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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga
Autoren: Heinz G. Konsalik
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über zweitausend Funker der Roten Armee, der Staatssicherheitspolizei KGB und Spezialisten der GRU an den Peilgeräten und warteten. Einmal mußte die Antwort kommen.
    In dieser Nacht saßen auch Alajew und Semjonow auf dem Speicher des Möbellagers in der Woronzowo Polje, hatten ein Dachfenster geöffnet und die dünne Antenne in den mondlosen Nachthimmel geschoben. Eine Woche lang hatten sie als brave Sowjetbürger gelebt. Semjonow stemmte Möbel in die Lastwagen und führte Käufer durch das Lager, Alajew bewies eine blühende Phantasie beim Anpreisen seiner Waren und verkaufte Seegrasfüllungen als echtes Roßhaar und Polstermöbel aus den fünfziger Jahren als ›neueste Modelle, wie sie in den Datschen der großen Genossen stehen‹. Zweimal besuchten sie sogar einen Vortrag der ›Aktivistenbrigade der Einzelhändler‹, und Semjonow, der das Wort ergriff, erzielte großen Beifall mit der Feststellung, daß vieles besser werden müsse.
    »Sie haben einen guten Assistenten bekommen, Stepan Iwanowitsch!« sagte danach der Vorsitzende des Komitees für volkswirtschaftliche Planung. »Woher kommt er?«
    »Von der Holzingenieurschule, Genosse. Er praktiziert bei mir und will dann in ein großes Holzkombinat.« Alajew stand der kalte Schweiß auf der Stirn. Dieser Semjonow, fluchte er innerlich. Kann er nicht die Schnauze halten? Was wird, wenn man ihn in den Vorstand wählt?
    An den Abenden saßen sie über Spezialkarten und besprachen immer wieder die Möglichkeiten, die Semjonow hatte.
    »Wir wissen, daß bei Norilsk Raketenabschußbasen sind und auch Lager mit Atomsprengköpfen.« Semjonow legte den Zeigefinger auf das unendlich scheinende Gebiet der sibirischen Tundra. »Aber hier, am Jenissej, bei Komssa, sollen Versuchsgelände sein, die neue Treibsätze ausprobieren. Dahin muß ich! Es gibt in der Nähe ein großes Holzkombinat. Kalinin II heißt es und liegt bei Kusmowka an der Steinigen Tunguska. Wie komme ich dahin, Alajew?«
    Stepan Iwanowitsch studierte noch einmal die Zugfahrpläne, die Fluglinien und die Schiffahrtswege. »Bis Krasnojarsk, wie gesagt, können Sie fliegen, Pawel Konstantinowitsch. Von da ab geht – aber nur im Sommer – ein Schiff jede Woche einmal nach Streka. In drei Wochen kann es dort schon wieder schneien, während wir hier in Moskau noch schwitzen.«
    »In drei Wochen will ich längst in Kusmowka sein.«
    Alajew wiegte den Kopf. Er glaubte es nicht. »Warten wir ab, was U II sagt«, meinte er. »Wenn es Winter wird, Brüderchen, gibt es dort nur Schlitten. Bei ganz großem Glück auch ein paar Lastwagen. Im allgemeinen ist der sicherste Weg mit einem Rentierschlitten.«
    Semjonow nickte und rollte die von den Mikrofilmen vergrößerten Spezialkarten wieder zusammen. »Das habe ich gelernt. In Alaska. Ich kann mit Rentieren umgehen.«
    »Was können Sie eigentlich nicht, Pawel Konstantinowitsch?« fragte Alajew fast ehrfurchtsvoll.
    »Abwarten!« Semjonow steckte sich eine Papyrossa an und blies den Rauch gegen die Decke. »Ich werde verrückt, wenn ich hier noch lange 'rumsitzen muß oder Kunden durch die Möbelausstellung führe, anstatt schon am Ziel zu sein!«
    Nach einem genauen Plan baute Alajew in dieser Nacht sein kleines Funkgerät auf. Es lag sonst versteckt zwischen den Dachsparren in einer Holzkiste, und niemand, der auf dem Speicher suchen würde, hätte bemerkt, daß dies ein Versteck war und nicht ein Teil der Dachkonstruktion.
    »Da ist er!« sagte Alajew und reichte Semjonow den Hörer. »Otto! Den Namen kenne ich nicht … aber es ist die richtige Frequenz.«
    »Otto ist Major Bradcock.« Semjonow setzte sich unter das kleine Funkgerät auf einen Gartenklappstuhl. Alajew lehnte sich gegen eine Dachverstrebung. »Ich hatte den Auftrag, Alajew, Ihnen bis zur heutigen Stunde nichts zu sagen. Ich sollte Sie beobachten.«
    »Man mißtraut mir, Brüderchen? Das ist bitter!« Alajews Gesicht verzog sich. »Habe ich nicht alles zur Zufriedenheit gemacht?«
    »Sie sind ein Goldstück, Alajew.« Semjonow nickte ihm zu. »Darum gebe ich Ihnen auch gleich den neuen Code. Sie heißen ab heute Gregor, Otto ist der frühere U II, ich bin Iwan. Als Dechiffriertext haben wir eine Romanseite von Hemingway, jeder dritte Buchstabe hat eine Nummer. Jede Woche ändert sich die Seite, und zwar in der Reihenfolge 17, 287, 6, 45, 28, 2, 155 und 91. Heute ist Seite 287.« Semjonow drückte auf die Taste Empfang. »Das Spiel kann beginnen«, sagte er fast heiter.
    In der Zentrale der
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