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Liebling, vergiss die Socken nicht

Liebling, vergiss die Socken nicht

Titel: Liebling, vergiss die Socken nicht
Autoren: Maeve Haran
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Bernie Long war rüde, unfreundlich und herablassend. Einmal hatte sie mitbekommen, welchen Spitznamen er ihr verpasst hatte: Mrs. Boyd, die spießige Doppelhaushälfte.
    »Vielleicht nächste Woche«, hörte sie sich selbst sagen und versuchte, Jess‘ Blick auszuweichen.
    Als Ally Matt und den Kindern vom Garten aus nachwinkte, wurde ihr bewusst, dass sie ungeschminkt und noch in Hausschuhen, wie sie war, mustergültig dem Klischee über das langweilige Hausfrauendasein entsprach. Ihre Mutter hatte immer gesagt, es sei nachlässig, nach halb neun noch einen Morgenrock zu tragen.
    Ally sah auf ihre Uhr. Viertel vor neun.
    Matt kurbelte sein Fenster herunter und warf ihr einen Kuss zu. »Komm doch. Du wirst dich amüsieren.«
    Sie sah dem Auto nach, bis es verschwunden war. Es war ein herrlicher Morgen. Der Himmel zeigte bereits ein strahlendes, optimistisches Blau, und nur ganz hoch oben schwebten ein paar flaumige Wölkchen. Immer wieder staunte sie, wenn sie daran dachte, dass zwischen ihrem Dorf in Surrey und London nur vierzig Kilometer lagen, es hier aber so grün und ruhig war, als lebte man mitten auf dem Land. Doch anders als in richtig ländlicher Umgebung waren hier alle Nachbarn reich und versteckten sich hinter hohen Hecken. Es war keine Gegend, wo man sich über den Gartenzaun beugen und eine Tasse Zucker hätte borgen können. Die Leute hier hatten Filipinos angestellt, die dafür sorgten, dass ihnen der Zucker nicht ausging.
    Mit einem Mal zog Ally den Morgenrock enger um sich zusammen. Zum Teufel mit ihrer Mutter und den versnobten Fernsehleuten. Sie drehte sich um und ging auf das Haus zu. Während ihr die warme Sonne den Rücken wärmte, fasste sie einen Entschluss. Matts Aufforderung war eine Geste gewesen, die sie törichterweise zurückgewiesen hatte. Sie würde heute Abend zu Century gehen und ihm eine Überraschung bereiten.
    »Hier ist es gut, Dad.« Matt musste darüber lachen, wie sehr Janey daran lag, dass er sie außer Sichtweite der Schule absetzte. Janey hasste es, wenn jemand sie darauf ansprach, wer ihr Vater war. Als man ihn einmal gebeten hatte, einen Preisverleihung in der Schule zu moderieren, hatte sie eine Grippe vorgetäuscht.
    Matt drehte sich um und gab ihr einen Kuss, während sie bereits die Tür öffnete und schnell aussteigen wollte, bevor jemand sie sah. Er bekam einen Schreck, als er die hochgewachsene, fast frauliche Gestalt betrachtete, die sich elegant aus dem Wagen schlängelte. Sie war nicht mehr sein kleines Mädchen. Und doch schien es wie gestern, dass er vor dem Kreißsaal nervös eine Zigarette nach der anderen geraucht und sich geschworen hatte, das Rauchen für immer aufzugeben, wenn nur alles gut ging. Und es war alles gut gegangen. Er konnte sich noch genau an den Augenblick erinnern, an dem die Hebamme ihm eine niedliche, plärrende Janey in die ausgestreckten Arme gelegt hatte. Am liebsten hätte er einen Freudentanz aufgeführt, hatte aber zu große Angst, dabei das kleine, zerbrechliche Wesen fallen zu lassen, das so dick verpackt war, dass man nur ein Eckchen des winzigen Gesichts sah.
    Zu Allys großem Vergnügen hatte Matt Janey, sobald sie alt genug war, als Kumpel behandelt, als Wildfang, der seine Begeisterung für Schach und Fußball teilte. Bei den Boyds lachte man noch heute darüber, dass Janey, seit sie zehn Jahre alt war, jeden Spieler mit Namen kannte, der seit 1951 ins Pokalendspiel gekommen war.
    Matt verehrte die Frauen, und Mädchen hatte er im Grunde schon immer den sich raufenden und prügelnden Jungen vorgezogen. Und er sorgte dafür, dass sich seine Töchter genauso stark fühlten wie Jungen. Das Motto, nach dem er sie erzog, hieß: »Mädchen können alles!«
    Er drückte auf den Knopf, um das Fenster herunterzulassen und lehnte sich hinaus. »Bye, meine Schöne!« rief er, was Janey furchtbar peinlich war. »Und vergiss nicht: Mädchen können...«
    »Alles!« murmelte Janey und marschierte los. Warum wiederholte Dad das ständig? Natürlich konnten Mädchen alles. Wer hatte je etwas anderes behauptet?
    Matt wandte sich zu Jess, die neben ihm saß. »Steigst du nicht hier aus?«
    Jess schüttelte den Kopf. Im Gegensatz zu Janey genoss sie den Prominentenstatus ihres Vaters.
    »Ist schon recht, Dad. Mich kannst du am Vordereingang absetzen.«
    Vor den Toren der Hill Hall-Schule standen in drei Reihen Volvo-Kombis und Range Rovers. Die meisten der Eltern, die ihre Kinder herbrachten, waren es gewohnt, in mächtigen und
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