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Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Titel: Liebe Isländer: Roman (German Edition)
Autoren: Huldar Breiðfjörð
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Jungen ihre Computer hochfahren, junge Mädchen Musik hören, und die Sonne wird am Himmel emporsteigen. Kleine Details werden den Tag ausfüllen.
     
    Lieber isländischer Stebbi.
    In Island verlangt es nach doppeltem Einsatz, ein Popstar zu sein. Zuerst muss man die Zuhörer davon überzeugen, dass man ein richtiger Star ist. Dass man weit weg und unnahbar ist, obwohl man auf derselben kleinen Schäre lebt wie das Publikum. Gleichzeitig muss man das Publikum anziehen, ihm nah sein. Für die Schlange vor Kaffibarinn gilt genau das Gleiche. Du versuchst dort, anders zu sein, so wie all die anderen. Und hältst dich auf naher Distanz. Doppelter Einsatz. Dieser doppelte Einsatz, dieses Sein und Nicht-Sein, zu berühren oder nicht, dieser ständige Kampf um Nähe und Distanz, ist vielleicht so ähnlich, wie Isländer zu sein.
    Grüße – Huldar.

Echte Isländer
     
    Und die Sonne scheint, und das Land lässt nicht davon ab, schön zu sein. Rechter Hand versuchen sich bläuliche Gletscher von den großen, gewaltigen Bergen abzusprengen, und links liegt die silbrige See, liegen Lagunen, Sandbänke und Sander. Die Straße frei und gerade. Alles so sanft und idyllisch. Wird es schon Frühling? Nein, in den Nachrichten wird berichtet, dass im Norden und Westen alles zugeschneit sei, und obwohl das Unwetter noch nicht ausgebrochen ist, verschlechtert sich das Wetter im Ostland zusehends. Die Vorhersage für das Südland ist gut. Weiterhin Sonne und schwache Windböen. Island ist ein Kaugummi, und heute mache ich Blasen.
    Ich fahre an einem Schild vorbei, auf dem steht: »Willkommen in der Südprovinz.« Kurz darauf bemerke ich den eindrucksvollen Steinafjall. Unterhalb des Berges liegt ein Weiler, und darin befindet sich der Giebelhof Hali, das Elternhaus des Schriftstellers Þórbergur Þórðarson. Ich biege in die Zufahrtsstraße zum Hof ein und überlege, wie ich mich vorstellen könnte. Es wäre irgendwie zu aufgesetzt, anzuklopfen und Bücher anzubieten. »Hey, wir wissen ja alle, dass Þórbergur hier aufgewachsen ist, und deshalb wollt ihr natürlich die Bücher anschauen, die ich in meiner Reisetasche dabeihabe.« Nein, das wäre viel zu aufdringlich. Wenn ich erzählte, dass ich mich auf einer Reise um das Land befände und den Wunsch gehabt hätte, bei ihnen vorbeizuschauen, sähe das doch irgendwie aus, als versuchte ich, so zu sein wie er. Hali ist der einzige Hof im ganzen Land, den ich schon vor meinem Reisestart beschlossen hatte zu besuchen.
    Es ist ein hoch aufragender Bauernhof mit fünf parallelen Giebeln. Zwei sind alt und orange, drei sind weiß und frisch renoviert. Jede Einheitfür sich ist ziemlich schmal und fragil, und die Gesamtheit ist ein ebenso wunderlicher Anblick, wie es Þórbergur selbst war. Ich klopfe an, und kurz darauf erscheint eine ältere Frau in der Tür, ein wenig von meinem Klopfen überrascht. Ich stelle mich vor, wünsche einen guten Tag und sage dann: »Und ich wollte fragen, ob ihr mir vielleicht Kaffee für meine Thermoskanne verkaufen könntet.« Sie begutachtet mich einen Moment und hat Mühe, ein Lächeln zurückzuhalten, sagt dann aber, dass es kein Problem sei, und fragt, ob ich nicht drinnen auf den Kaffee warten möchte.
    »Ja, es wäre schön, sich ein wenig aufwärmen zu können.«
    Björn hatte mir erzählt, dass die jetzigen Bewohner des Hofes Torfi, der Sohn von Þórbergs Bruder Steinþór, und seine Frau, die zur Tür gekommen war, wären. Noch heute würde das beste Isländisch im ganzen Land auf Hali gesprochen. Ich werde daher von großer Ehrfurcht ergriffen, als ich diesen Tempel der isländischen Sprache betrete und Torfi an einem Tisch am einen Ende einer langgestreckten Küche sitzen sehe. Die Frau geht zum Herd am anderen Ende, rührt dort in großen Töpfen und brüht Kaffee auf. Torfi bietet mir einen Stuhl an und erzählt, dass sie am Vorabend den fünfzigsten Geburtstag seines Sohnes gefeiert hätten. Kurz danach kommen zwei ihrer Töchter mit drei Kleinkindern in die Küche. Sie waren zum Geburtstag gekommen und sind nun dabei, sich wieder auf den Heimweg zu machen.
    Als ich sagte, dass ich gehört hätte, auf diesem Hof würde das schönste Isländisch des ganzen Landes gesprochen, ruft die Frau durch die Küche: »Na, ich weiß ja nicht. Wir sprechen hier jedenfalls die Sprache unseres Bezirks, Ost-Skaftafellisch.«
    Torfi schaut abwechselnd in seine Handflächen und aus dem Fenster, und als ich ihn frage, was für das Ost-Skaftafellische
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