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Lily und der Major

Lily und der Major

Titel: Lily und der Major
Autoren: Linda Lael Miller
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Lippen, als sie die andere
Straßenseite erreichte und auf den hölzernen Bürgersteig trat. Das > Land
Office < , das Büro, in dem die Grundstückseintragungen vorgenommen wurden,
hatte geöffnet.
    Der Angestellte, ein junger Mann mit
Brille und pockennarbigem Gesicht, stand hinter der Theke. Er tippte kurz an
den Schirm seiner Mütze, als Lily hereinkam, dann betrachtete er sie von Kopf
bis Fuß: ihr blondes Haar, das im Nacken zu einem Knoten geschlungen war, ihre
großen braunen Augen, ihre schlanke Figur.
    »Guten Morgen«, sagte er, wie Lily
schien, mit ungewohnter Begeisterung.
    Doch sie ignorierte seine Reaktion.
Sie mochte es nicht, wenn man sie auf diese Weise taxierte, auch wenn sie sich
schon seit vielen Jahren daran gewöhnt hatte. Außerdem konnte nichts diesem
wunderbaren Tag seinen Glanz nehmen – nicht einmal die Tatsache, daß sie schon
in einer halben Stunde wieder ihren Dienst im Harrison Hotel aufnehmen und dort
einem Haufen ungehobelter und lärmender Soldaten die nächste Mahlzeit servieren
mußte.
    »Ich würde gern meinen Anspruch auf
ein Stück Land eintragen lassen«, sagte Lily stolz. Sie nahm eine
zusammengefaltete Karte aus ihrem Beutel und hielt sie dem Angestellten hin.
    Der junge Mann warf schnell einen
Blick über Lilys Schulter, dann richtete er seinen Blick wieder auf sie. »Hat
Ihr Mann Sie denn nicht begleitet?« wollte er wissen. Seine Begeisterung war merklich
zusammengeschrumpft, hatte Enttäuschung Platz gemacht.
    Lily seufzte, dann straffte sie die
Schultern. »Ich habe keinen Ehemann«, antwortete sie.
    Seine Augen hinter den
Brillengläsern wurden ganz groß. »Sie haben keinen Ehemann?« wiederholte er. »Aber
dann können Sie nicht ... das geht nicht ...«
    Lily war auf seinen Einwand
vorbereitet gewesen, auch wenn er ihn wahrlich nicht sehr zusammenhängend
vorgebracht hatte. »Dem Gesetz nach kann jede gesunde und großjährige
Einzelperson die Hälfte eines ausgewiesenen Grundstücks in Anspruch nehmen«, erwiderte sie und
hoffte dabei, daß er darauf verzichten würde, den Nachweis dafür zu verlangen,
daß sie schon großjährig war – denn sie war noch nicht ganz neunzehn. »Man muß
lediglich innerhalb von fünf Jahren nachweisen, daß man fähig ist,
dreihundertzwanzig Acres zu bewirtschaften; das heißt, man muß ein Haus bauen
und Landwirtschaft betreiben.«
    Der junge Angestellte trommelte
nervös mit den Fingern auf das Holz der Theke. Man sah ihm deutlich an, wie durcheinander
er war. Er wollte etwas sagen, brachte aber kein vernünftiges Wort heraus.
    Lily tätschelte ihm beruhigend die
Hand. »Na, na«, meinte sie. »Nur keine Panik. Sie sagen mir jetzt, wie Sie
heißen, und dann werden wir die Sache in aller Ruhe regeln.«
    »Monroe«, meinte er. »Ich heiße
Monroe Samuels.«
    Lily nickte erfreut und reichte ihm
die Hand. »Und ich bin Lily Chalmers«, sagte sie. »So, und wenn wir uns jetzt
aufs Geschäft konzentrieren könnten! Ich habe nämlich gleich noch einen
Termin.«
    Monroe nahm die Karte, die Lily auf
die Theke gelegt hatte, und faltete sie auseinander. Sein Adamsapfel hüpfte auf
und nieder, als er die grobe Zeichnung der Parzelle betrachtete, für die Lily
sich entschieden hatte. Dann ging er zum Schrank, nahm ein riesiges Buch heraus
und schlug eine Seite auf.
    Lily stellte sich auf die
Zehenspitzen und versuchte, die Worte zu entziffern, aber sie war zu weit
entfernt, um etwas lesen zu können.
    »Für die Eintragung wird eine Gebühr
von fünf Dollar erhoben«, sagte Monroe, nachdem er sich umständlich geräuspert
hatte. Anscheinend erwartete er, daß Lily es sich nun doch anders überlegte.
    Doch sie öffnete ihre Tasche und
nahm eine Fünfdollarnote heraus. »Hier ist das Geld«, sagte sie schlicht.
    Monroe kam und nahm sich noch einmal
die Karte, um sie mit den Aufzeichnungen in seinem Buch zu vergleichen. »Wissen
Sie, die Parzelle könnte ja schon vergeben sein.«
    Lily hielt den Atem an. Ihr
Grundstück durfte nicht vergeben sein – nicht ihr Land! Von Anfang an
hatte sie gewußt, daß der liebe Gott dieses Stück Land für sie bestimmt hatte,
nur für sie allein. Sie schloß die Augen und stellte sich den in der Sonne
glitzernden, silbernen Bach vor, das saftige grüne Gras, das fruchtbare
Schwemmland, wo sie ihr Getreide anbauen würde. Fast glaubte sie, den Duft der
Kiefern und Tannen zu riechen, die ihr Land nach Süden hin begrenzten.
    Monroe räusperte sich noch einmal,
schaute auf die Geldnote, als ob er sich vergewissern
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