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Liebhaberstück Xenia (German Edition)

Liebhaberstück Xenia (German Edition)

Titel: Liebhaberstück Xenia (German Edition)
Autoren: Noreen Aidan
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weiter, vorbei an der Wandtafel „3. Stock – Chirurgie“ und zwei verdutzten Schwestern. Er öffnete eine Tür und stieß mich hinein. Ich stolperte mit Schwung bis zu dem ausladenden Schreibtisch, an dem ich mein Gleichgewicht und endlich auch meine Empörung wiederfand.
    Ich fuhr herum. „Ich bin eine freie Hebamme und dulde es nicht, dass Sie mich behandeln wie eine Ihrer Schwesternschülerinnen!“ Eigentlich konnte man nicht mal mit einer Schwesternschülerin so umgehen.
    Eigentlich mit gar niemandem!
    „Und ich dulde es nicht, dass meine Anweisungen ignoriert werden“, schoss er zurück und baute sich unmittelbar vor mir auf, sich sicher seiner einschüchternden Wirkung voll bewusst. „Hatte ich nicht gesagt, ich will Sie in zehn Minuten in meinem Büro sehen?“
    Viel zu wütend, um vor ihm Angst zu haben, reckte ich mein Kinn zu ihm hoch. „Sie haben mir gar nichts zu sagen! Meine Aufgabe ist es nicht, mit Ärzten sinnlose Konversation zu betreiben, sondern Mutter und Kind zu versorgen. Und das habe ich bis jetzt getan.“
    „Was soll das heißen, ich habe Ihnen nichts zu s agen?“
    „I ch habe nur meine Arbeit getan! Ein Einmischung Ihrerseits war weder notwendig noch hilfreich. Sie sind noch nicht mal Gynäkologe, oder? Wenn mich nicht alles täuscht, ist das hier die Chirurgie.“
    Er knirschte doch glatt mit den Zähnen. „Ja, ich bin Chirurg. Und solange die Kollegen von der Gyn nicht da sind, habe ich auch dort das Sagen. Aber darüber haben Sie nicht zu urteilen! Sie haben die Anordnungen des behandelnden Arztes missachtet. Deswegen hat der mich extra aus dem Schlaf geklingelt.“
    „Der behandelnde Arzt ist ein Grünschnabel, der frisch von der Uni kommt und von Geburten keine Ahnung hat. Davon aber reichlich! Doch anstatt mir zu helfen und zu lernen hat er meine Arbeit behindert und eine nervöse Erstgebärende mit seinem hektischen Geschwafel über einen Kaiserschnitt so in Panik versetzt, dass die Wehentätigkeit nachließ und wir bald tatsächlich einen Kaiserschnitt gebraucht hätten. Doch wie Sie gesehen haben, war ich im Recht, oder etwa nicht?“
    „Ja, Sie waren im Recht. Aber darum geht es hier nicht. Sie hätten mir die Entscheidung überlassen sollen, als ich schon mal da war! Denn ob es ein Kaiserschnitt ist oder nicht, hat keine Hebamme zu entscheiden, sondern immer der Arzt.“
    Ich schnaubte abfällig. „Die Entscheidung hat zum Glück das Kind getroffen, als es ungeachtet der ärztlichen Selbstgerechtigkeit von allein auf die Welt gekommen ist. Entgegen der Meinung Ihres jungen Herrn Kollegen.“
    Seine Augenbrauen zogen sich bedroh lich zusammen. „Keine Sorge! Den habe ich mir schon vorgeknöpft, als Sie sich ewig nicht blicken ließen. Aber ich kann es nicht erlauben, dass Sie als Hebamme die Autorität eines Arztes…“
    „Oh , natürlich können Sie das nicht“, unterbrach ich ihn. „Wo dieser ach so tolle Arzt ja so viel zu bieten hat! Ein ganzes Studium voller Theorie und ein paar ausgefüllte Multiple-Choice-Zettel, die ihm seine gottgleichen Fähigkeiten bescheinigen. Was habe ich da schon entgegenzuhalten? Fast fünfzehn Jahre Berufserfahrung mit über tausend Geburten, was ist das schon?“ Nun hatte er es endlich geschafft, mich völlig in Rage zu bringen.
    Sein Gesicht war nun ganz nah, als er bellte: „Das ist es nicht, was ich meine, verdammt! Es ist ihr Scheiß-Verhalten. Sie haben ihn vor der Patientin als Idioten bezeichnet!“
    „ Darum geht es hier also! Nicht um richtig oder falsch, sondern um ein zurechtgestutztes Arztego! Was ich getan habe, war nötig für das Wohl von Mutter und Kind. Ich habe sie beschützt vor einer sinnlosen Operation und würde es jederzeit wieder tun!“
    Sein Gesicht kam noch näher . Erstützte seine Hände rechts und links von mir auf den Schreibtisch. Um Abstand zu gewinnen, bog ich mich unwillkürlich zurück.
    „Als Mann schätze ich Temperament. Aber als vorgesetzter Arzt kann ich so was nicht durchgehen lassen. In Zukunft verlange ich, dass Sie sich in der Hinsicht etwas zusammenreißen!“
    „Es wird keine Zukunft geben“, stieß ich hervor, seltsam atemlos. „Ich vertrete hier nur eine Kollegin. Nur au snahmsweise. Und nur noch heute. Ansonsten arbeite ich nicht in Krankenhäusern, sondern mache nur Hausgeburten. Inzwischen weiß ich auch wieso. Sie werden sich sicher kein zweites Mal über mich ärgern müssen, weil wir uns bestimmt nie wiedersehen!“
    Das würde ich Rita schon klarmachen.
    „Das
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