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Liebling, vergiss die Socken nicht

Liebling, vergiss die Socken nicht

Titel: Liebling, vergiss die Socken nicht
Autoren: Maeve Haran
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Gurkensandwiches zu machen und Janeys geliebte Schokoladentörtchen zu backen. Sie hatte über sich selbst gelacht, als sie eine frische weiße Tischdecke, Teetassen und Untertassen zusammenpackte. Perfekt organisierte Picknicks gehörten zu Allys Leidenschaften. Sie fiel regelmäßig auf Zeitschriftenartikel herein, in denen beschrieben wurde, wie man am Fuß eines Wasserfalls eine Lachsmousse für vier Personen hervorzaubert. Nicht einmal das sichere Wissen, dass die Speisen lackiert waren, damit sie fotogener wurden, konnte ihre Phantasie erschüttern.
    Ally drückte auf den Knopf, um das Verdeck herunterzulassen, und stellte sich die Gesichter ihrer Töchter vor, wenn sie sie hier entdeckten. Seit Jahren hatten sie kein richtiges Picknick mehr gemacht. Als die ersten Mädchen in ihren braun-weiß karierten Sommerkleidern aus der Hill-Hall-Schule kamen, wurde Ally plötzlich unsicher. Was, wenn sie keine Lust hatten?
    Ally wusste, dass Unsicherheit ihr ganz persönliches Problem war. Sie hatte nie richtig gelernt, Janey und Jess loszulassen. Es gab zwar eine Menge Bücher darüber, wie man kleine Kinder versorgte, aber keines, das erklärte, wie man sich später von großen wieder löste. Dass Kinder sich auf Risiken einlassen, ausbrechen und einen vergessen mussten, war ihr bekannt. Aber niemand sagte einem, wie schmerzhaft dieser Prozess war und welche Lücke er hinterließ. Einen Augenblick lang beneidete sie Matt um seinen Beruf, in dem er völlig aufging. An ihren eigenen konnte sie sich kaum noch erinnern. Witzig, sich vorzustellen, dass sie auch einmal Fernsehmoderatorin gewesen war, allerdings in kleinerem Rahmen, als Nachrichtensprecherin für MidWest TV. Und sie war gut gewesen.
    Doch dann waren die Kinder gekommen, und sie hatte den Job aufgegeben. Als Jess zwei war, hatte man ihr angeboten, wieder einzusteigen. Es hätte sie auch durchaus gereizt, aber dann war Matts große Chance gekommen, und sie waren in den Süden gezogen. Und später wurde er einfach zu berühmt und erfolgreich, als dass es sich für sie gelohnt hätte, zu arbeiten. Und sie hatte es nicht bereut. Es machte ihr Freude, die Kinder aufzuziehen und für sie da zu sein, ein sicherer Fels inmitten ihrer Familie.
    Doch heute regte sich erstmals eine leise Angst in Ally. Matt war in letzter Zeit seltsam distanziert gewesen, abgesehen von der einen Nacht, in der er mit ihr schlafen wollte. Irgendwo tief in ihrem Inneren wusste sie, dass er ihr entglitt. Und bald würden auch die Kinder aus dem Haus sein.
    »Hallo, Mum!« Jess‘ laute Begrüßung schnitt ihre Überlegungen ab, und sie sah mit einem Lächeln auf. »Was machst du denn hier?«
    »Ich habe ein Picknick vorbereitet.« Ally deutete auf den Korb, der neben ihr auf dem Sitz stand. »Ich dachte, wir könnten uns eine schöne Stelle suchen und dann dort essen.«
    »Aber ich habe dir doch heute morgen gesagt, dass ich zu Alice rübergehe und mir ihre neue Platte von Take That anhöre.« Jess schüttelte ihren Rucksack ab und stellte ihn auf den Rücksitz. In ihrer Stimme lag ein Hauch von Ungeduld, aber dann glitt ein Anflug von Schuldbewusstsein über ihr Gesicht. »Oder soll ich ihr sagen, dass ich nicht kommen kann?«
    »Nein, natürlich nicht.« Ally fummelte am Außenspiegel herum, um ihre Enttäuschung zu verbergen. »Wo ist Janey?«
    »Heute ist doch Mittwoch. Theatergruppe. Sie kommt erst um sechs raus.«
    Ally lachte und streckte ihrer Tochter die Hand entgegen. »Das hab‘ ich ganz vergessen. Wie dumm von mir.«
    »Weißt du, was dein Problem ist, Mum?« Jess neigte sich mit der ganzen Weisheit ihrer fünfzehn Jahre zu ihr herab. »Du hast nicht genug zu tun.« Ohne den Schmerz in Allys Blick zu bemerken, winkte sie wie wild ihrer Freundin Alice zu. »Warum suchst du dir nicht auch einen Job wie alle anderen Mütter?«

2. Kapitel
    Ally sah erstaunt auf den Wecker. In nicht einmal einer Stunde mussten Janey und Jess in der Schule sein, und Matt war an der Reihe, sie hinzubringen. Sie sprang aus dem Bett und stolperte durch das stockfinstere Zimmer, um die Vorhänge aufzuziehen. Erst kürzlich hatten sie das Schlafzimmer von einem Raumausstatter renovieren lassen, und dabei hatte er Vorhänge angebracht, die so dick und undurchdringlich waren, dass kein Lichtstrahl hereinfand und sie ständig verschliefen. Außerdem, jammerte Matt, sei überall so viel Chintz, dass er das Gefühl habe, in einem Blumenbett zu liegen.
    Ally klopfte an Janeys Tür und stellte verärgert fest,
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