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Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren

Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren

Titel: Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren
Autoren: Berte Bratt
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Wir können nun wohl eigentlich sagen, daß wir quitt sind.“
    Gleich darauf schlief sie.

16
     
     
    Die Prüfung der Abiturienten war überstanden. Heming war frei. Und Peik hatte die Masern hinter sich. Jetzt konnten wir endlich nach Geilo reisen. Wir luden Morten ein, mitzukommen. Er nahm die Einladung mehr als gern an. Es war, als wäre ein Gewitter über unser Haus hinweggegangen. Die Luft war rein, und die Sonne schien wieder.
    Nils, Marianne und Frau Vesterholm kamen am Abend vor der Abreise zu uns, um Abschied zu nehmen.
    „Am zwanzigsten August“, sagte Nils. „An diesem Tage müßt ihr wieder in der Stadt sein. Wir möchten Lisbeth und Berit als Brautjungfern haben.“
    „Zum Nachtisch gibt es Eis“, erklärte Peik.
    „Ja, Peik. Versprochen ist versprochen.“
    „Manchmal übernehme ich die Rolle einer Brautjungfer bei meinen Eltern und manchmal bei meinen Lehrern“, sagteLisbeth. „Armer Nils! Zum Herbst bekommst du mich als Schülerin!“
    „War das nicht ein kleiner Gedankensprung?“ fragte Nils gutmütig.
    „Durchaus nicht“, lachte Lisbeth. „Es war das Ergebnis einer logischen Gedankenreihe. Wenn du mir am Vormittag schlechte Noten gibst, komme ich am Nachmittag zu euch und mache dir das Leben sauer.“
    „Lisbeth, Lisbeth!“ seufzte Nils.
    „Wann hast du Ferien, Tante Lillian?“ erkundigte sich Lisbeth.
    „In vierzehn Tagen. Ich fahre zu Nils’ Eltern“, lächelte Frau Vesterholm.
    „Und zur Hochzeit am Zwanzigsten kommen wir wieder zusammen“, stelle Heming fest.
    „Lisbeth!“ rief Peik. „Warst du auf der Hochzeit von Vati und Mutti!“
    „Ja.“
    „Es war schäbig von euch, daß ich nicht dabeisein durfte“, sagte Peik.
    Als Lisbeth uns an jenem Abend gute Nacht sagte, fragte sie zögernd: „Du, Vati?“
    „Ja? Vorschuß auf das Taschengeld oder ein neuer Overall – was ist es?“
    „Unsinn. Weder – noch. Aber höre mal, Vati. Morten hat daran gedacht, mit dem Motorrad nach Geilo zu fahren. Könnte ich wohl bei ihm aufsitzen? – Wenn wir sehr früh am Morgen aufbrechen, werden wir es bequem bei Tageslicht schaffen…“
    Heming und ich blickten einander an. Ich glaube, das strahlende Lächeln, das sich um seinen Mund zog, war ein Spiegel meines eigenen Lächelns.
    „Natürlich, Lisbeth. Nichts steht im Wege. Es wird sicher eine sehr schöne Fahrt werden.“
    Lisbeth strahlte. Beim Gute-Nacht-Sagen drückte sie uns beiden besonders kräftig die Hand.
    Aber ich konnte mir eine Bemerkung nicht verkneifen. „Du, Lisbeth!“ sagte ich. „Es klingt eigentlich unglaublich komisch, wenn du fragst, ob du etwas darfst.“
    Lisbeth wurde rot. Dann lachte sie.
    „Ja. Vielleicht. Aber seit einiger Zeit habe ich das Gefühl, als hätte ich richtige Eltern bekommen“ – sie suchte nach einem passenden Wort, fand aber kein besseres – „Ja, ihr seid Eltern geworden.“
    Sie ging zur Tür, wandte sich an der Schwelle noch einmal um und sagte mit dem guten, schalkhaften Blick vergangener Zeiten: „Das Merkwürdigste aber… das Merkwürdigste, wißt ihr, ist… ich mag es!“
    Das Multbeermoor lag rotgolden vor uns. Es war August geworden. In wenigen Tagen sollten wir nach der Stadt zurückkehren.
    Die ganze Familie pflückte Multbeeren. Auf der Sennalpe standen Mortens Motorrad, mein ganz gewöhnliches Fahrrad und Hemings Rad mit einem Sitz für Peik. Wir hatten einen Eimer und Butterbrotpakete mitgenommen und waren ein gutes Stück über die Heide gewandert.
    Oft schon hatten wir gerade dieses Multbeermoor aufgesucht, und immer wurden Heming und ich etwas sentimental, wenn wir hinkamen. Denn dort hatten wir uns einst getroffen, und dort hatte Heming vor Lisbeth gekauert und die Multbeerfingerhüte von ihren Fingerspitzen mit den Lippenabgenommen und verspeist. Oh, ich erinnerte mich so gut an diese Szene. Und ich erinnerte mich an die Gedanken, die mir damals durch den Kopf gegangen waren: Gefährliche kleine Lisbeth – was wird wohl in zehn Jahren aus dir geworden sein?
    Jetzt waren die zehn Jahre um. Ich lächelte. Heming kauerte vor Peik und pflückte für ihn. Ich selber ging ein Stück weiter oben über das Moor.
    Da entdeckte ich Lisbeth. Sie kauerte neben einem Multbeerhügel. Ihr Gesicht unter dem roten Kopftuch war von der Sonne gebräunt. Sie erhob den Kopf und blickte Morten an. Ihr ganzes Gesicht war ein einziges Lächeln. Morten beugte sich zu ihr herab und aß gelbe Multbeerfingerhüte von ihren Fingern. Und auf einmal fühlte und wußte ich, daß ich
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