Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liliane Susewind – Schimpansen macht man nicht zum Affen (German Edition)

Liliane Susewind – Schimpansen macht man nicht zum Affen (German Edition)

Titel: Liliane Susewind – Schimpansen macht man nicht zum Affen (German Edition)
Autoren: Tanya Stewner
Vom Netzwerk:
dem nächsten ein Löwe, auf dem übernächsten ein Elefant … Lilli drehte sich beinahe der Magen um.
    »Anscheinend sind Jagen und Wildern weitere Hobbys von Obscura«, murmelte Jesahja in wütendem Ton.
    Lilli konnte nichts antworten. Sie hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Auch die Tiere schienen zu spüren, dass an diesem Haus etwas seltsam war. King Olli schlich geduckt voran, als erwarte er jederzeit einen Angriff, und Captain Caruso drehte sich hektisch hierhin und dorthin, als fühle er sich verfolgt. Frau von Schmidt beschwerte sich derweil über das »grässliche Ambiente«, während Bonsais kleine Schritte immer langsamer wurden und er schließlich leise wuffte: »Lilli, können wir jetzt wieder nach Hause gehen?«
    Lilli entgegnete: »Nein, hier in diesem Haus gibt es ein paar Tiere, denen wir dringend helfen müssen.«
    Bonsai schien diese Antwort ganz und gar nicht zu gefallen, aber dann bellte er plötzlich: »Ich rieche was! Hier ist irgendwo ein Zoo. Also … es riecht nach Zoo.«
    Lilli überlegte. Bonsai hatte vor zwei Tagen etwas Ähnliches gesagt. »Kannst du uns zu dem Geruch hinführen?«
    »Könnte ich schon …«, antwortete Bonsai und warf Lilli einen unglücklichen Blick zu, aber dann setzte er sich in Bewegung. Lilli und die anderen folgten ihm auf Zehenspitzen.
    Der kleine Hund trippelte einen langen Flur entlang, die Nase dicht am Boden. Es war gespenstisch still. Die leisen Geräusche, die ihre Turnschuhe und die Pfoten der Tiere auf dem Steinboden machten, schienen durch das ganze Haus zu hallen. Vor einer großen Tür blieb Bonsai schließlich stehen. »Dahinter ist der Zoo«, vermeldete er.
    Lilli übersetzte für die anderen, was er gesagt hatte. Jesahja zögerte nicht lange und öffnete die Tür. Dahinter lag eine lange, dunkle Kellertreppe, die in die Tiefe führte.
    »Es riecht nach Angst«, murmelte Captain Caruso und machte ein paar Schritte rückwärts. King Olli schien dasselbe wahrzunehmen und wich zurück.
    Lilli wäre ebenfalls am liebsten wieder umgekehrt. Doch dann dachte sie an Armstrong. Sie sah sein kleines Gesicht mit den traurigen Augen vor sich, und das gab ihr die Kraft, nicht wegzulaufen. Mit zitternden Fingern suchte sie hinter der Tür nach einem Lichtschalter und stöhnte erleichtert, als sie einen fand. Sobald sie das Licht eingeschaltet hatte, wirkte die Treppe nur noch halb so unheimlich.
    Jesahja ging voran, und Lilli folgte ihm mit weichen Knien. Bonsai, Frau von Schmidt und King Olli kamen zögerlich und mit furchtsamen Gesichtern nach. Captain Caruso drängte sich jedoch an Lilli vorbei, lief voraus und verschwand am unteren Treppenabsatz. Gleich darauf hörte Lilli den kleinen Otter fauchen: »Buaahhh! Ich bin ein riesiger Bär!« Offenbar war Caruso auf ein anderes Tier gestoßen! Sie hetzten nach unten und stolperten am Treppenabsatz über ein dickes Stromkabel, das zu einem Terrarium führte. Der Otter stand mit gefletschten Zähnen vor dem Terrarium und keifte aufgebracht: »Du hast schreckliche Angst vor mir! Huuu!«
    Ihm gegenüber stand ein Krokodil.
    Erst nach einer furchtbaren Schrecksekunde wurde Lilli klar, dass das Krokodil den Otter durch die Glasscheibe des Terrariums nicht angreifen konnte. Als sie die Situation erfasste, war ihre Angst um Caruso verflogen und machte einer tiefen Sorge um das Krokodil Platz. Das Tier hatte in seinem Terrarium kaum den Raum, sich umzudrehen. Es war regelrecht zwischen den Glaswänden eingekeilt. Zudem sah es schwach und kränklich aus und reagierte weder auf den Otter noch auf Lilli. Lilli legte die Hand gegen die Scheibe, aber im Augenblick konnte sie nichts für das Krokodil tun.
    Sie schaute sich ängstlich im Keller um, und was sie sah, war schlimmer, als sie erwartet hatte. Sie befanden sich auf einem langen Gang, der von unzähligen kleinen Käfigen und Terrarien gesäumt wurde. Es roch erbärmlich, nach Dreck und abgestandener Luft und … Angst. Lilli schlug sich die Hand vor den Mund. Hier lebten zahllose Tiere unter furchtbarsten Bedingungen! Sie erkannte in den Käfigen neben dem Krokodil giftige Schlangen und Spinnen, die allesamt viel zu wenig Platz hatten. Einige Schlangen waren wach und schauten Lilli mit großen Augen an, als wollten sie fragen, wann ihre Qual endlich ein Ende habe.
    »Wir holen euch hier raus …«, murmelte Lilli, obwohl sie schlechte Erfahrungen mit Schlangen gemacht hatte und sogar ein wenig Angst vor ihnen verspürte. Aber auch Schlangen waren Tiere, und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher