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Liebesmaerchen in New York

Liebesmaerchen in New York

Titel: Liebesmaerchen in New York
Autoren: Nora Roberts
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Staaten«, erzählte Red mit vollem Mund. »Ich habe Rhode Island bekommen. Das ist der kleinste Staat. Texas wäre mir viel lieber gewesen.«
    »Rhode Island.« Mitch lächelte. »Ist das so schlecht?«
    »Wer kümmert sich schon um Rhode Island? Wo es in Texas Alamo und so was alles gibt.«
    »Ich könnte dir vielleicht ein bisschen helfen. Ich bin nämlich dort geboren.«
    »In Rhode Island? Ehrlich?« Sogleich war der winzige Staat wesentlich interessanter geworden.
    »Richtig. Wie viel Zeit hast du?«
    »Sechs Wochen«, erklärte Red schulterzuckend und nahm sich noch ein Plätzchen. »Wir müssen Illustrationen dazu machen. Das ist ja ganz in Ordnung. Aber blöd finde ich, dass wir auch über Industrie, Naturschätze und so schreiben sollen. Wieso bist du da denn weggezogen?«
    Mitch setzte schon an, eine nichtssagende Antwort zu geben, erinnerte sich aber dann an Hesters Grundsatz der Ehrlichkeit. »Ich habe mich nicht gut mit meinen Eltern verstanden. Jetzt sind wir aber wieder ganz gute Freunde.«
    »Manchmal gehen Leute weg und kommen nicht wieder.«
    Der Junge hatte ganz sachlich gesprochen, und Mitch sagte im gleichen Ton: »Ich weiß.«
    »Früher hatte ich immer Angst, Mom könnte mal weggehen. Aber sie hat es nie getan.«
    »Sie liebt dich.« Mitch fuhr dem Jungen durchs Haar.
    »Wirst du sie heiraten?«
    Mitch hielt mitten in der Bewegung inne. »Tja, ich …« Was sollte er da sagen? »Ich habe schon einmal daran gedacht.« Mit einem Mal war er lächerlich nervös, deshalb stand er auf, um sich den Kaffee aufzuwärmen. »Ich habe sogar sehr oft darüber nachgedacht. Was würdest du davon halten?«
    »Würdest du dann immer bei uns wohnen?«
    »So sollte es eigentlich sein.« Er goss sich Kaffee ein und setzte sich wieder neben Red. »Würde dich das stören?«
    Radley sah ihn mit seinen dunklen Augen zweifelnd an. »Die Mutter von einem meiner Freunde hat wieder geheiratet. Kevin sagt, seitdem ist sein Stiefvater nicht mehr sein Freund.«
    »Meinst du, wenn ich deine Mom heirate, würde ich aufhören, dein Freund zu sein? Ich kann dir versprechen, dass ich mich nicht ändern werde, wenn ich dein Stiefvater würde.«
    »Ich will dich aber nicht als Stiefvater. Ich will überhaupt keinen Stiefvater.« Radleys Mund zitterte. »Ich will einen richtigen. Richtige Väter gehen nicht weg.«
    Mitch nahm Red und hob ihn zu sich auf den Schoß. »Du hast recht. Richtige Väter tun das nicht.« Wie gut der Junge das erkannt hat, dachte er und drückte Red fest an sich. »Weißt du, ich hab noch nicht viel Übung darin, Vater zu sein. Wirst du sauer auf mich sein, wenn ich schon mal was falsch mache?«
    Red schüttelte den Kopf und kuschelte sich noch fester an ihn. »Können wir es Mom erzählen?«
    Mitch brachte es fertig zu lachen. »Klar, gute Idee. Holen Sie Ihren Mantel, Sergeant, wir machen uns auf zu einer sehr bedeutenden Mission. Hoffentlich haben wir Erfolg.«
    Hester war bis über beide Ohren mit Zahlen beschäftigt. Aus irgendwelchen Gründen fiel es ihr seit einigen Tagen schwer, zwei und zwei zu addieren, und das schien nicht einmal wichtig zu sein. Nichts schien mehr wichtig zu sein. Und das, erkannte sie, war ein sicheres Zeichen dafür, dass sie völlig aus dem Gleichgewicht geraten war. Sie nahm eine Akte nach der anderen, kalkulierte, bewertete und schloss die Akte wieder, ohne etwas dabei zu fühlen.
    Seine Schuld, dachte sie. Mitch ist schuld daran, dass mir Tag für Tag die gleichen Gedanken durch den Kopf gehen und mir wahrscheinlich noch in den nächsten zwanzig Jahren durch den Kopf gehen werden. Er hat es fertiggebracht, dass ich mich selbst infrage stelle. Er hat es fertiggebracht, dass ich wieder Zorn und Schmerz über Dinge empfinde, die ich längst in mir vergraben hatte. Er weckt Wünsche in mir, die ich nie mehr wünschen wollte.
    Und was nun? Sie setzte die Ellbogen auf den Aktenstapel und starrte die Decke an. Sie liebte, das ließ sich nicht länger leugnen. Sie liebte inniger und tiefer, als sie es je getan hatte. Und der Mann, den sie liebte, war aufregend, liebenswert und verantwortungsbewusst, und er bot ihr einen neuen Anfang.
    Das ist es ja gerade, wovor ich Angst habe, gestand sich Hester ein. Das ist es, wovor ich zurückschrecke.
    Sie hatte sich gesagt, sie tue es wegen Radley, aber das entsprach nur zum Teil der Wahrheit. Sie fürchtete sich davor, sich an Mitch zu binden.
    Er hat recht gehabt, sagte sie sich. Er hat in so vielen Dingen recht gehabt. Ich bin schon
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