielleicht schwierigere Aufgaben, die dazu führen, dass wir größere Erfolge feiern und schneller aufsteigen können. Vielleicht hat er auch öfter ein freundliches Wort für uns – oder er empfiehlt uns für ein besonderes Förderprogramm, sodass wir besonders motiviert sind. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist aber noch ein weiterer psychologischer Effekt am Werk: Der sogenannte Confirmation Bias, zu Deutsch etwa: Bestätigungsverzerrung. Menschen neigen dazu, eine einmal gefasste Meinung über eine Sache, sich selbst 187 oder auch andere Menschen nur schwer zu revidieren, selbst wenn durchaus handfeste Tatsachen dagegen sprechen. 188 „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht“, sagt bekanntlich der Volksmund. Und deswegen gilt auch: „Es gibt keine zweite Chance für einen ersten Eindruck.“ 189 In diesen Sinnsprüchen steckt die kondensierte Lebenserfahrung, dass Menschen eine kognitive Schublade nur ungern wieder öffnen, wenn sie dort erst mal etwas abgelegt haben. Warum ist das so – und wie stellen wir das an?
    Die Frage nach dem Warum ist an sich recht schnell beantwortet: Es fühlt sich nicht gut an, wenn wir Informationen aufnehmen (müssen), die unserer bisherigen Meinung zuwiderlaufen. Solch ein Vorgang löst ein Unwohlsein, eine Art innere Spannung aus, die Psychologen „kognitive Dissonanz“ nennen. 190 Es erfordert schlicht und ergreifend ein gewisses Maß an Anstrengung, seine Ansichten zu ändern, wenn eine neue Information unserer bisheriges Modell der Welt infrage stellt; leichter ist es meist, alles so zu belassen, wie es schon ist. Die Frage nach dem Wie ist etwas komplizierter, aber auch nicht so sehr: Im Wesentlichen gibt es zwei Strategien, die Menschen anwenden, um ihre bisherigen Ansichten nicht ändern zu müssen: Entweder werden die widersprüchlichen Informationen einfach ignoriert (bzw. gar nicht erst wahrgenommen) oder aber sie werden derart umgedeutet, dass sie keine Bedrohung für das alte Glaubensgebäude mehr darstellen. Wenn ein Mensch, den wir für unfähig halten, plötzlich etwas auf die Reihe kriegt, sagen wir z. B. gerne: „Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn.“ Wir deuten somit das neue Ereignis als Ausnahme von der Regel, anstatt grundlegend unsere Meinung zu ändern. 191
    Wie sicher sind Sie? Und wenn ja, worüber?
    Legen Sie das Buch bitte jetzt für einen Moment zur Seite – und nehmen stattdessen einen Zettel zur Hand. Schreiben Sie auf diesen Zettel zehn Dinge, die Sie über sich selbst wissen. Also Sätze in der Art von „Ich bin XY ...“ oder: „Ich bin ein Mensch, der XY ...“ Machen Sie das bitte jetzt!
    Wenn Sie so wie die meisten Menschen geantwortet haben, dann werden sich z. B. Sätze der folgenden Art auf Ihrem Zettel befinden: „Ich bin 1,90 Meter groß.“ Oder: „Ich bin ein Mann.“ Dies sind recht einfach zu prüfende Tatsachen – auch durch andere Menschen leicht nachzuvollziehen. Ein Zollstock oder (zur Not) ein beherzter Griff in den Schritt bringen hier eindeutige Ergebnisse. Es werden sich wahrscheinlich aber auch Sätze der folgenden Art unter Ihren Aussagen befinden: „Ich bin Architekt“ o. Ä., „Ich bin gut / schlecht in Mathe“ oder vielleicht auch: „Ich bin liebenswürdig / abscheulich.“ Wie steht es hier um die Eindeutigkeit? Handelt es sich hier ebenfalls um überprüfbare Tatsachen – oder sind dies nicht viel eher (mehr oder weniger gut bestätigte) Hypothesen ? Sicher, wenn Sie Architektur studiert haben, könnten Sie mir z. B. Ihr Zeugnis zeigen, welches die entsprechende Qualifikation nachweist. Aber macht dieser akademische Nachweis Sie wirklich zum Architekten? Wenn Sie Architektur studiert, danach aber niemals als ein solcher gearbeitet haben: Sind Sie dann trotzdem Architekt – oder nicht? Vielleicht ist es ja einfacher, Sie zeigen mir einige der Gebäude, die Sie entworfen haben. Dann müsste ich Ihnen das wohl abnehmen. Andererseits: Ich bin mir relativ sicher, dass ein Großteil der derzeit existierenden Gebäude auf diesem Planeten von Menschen entworfen wurde, die niemals Architektur studiert haben. Wo genau liegt also der Nachweis des Architekt-Seins? Ich denke, wir könnten uns hier durchaus auf verschiedene Kriterien einigen, aber dies ist schon ein wesentlich komplexerer Vorgang
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