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Liebe unter kaltem Himmel

Liebe unter kaltem Himmel

Titel: Liebe unter kaltem Himmel
Autoren: Nancy Mitford
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im Schwange) – sich in irgendeiner Weise auch auf sie selbst beziehen könnte, aber bei Normas Dinner, als ich Lady Montdore zum ersten Mal seit seiner Krankheit wieder mit Cedric zusammen sah, hatte die Art, wie sie mit ihm umging, wirklich etwas Rührendes. Es war rührend, diese früher so Respekt einflößende, gewichtige, jetzt aber spindeldürre Gestalt in ihrem Klein-Mädchen-Kleid aus dunklem Tüll über rosa Taft, mit ihrem blassblau gelockten Mädchenkopf, mit dunkelblauen Bändern und einem Schwarm Diamantbienen im Haar zu beobachten, wie sie, auch während sie selbst sprach, auf alles lauschte, was Cedric sagte, wie sie sich mit einem raschen Seitenblick vergewisserte, dass er munter und zufrieden und überhaupt wirklich und leibhaftig zugegen war; es war rührend zu beobachten, wie widerstrebend sie nach dem Dinner das Esszimmer verließ, wie sie mit uns anderen im Salon saß und auf die Rückkehr der Männer wartete, schweigend oder irgendetwas vor sich hin redend, die Augen auf die Tür geheftet, wie ein Spaniel, der auf seinen Herrn wartet. Spät und auf seltsame Weise war bei ihr die Liebe erblüht, aber es konnte kein Zweifel sein, dass sie erblüht war und dass sich dieses alte Dornengewächs im Einklang mit den zarten Blüten und dem Frühlingsgrün, von denen es nun geziert wurde, sehr verändert hatte. Nur in einer einzigen Hinsicht verhielt sie sich während dieses Abends genauso wie in der Zeit vor Cedric. Ohne zu fragen, häufte sie Holz und Kohle auf das schmächtige Feuer, mit dem Norma der Tatsache Rechnung trug, dass der Winter Einzug gehalten hatte, sodass wir gegen Ende des Abends in einer milden Wärme saßen, die ich in diesem Zimmer noch nie erlebt hatte.
    Wie immer in Oxford blieben die Männer übermäßig lange bei ihrem Port sitzen, so lange, dass Lady Montdore immer ungeduldiger wurde und schließlich vorschlug, Norma solle sie herüberbitten. Die aber machte ein so entsetztes Gesicht, dass Lady Montdore nicht weiter in sie drang, sondern sich, ein Spanielauge auf die Tür geheftet, wieder ihrer selbst gewählten Aufgabe als Heizer widmete.
    »Ein gutes Feuer«, sagte sie, »bekommt man nur zustande, wenn man genug Kohle auflegt. Die Leute haben alle möglichen Theorien darüber, aber eigentlich ist es ganz einfach. Vielleicht könnten wir noch um einen Kasten Kohle bitten, Mrs Cozens? Sehr freundlich. Cedric darf sich auf gar keinen Fall erkälten.«
    »Furchtbar«, sagte ich, »dass er so krank war, wie?«
    »Sprich nicht davon. Ich dachte, ich würde es nicht überleben. Ja, also, wie gesagt; es ist dasselbe wie mit dem Kaffee, wissen Sie, die Leute haben jetzt diese Kaffeemaschinen und was weiß ich alles, und sie lassen sich von der Hopse in Kenia ganz bestimmte Bohnen besorgen, völlig zwecklos. Kaffee schmeckt gut, wenn er stark genug ist, und wenn nicht, dann schmeckt er scheußlich. Was wir da eben zu uns genommen haben, wäre ganz in Ordnung gewesen, wenn Ihre Köchin dreimal so viel genommen hätte, wissen Sie. Worüber mögen sie im Esszimmer bloß so lange reden? Für Politik interessieren sie sich doch alle nicht.«
    Schließlich ging die Tür doch noch auf, mit gelangweilter Miene kam Davey als Erster heraus und begab sich sofort an den Kamin. Cedric, der Professor und Alfred folgten, noch immer in ein anscheinend äußerst interessantes Gespräch vertieft.
    »Bloß eine schmale weiße Borte …«, hörte ich Cedric sagen, während sie den Gang entlangkamen.
    Später fiel es mir wieder ein, ich fragte Alfred, wie es zu dieser für Cedric sehr typischen, für die Gespräche in diesem Hause aber sehr untypischen Bemerkung gekommen war, und er antwortete, sie hätten ein faszinierendes Gespräch über Begräbnisriten im jemenitischen Bergland gehabt.
    »Ich fürchte«, sagte er, »du förderst bei Cedric Hampton gerade seine schlimmsten Seiten, Fanny. Eigentlich ist er ein höchst intelligenter junger Mann und interessiert sich für alle möglichen Dinge, obgleich ich nicht daran zweifle, dass er sich beim Zusammensein mit dir auf Bemerkungen beschränkt wie: ›Und hast du gesehen, was sie für ein Gesicht machte, als sie sah, wer alles da war?‹ – weil er weiß, dass dich Fragen von allgemeinem Interesse nicht reizen, sondern nur persönliche Dinge. Bei Leuten mit einem etwas weiteren Horizont kann er sehr ernsthaft sein, das muss ich sagen.«
    Es verhielt sich eben so, dass Cedric weiße Borten für jeden Geschmack bereithielt.
    »Nun, Fanny, wie gefällt es
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