Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lilith Parker: Insel Der Schatten

Lilith Parker: Insel Der Schatten

Titel: Lilith Parker: Insel Der Schatten
Autoren: Janine Wilk
Vom Netzwerk:
Bonesdale, dem Dorf, in dem immer Halloween ist!«

    Lilith starrte ihn ungläubig an. »Sie feiern jeden Tag Halloween?«
    »Einige der Einwohner leben zwar vom Fischfang, doch das ist leider nicht sehr einträglich«, erklärte Eleanor. »Ansonsten hat Bonesdale nur einen sehr alten, weitläufigen Friedhof und einige der ältesten Portalgräber Großbritanniens zu bieten. Sehr interessant, musst du dir unbedingt einmal ansehen! Um Touristen anzulocken, hat sich der Ort in ein Gruseldorf verwandelt.«
    Nun wurde Lilith so einiges klar. Matts ominöse Andeutung auf der Fähre und der seltsame Auftritt der chinesischen Touristengruppe ergaben nun endlich einen Sinn.
    Wie konnte ihr Vater nur vergessen, ihr so etwas Wichtiges mitzuteilen?
    Nun gut, wenn sie ehrlich war, hatte sie auf seine Mitteilung, zu Tante Mildred ziehen zu müssen, nicht gerade positiv reagiert. Wahrscheinlich hatte ihr Vater befürchtet, dass Lilith sich weigern würde, ihre Koffer zu packen, wenn er ihr auch noch von Bonesdales Gruselatmosphäre erzählte.
    Ein Motorengeräusch, das Lilith bisher nur unbewusst wahrgenommen hatte, verebbte, und schon wenige Atemzüge später verflüchtigte sich der dichte Nebel, verschwand allerdings nicht vollständig.

    Mit jedem Fetzen Nebel, der sich verzog, gab er ein kleines Stück von Bonesdale preis, als ob sich das Dorf nur widerwillig den drei Fremden präsentieren wollte. Lilith sah uralte Fachwerkhäuser mit windschiefen Dächern, die sich wie zu alt gewordene Menschen tief über die Straße beugten und düstere Schatten auf das grobe Kopfsteinpflaster warfen. Einige der Häuser besaßen Erker und geschnitzte Holzfiguren, die den Menschen ihre bösartigen Fratzen und spitzen Klauen entgegenstreckten.
    »Wie malerisch!«, entfuhr es Lilith in bitterer Ironie. Widerwillig folgte sie Matt und Eleanor den Steg hinab. Was für ein unheimlicher und unwirklicher Ort! Und hier sollte sie ihr neues Zuhause finden? Lilith konnte sich nicht vorstellen, dass man sich auf diesem Fleckchen Erde heimisch und aufgehoben fühlen konnte.
    Sie war so in ihre düsteren Gedanken versunken, dass sie nicht bemerkte, wie sich die Rollen ihres Koffers in den Spalten des Stegs verhakten. Ihre Füße verloren durch den unerwarteten Widerstand auf dem feuchten Untergrund den Halt. Sie rutschte aus, und ehe sie es verhindern konnte, flogen ihre Beine in einem weiten Bogen nach oben. Unsanft fiel sie auf den Steg, der daraufhin bedenklich schwankte und ächzte. Ein blitzartiger Schmerz durchfuhr ihren Körper und sie musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht laut aufzuschreien. Nach der ersten Schrecksekunde tastete sie vorsichtig ihre Beine und ihr Hinterteil ab. Lilith atmete erleichtert auf. Sie schien noch einmal glimpflich davongekommen zu sein. Einen Moment lang war sie versucht, der alten Dame aus dem Zugabteil mit ihrer unheilschwangeren Prophezeiung recht zu geben: War man auf dieser Reise nicht auf seltsame Weise vom Unglück verfolgt?

    Lilith rappelte sich auf. Hoffentlich hatte Matt nichts von ihrer peinlichen artistischen Einlage mitbekommen! Doch ihre Sorge war unbegründet. Als sie aufsah, musste sie erkennen, dass Matt und seine Mutter schon weitergegangen waren.
    Lilith wischte sich über ihre Jeans, die von der Nässe des Stegs feucht geworden war. Sie seufzte. Das wurde ja immer besser! Ihre Tante würde gleich einer Nichte mit vom Sturm zerzausten Haaren, einem rot befleckten T-Shirt und nassem Hosenboden gegenüberstehen. Sie konnte nur hoffen, dass Mildred nicht einer der Menschen war, die ihre Meinung über eine Person allein vom ersten Eindruck abhängig machten. Um einen weiteren Sturz zu vermeiden, ging Lilith vorsichtig weiter und war erleichtert, als sie das Ende des Stegs unbeschadet erreichte.
    Gerade entdeckte sie Eleanor und Matt, die bei den beiden Einheimischen angekommen waren, als …
    Hatte sie sich das nur eingebildet?
    In dem Moment, als Liliths Füße den Boden von St. Nephelius berührt hatten, spürte sie ein Vibrieren, das durch ihren ganzen Körper ging und immer stärker wurde. Dann …
    Bumm – Bumm!

    Lilith sprang vor Schreck fast in die Höhe. Sie hatte eine Art Beben wahrgenommen, ein Pulsieren der Erde direkt unter ihren Füßen. Nur kurz und flüchtig, aber zu intensiv, als dass sie es hätte leugnen können. Wie ein Herzschlag der Insel, schoss es ihr durch den Kopf, auch wenn sie wusste, wie absurd das klang – doch genau so hatte es sich angefühlt. Lilith sah zu den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher