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Lizenz zur Zufriedenheit

Lizenz zur Zufriedenheit

Titel: Lizenz zur Zufriedenheit
Autoren: Nico Rose
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Zusammensetzung ihrer Schulklassen in puncto Leistungsfähigkeit. Den Lehrern wurde zu Beginn des Schuljahres aufgrund manipulierter Testergebnisse vermittelt, dass ein gewisser Teil ihrer Schüler (die in Wirklichkeit vollkommen zufällig ausgewählt wurden) in nächster Zeit einen enormen Leistungsschub zu erwarten hätte. Nach Ablauf des Schuljahres konnte bei einem großen Teil jener Schüler tatsächlich ein signifikant erhöhter Intelligenzquotient gemessen werden. 182 Diese Wirkung wird heutzutage nach dem zuvor erwähnten Forscher „Rosenthal-Effekt“ genannt. Was aber ist in diesem einen Jahr passiert? Darüber lassen sich etliche Vermutungen anstellen. Wahrscheinlich ungefähr Folgendes: In der Erwartung, besonders leistungsstarke Schüler vor sich zu haben, haben die Lehrer jene Kinder (unbewusst) mehr gefördert als andere. Vielleicht haben sie diese Schüler öfter zu mündlicher Beteiligung aufgefordert. Vielleicht haben sie sich bei diesen stärker bemüht, auch schwierige Sachverhalte besonders gut zu erklären. Vielleicht haben sie jene Eleven aber auch einfach nur mehr angelächelt als andere. Auf jeden Fall hat das Vertrauen der Lehrer in die Fähigkeiten jener Schüler sich auf diese übertragen und eine Art sich selbst verstärkenden Prozess in Gang gesetzt. Aus Fremdvertrauen wurde Selbstvertrauen – und aus Selbstvertrauen objektiv messbarer Erfolg.
    In einem weiteren Klassiker der Sozialpsychologie wurde Ähnliches gefunden: Man bat eine Reihe von männlichen Studenten, für zehn Minuten mit einer ihnen unbekannten weiblichen Studentin ein Telefongespräch zu führen. Die männlichen Probanden erhielten einen Fragebogen mit einigen Informationen zu ihrer Gesprächspartnerin. Beigefügt war außerdem ein Foto, welches angeblich die betreffende Person zeigte. Tatsächlich aber waren dies Bilder von Frauen, die zuvor objektiv nach Attraktivität beurteilt worden waren. Eine Gruppe von Männern erhielt die Fotos mit der besten Bewertung, die anderen jene, die am schlechtesten beurteilt worden waren. Vor dem Gespräch füllten die Versuchsteilnehmer einen Fragebogen bezüglich des ersten Eindrucks (z. B. Intelligenz, Attraktivität, Freundlichkeit) zur Gesprächspartnerin aus. Das Telefonat wurde dann aufgezeichnet und anschließend ausgewertet. Eine Analyse der Fragebögen zeigte zunächst, dass sich die Männer hinsichtlich des ersten Eindrucks von allgemeinen Stereotypen hatten leiten lassen: Jene Testpersonen, die ein attraktives Foto erhalten hatten, erwarteten, mit einer aufgeschlossenen und humorvollen Frau zu sprechen. Die Männer, denen ein unattraktives Foto zugespielt worden war, gingen hingegen davon aus, mit einer langweiligen, eher verschlossenen Person sprechen zu müssen. Die konkrete Analyse der Gespräche zeigte schließlich, dass jene Frauen, die von ihrem Gesprächspartner für anziehend gehalten wurden, bei den neutralen Auswertern der Tonaufnahmen durchweg die Impression erweckten, sehr selbstsicher zu sein und den jeweiligen Gesprächspartner gleichfalls attraktiv zu finden. Frauen andererseits, die vom Gesprächspartner für unattraktiv gehalten wurden, wurden auch bei der Auswertung des Gesprächs als wenig zugänglich und unsicher beurteilt. Im Übrigen zeigte sich ein analoger Effekt für die männlichen Teilnehmer: Männer, die das Foto einer attraktiven Frau erhalten hatten, wurden aufgrund ihres Gesprächsstils von neutraler Seite als attraktiver und selbstbewusster eingeschätzt. Die von ihnen unbewusst ausgelöste positive Reaktion der Gesprächspartnerinnen hatte auf sie selbst zurückgewirkt. 183 Die Kurzfassung dieses Experiments lautet also: Die unausgesprochenen Erwartungen der Männer haben sich auf das tatsächliche Verhalten der Frauen übertragen; und dieses wiederum hat unbewusst auf das tatsächliche Verhalten der Männer zurückgewirkt.
    Die in den zuvor geschilderten Experimenten gefundenen Effekte konnten seit den 1960er-Jahren in unzähligen weiteren Studien wiederholt werden. Besonders interessant (und bedauerlich, zumindest für einen Teil der Bevölkerung) ist die Tatsache, dass die Wirkung des auch Pygmalion-Effekt 184 genannten Prinzips ebenfalls sehr stabil in der Arbeitswelt nachgewiesen werden kann. 185 Hart formuliert: Ihre Leistung wird zu einem nicht gerade geringen Maße davon beeinflusst, was Ihr Chef Ihnen zutraut – oder eben auch nicht, unabhängig davon, was Sie wirklich leisten. 186
    Worauf beruht dieser Effekt? Zum einen mag es
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