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Lieblingsmomente: Roman

Lieblingsmomente: Roman

Titel: Lieblingsmomente: Roman
Autoren: Adriana Popescu
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fragen.«
    »Ja. Mach das.«
    Ich nehme einen Schluck Wein. Einen großen Schluck. Überraschenderweise bin ich erleichtert, dass ich es jemandem erzählt habe, dass ich es ausgesprochen habe und es somit kein Geheimnis mehr ist. Ich bin froh, dass es jetzt wirklich vorbei ist.
    Ich verabschiede mich von Beccie am Wilhelmsplatz und gönne mir danach noch einen Spaziergang durch die schöne Stuttgarter Innenstadt bis hinunter zum Marktplatz. Hier, wo sich im Winter der Weihnachtsmarkt breitmacht und unzählige Menschen an den verschiedenen Ständen Weihnachtsschmuck bestaunen, ist es jetzt im Sommer angenehm ruhig. Einige Pärchen schlendern Hand in Hand an mir vorbei, genießen wie ich den sonnigen Tag. Ich komme an der Stiftskirche vorbei und verweile kurz auf dem Schillerplatz vor dem Denkmal des weltberühmten schwäbischen Dichters. Dann ist es nur noch ein kleines Stück Fußweg zum Schlossplatz, und spätestens jetzt weiß ich, dass ich wegen der Sache mit Tristan überreagiert habe. Es war nichts, aber es hat sich trotzdem irgendwie schwer angefühlt, fast so als würde ich Oliver hintergehen. Dabei habe ich gar nichts gemacht. Es war nichts anderes als eine E-Mail von einem netten Menschen, der sich bedanken wollte, mehr oder weniger. Ich werde ihm eine kurze Mail zurückschreiben, vielleicht das vierte Foto anhängen und erwähnen, dass sich meine Freundin gerne bei ihm melden würde. Damit hat sich die Geschichte dann erledigt, und ich kann mich wieder auf das konzentrieren, was ich gerne mache: leben.
    Betreff: Re: Erste Hilfe & Dankeschön
    Hi Tristan,
    du musst dich nicht bedanken. Ich hoffe, deinem Auge geht es besser. Im Anhang sende ich dir übrigens ein schönes Foto, auf dem du noch unversehrt bist. Vielleicht findet es Verwendung. Das mit dem Getränk musst du echt nicht machen. Es war eine Selbstverständlichkeit.
    Übrigens, meine Freundin Beccie lässt fragen, was du am Freitag machst und ob ich deine E-Mail-Adresse an sie weitergeben kann. Du hast mächtig Eindruck gemacht.
    LG
    Layla
    Das Foto muss ich allerdings erst suchen, denn bei Olivers kritischer Prüfung ist es durchgefallen. Er fand es öde und nicht aussagekräftig genug. Ein tanzender Kerl, nicht gerade etwas Besonderes. Dabei war ich mir gerade bei dem Foto so sicher, es wäre ein echter Volltreffer. Alle Fotos von Tristan sind gut – aber das vierte, das ist fast perfekt. Mir hat an dem Foto alles gefallen. Vielleicht war ich einfach nicht mehr objektiv genug? Vielleicht musste man dort gewesen sein, um den Moment darin wiederzuerkennen? Ich finde es und muss es noch mal betrachten. Während ich bei allen anderen einige Korrekturen vornehmen musste, ist es unberührt schon perfekt genug. Ich verschicke die E-Mail mit dem Bildanhang. Damit ist das Kapitel nun wirklich abgeschlossen.
    Danach sende ich Oliver eine SMS und frage, ob ich heute Abend mit ihm rechnen könne. Ich würde gerne etwas kochen. Es ist schon länger her, dass wir einen schönen Abend zusammen verbracht haben. Er arbeitet als Vermögensberater und ist viel unterwegs. Entweder er betreut Kunden oder ist auf Fortbildungen in ganz Deutschland. Jeden Monat bekommt er eine weitere Auszeichnung. Da an den Wänden seines Büros schon kein Platz mehr ist, hängen wir die Dinger inzwischen sogar bei uns zu Hause auf. Ich bin stolz auf ihn, weil er so hart arbeitet und so gut darin ist, was er tut. Er hat auch etwas von unserem Geld sehr geschickt angelegt – ein typischer Schwabe halt. In letzter Zeit spricht er immer häufiger von einem Haus und unseren Zukunftsperspektiven. Einige Male haben wir auch über das Heiraten gesprochen, haben es damit aber nicht eilig. Gut, ich habe es damit nicht eilig. Was Kinder angeht, hat er es nicht eilig. So haben wir uns zunächst einmal für die gemeinsame Wohnung entschieden. Zur Miete. Alles andere wird von ganz alleine kommen. Heute ist er in Frankfurt und musste deswegen schon früh los, aber ich hoffe, er kommt nicht erst wieder mitten in der Nacht nach Hause.
    Bis er mir antworten kann, bestelle ich einen Fahrradkurier für meine Foto-CD, die ich brenne, beklebe und mit einem Begleitbrief versehe. Die Bilder sind noch im Low-Quality-Format, reichen aber für den Veranstalter als Vorschau aus. Er pickt sich dann diejenigen heraus, die er in hoher Qualität haben will – für einen vorher ausgehandelten, fairen Preis. So läuft das bei uns immer. Ich könnte die Bilder auch per E-Mail schicken, aber bei der Größe wären
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