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Lisa geht zum Teufel (German Edition)

Lisa geht zum Teufel (German Edition)

Titel: Lisa geht zum Teufel (German Edition)
Autoren: Tessa Hennig
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bestimmte. Sie hatte ihn zu einem Streuner gemacht, der mit einer Katze liiert war. Rafael verachtete diese Menschen; doch gerade weil er sie bis in die letzte Körperzelle verstand und den Rafael erkannte, der auch er noch bis vor zehn Jahren gewesen war, verachtete er sich selbst umso mehr.
    Schien die Sonne immer noch, oder war sie tatsächlich auf der Couch eingeschlafen? Dem Schattenwurf des Tischs nach zu urteilen, musste sich die Erde bereits um die halbe Achse gedreht haben. Erst jetzt stellte Lisa fest, dass sie sich über Nacht selbst mumifiziert hatte. Das weiße Laken, mit dem die Couch normalerweise abgedeckt war, hatte sich beim Einmummeln während der Nacht wie eine Zwangsjacke um sie herumgewickelt. Kaum waren die Arme frei, rumpelte es an der Tür. Sicher Luke. Yolanda wusste, dass sie im Urlaub gerne ausschlief, und ließ sich morgens nie im Haus blicken. Zum Knarren der Tür gesellten sich nun auch noch Stimmen – fremde Stimmen.
    »Espero que no te haya prometido demasiado«, klang es sonor vom Flur. Lisa setzte sich blitzartig auf. Was ging hier vor? Da hoffte jemand, nicht zu viel versprochen zu haben?
    »Es tan bonita, mi corazoncito«, ertönte eine weibliche Stimme.
    Wieso sagte die Frau, dass es hier so schön war? Etwa ein Makler mit Kundin? Hatte Felipe entgegen ihrer Absprache nun doch vor, den ersten Stock zu vermieten? Aber einen Makler nannte man doch nicht »Corazoncito«. Das »Schnuckelchen« mit Anhang gedachte Lisa sich vorzuknöpfen. Morgendliche Ruhestörung. Hausfriedensbruch. Hoffentlich würden ihr die Wörter auf Spanisch noch einfallen, sofern sie es mit der Zwangsjacke, deren Ausläufer sich mittlerweile zwischen ihren Beinen verheddert hatten, jemals bis zur Tür schaffte. Endlich vom letzten Lakenzipfel befreit, riss Lisa die Tür zum Flur auf und blaffte die beiden Eindringlinge, ein junges Paar, erst einmal ohne Vorwarnung ordentlich an.
    »¿Qué estás haciendo aquí?«
    Die beiden zuckten augenblicklich zusammen, erholten sich jedoch überraschend schnell.
    »Sie müssen Lisa sein«, erwiderte »Corazoncito« cool. »Es tut mir leid, dass wir Sie gestört haben.«
    Woher kannte dieser Schönling ihren Namen? Was ging hier vor? Was sie aber noch viel mehr beunruhigte, war der Umstand, dass der junge Mann ihrem Ex förmlich aus dem Gesicht geschnitten war. So hatte Felipe ausgesehen, als sie sich während des Karnevals in Las Palmas auf Gran Canaria vor mehr als dreißig Jahren kennengelernt hatten.
    »Entschuldigung. Wie unhöflich. Ich sollte mich vorstellen«, sagte der Klon ihres Ex höflich und reichte ihr mit einem charmanten Lächeln die Hand.
    »Andreas. Ich bin Felipes Sohn, und das ist meine Verlobte, Mercedes.«
    »Encantada«, säuselte die dunkelhaarige Schönheit, die höchstens Ende zwanzig war und Laufstegqualitäten hatte.
    Lisa brachte keinen Ton mehr heraus. Der Sohn des Leibhaftigen, ihre Vergangenheit, stand plötzlich in Fleisch und Blut vor ihr. Felipe II. war mindestens so gutaussehend wie sein Vater: markantes Kinn, dunkles Haar und ausdrucksstarke Augen. Ob er wohl ein Muttermal aus drei Sechsen hinter dem Ohr hatte, fragte sich Lisa unwillkürlich und ertappte sich dabei, einen verstohlenen Blick auf seine Schläfen zu werfen.
    »Ist alles in Ordnung? Es tut mir leid, dass wir hier einfach so reinplatzen.«
    War das nicht auch Felipes Masche gewesen? Gespielte Anteilnahme mit Hundeblick? Mein Gott! So wie dieser Mann einen ansah, konnte man glatt weiche Knie bekommen. Nur das nicht! Härte zeigen. Er war sein Sohn und bestimmt nicht weit genug vom Stamm gefallen.
    »Ich dachte, ich könnte hier meine Ferien allein verbringen. Wie jedes Jahr«, rang sich Lisa mit so viel Ruhe wie nur möglich ab.
    »Wir fallen Ihnen bestimmt nicht zur Last«, beteuerte er und blickte zu seiner Begleiterin, die Lisa unverbindlich, aber durchaus freundlich anlächelte.
    »Ihr Vater und ich haben eine klare Vereinbarung«, insistierte Lisa.
    »Vereinbarung?«
    Das sah Felipe ähnlich. Er hatte es doch tatsächlich fertiggebracht, seinem eigenen Sohn zu verschweigen, dass sie hier ein lebenslanges Wohnrecht hatte und das Haus während ihrer Anwesenheit von niemand sonst bewohnt werden durfte. Lisa merkte, wie ihre alte Wut auf Felipe in ihr hochstieg. Nur, was brachte das jetzt angesichts eines jungen hübschen Paars, das mit einem Rollkoffer vor ihr stand? In Andreas’ Gegenwart alte Geschichten aufzuwärmen, dazu hatte Lisa nicht die geringste Lust.
    »Ich
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