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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller
Autoren: Hundert Jahre Zaertlichkeit
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ließ sie endlich
erkennen, daß der Traum vorüber und sie wieder in der realen Welt war.
    Elisabeth
begann, aus Freude und Erleichterung leise zu schluchzen. Und vielleicht auch,
weil sie einen Mann vermißte, der nicht existierte. Als sie ihre Fassung teilweise
wiedergefunden hatte, öffnete sie die Tür ihres Zimmers, trat ein und drückte
den Schalter. Licht durchflutete den Raum, enthüllte das Himmelbett, den Kamin,
den Schminktisch, die Queen-Anne-Sessel.
    Plötzlich
war Elisabeth schrecklich müde. Sie schaltete die Lichter aus, taumelte zu dem
Bett und fiel bäuchlings darauf.
    Als sie
erwachte, fiel Sonnenschein in den Raum. Nach dem Frühstück wollte sie einen
langen Spaziergang machen, um ihren Kopf nach dem verrückten Traum der letzten
Nacht zu klären.
    Auf dem Weg
zum Bad kam sie an dem Schminktisch vorbei, und ihr Spiegelbild ließ sie mit
weit aufgerissenen Augen starren.
    Sie trug
das Anzugjackett eines Mannes.
    Ihre Knie
begannen zu zittern. Sie sackte auf die Bank vor dem Schminktisch, bedeckte das
Gesicht mit den Händen und äugte zwischen ihren Fingern auf ihr Abbild.
    »Es war
also doch kein Traum«, flüsterte sie. »Ich war wirklich da!«

Kapitel 3
    »Es wird wohl am Freitag vormittag
fertig sein«, sagte der Angestellte in dem einzigen Juwelierladen von Pine
River und ließ Tante Veritys zerrissene Halskette in eine kleine, braune Tüte
gleiten.
    Elisabeth
fühlte sich niedergeschlagen. Sie vermutete, daß der antike Anhänger gemäß
Tante Veritys Geschichten der Angelpunkt aller Vorgänge war, und sie wollte
ihn nicht aus den Augen lassen. »Danke.« Seufzend verließ sie den Laden.
    Nach ein
paar Einkäufen fuhr sie zurück, zog sich um und begann, das große Wohnzimmer zu
säubern. Sie war fertig, als es an der Tür klingelte.
    Ian stand
auf der Veranda, er sah schmuck aus in seinem dreiteiligen Anzug. Er
betrachtete Elisabeths Arbeitskleidung so herablassend, daß sie ihn am
liebsten geohrfeigt hätte.
    Und so
verrückt das auch sein mochte, aber er schien keine Substanz zu besitzen, so
als wäre er das Wesen aus der anderen Welt und nicht Jonathan.
    »Hallo,
Bethie!« grüßte er.
    Sie bat ihn
nicht herein. »Was willst du?« Ihr Exmann war gutaussehend, mit schimmernden
kastanienbraunen Haaren und dunkelblauen Augen, aber Elisabeth machte sich
seinetwegen keine Illusionen mehr.
    Er klopfte
auf den teuren Aktenkoffer, den er unter seinem Arm trug. »Es sind Papiere zu
unterschreiben. Keine große Sache.«
    Zögernd
ließ sie ihn eintreten und sah seinen Blick über die wertvolle antike
Einrichtung im Wohnraum schweifen.
    »Dein Vater
hat angerufen.« Er setzte sich in einen Ledersessel am Kamin. »Er macht sich
Sorgen um dich.«
    Elisabeth
blieb stehen. »Ich weiß. Ich habe mit ihm gesprochen.«
    Ian nahm
seufzend ein Blatt aus dem Aktenkoffer. »Ich mache mir Sorgen um deine
Erbschaft, Bethie ...« »Darauf möchte ich wetten«, warf sie ein.
    Er warf ihr
einen nachsichtig tadelnden Blick zu. »Ich habe nicht vor, dir etwas
wegzunehmen. Es geht nur um deine Fähigkeit, deinen Anteil an diesem Besitz zu
verwalten. Du hast hier eine Goldgrube.«
    »Und du
schlägst vor ...«
    »Daß du
erlaubst, daß mein Buchhalter eine Schätzung durchführt und dir einen Rat
erteilt, wie du ...«
    »Steck
deine Papiere ein, Ian! Rue und ich wollen nichts verkaufen. Außerdem hat Rues
Vater alles schon schätzen lassen.«
    Ians
markantes Gesicht rötete sich. Er war sichtlich verärgert. »Elisabeth, du
kannst doch nicht im Ernst dieses zugige alte Haus behalten wollen. Mit deinem
Anteil ...«
    Sie öffnete
die Haustür, und Ian folgte ihr unwillig. Keinen Moment glaubte sie, daß der
Mann an ihr Interesse dachte. Er wollte die Scheidungsvereinbarung ändern und
sich ein Stück von dem Kuchen abschneiden.
    »Leb wohl«,
sagte sie.
    »Ich
heirate am nächsten Samstag«, erklärte er geradezu selbstgefällig, während er
hinausging.
    »Gratuliere«,
sagte Elisabeth. »Du wirst verstehen, daß ich keine silberne Schale schicke.«
Damit schloß sie die Tür und lehnte sich mit verschränkten Armen dagegen.
    Die Kehle
schnürte sich ihr zu, als sie sich an ihre Hochzeit in diesem wunderbaren alten
Haus erinnerte. Vor fast einem Jahrzehnt. Blumen, altmodische Kleider und
Orgelmusik. Irgendwie war es ihr entgangen, daß Ian mit seinen Jet-set-Werten
nicht in dieses Bild paßte.
    Rückblickend
erkannte sie, daß Ian – genau wie ihr Vater – emotional nie erreichbar war. Und
sie hatte seine kühle
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