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Liebe auf den zweiten Klick

Liebe auf den zweiten Klick

Titel: Liebe auf den zweiten Klick
Autoren: Rowell Rainbow
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früher, weil er mit seinem Sohn zum Zahnarzt musste. »Dir kann man es wohl nie recht machen, was, Lincoln? Und genau deshalb hast du auch keine Frau.«
    Woher weiß der denn, dass ich keine Frau habe?, wunderte Lincoln sich.
    Er verbrachte den Rest des Abends damit, Dateien zu komprimieren und zu archivieren, nur um es Greg heimzuzahlen. (Obwohl Greg niemals bemerken würde, dass diese Arbeit erledigt worden war, und noch viel weniger, dass man sie in boshafter Absicht erledigt hatte.)
    Lincoln komprimierte und archivierte und dachte ernsthaft darüber nach zu kündigen. Er hätte hier und jetzt aufstehen und einfach gehen können, wenn denn jemand da gewesen wäre, um seine Kündigung entgegenzunehmen.
    Es war schon fast zehn Uhr, als er sich wieder an das Tandoori-Hähnchen seiner Mutter erinnerte.
    Die Schüssel war in der Tüte umgekippt, und auf dem Teppich unter seinem Schreibtisch hatte sich Soße in leuchtendem Orange ausgebreitet. Kristi, die Mitarbeiterin, die hier tagsüber saß, würde ganz schön sauer sein.
    Sie hatte Lincoln bereits einen kleinen gelben Zettel hinterlassen, mit der Bitte, nicht an ihrem Arbeitsplatz zu essen. Sie hätte immer Krümel in der Tastatur.
    Lincoln nahm das, was vom Hähnchen noch übrig war, mit hoch in den Pausenraum im zweiten Stock. Den benutzte nachts fast niemand – die Korrektoren aßen an ihren Schreibtischen –, aber es war immer noch mehr los als in der menschenleeren Informatikabteilung. Er mochte die vielen Automaten, und manchmal machte der Pförtner zur gleichen Zeit Pause wie er. Allerdings nicht heute Abend. Der Raum war verwaist.
    Aber dieses eine Mal war Lincoln sogar froh darüber, allein zu essen. Er griff nach einer Plastikgabel und ließ sich mit seinem Hühnchen an einem Tisch in der Ecke nieder. Er machte sich nicht die Mühe, es aufzuwärmen.
    Zwei Personen betraten den Raum, ein Mann und eine Frau. Sie stritten über etwas. Aber es war mehr ein freundschaftlicher Wortwechsel. »Du musst unseren Lesern auch mal was zutrauen«, sagte die Frau, wedelte mit einem zusammengerollten Sportteil vor dem Mann herum und lehnte sich an den Kaffeeautomaten. »Geht nicht«, erklärte er. »Ich hab bereits zu viele von denen kennengelernt.« Der Mann trug ein schäbiges weißes Hemd und eine breite braune Krawatte. Er sah aus, als hätte er sich seit Carters Präsidentschaft nicht mehr umgezogen oder auch nur Zeit gehabt, mal vernünftig auszuschlafen. Die Frau war jünger. Sie hatte strahlende, wache Augen und langes Haar, das ihr bis auf den Rücken fiel. Sie war zu schön, um hinzusehen.
    Sie waren alle immer zu schön, um hinzusehen. Wann hatte er eigentlich zum letzten Mal einer Frau in die Augen geschaut? Er konnte sich nicht erinnern. Einer Frau, die nicht seine Mutter war. Oder seine Schwester, Eve.
    Wenn er nicht hinsah, dann riskierte er auch keinen zufälligen Blickkontakt. Er hasste dieses Gefühl – bei der Bank oder im Aufzug –, wenn sich die Blicke zufällig treffen und sie meint, klarstellen zu müssen, dass sie kein Interesse hat. Ab und an machten sie das, sie schauten demonstrativ weg, bevor er auch nur gemerkt hatte, dass er sie überhaupt ansah. Lincoln hatte sich einmal bei einer Frau entschuldigt, als sich an der Tankstelle unbeabsichtigt ihre Blicke getroffen hatten. Sie hatte so getan, als hätte sie ihn nicht gehört, und weggesehen.
    Â»Wenn du dich nicht langsam mal mit jemandem verabredest«, drohte Eve, »dann fange ich an, dich mit netten evangelischen Mädchen zu verkuppeln. Radikalen Lutheranerinnen. Aus Missouri.«
    Â»Das würdest du nie machen«, entgegnete Lincoln. »Wenn eine von deinen Freundinnen aus der Kirche Mom kennenlernt, würde das doch deinen Ruf total ruinieren. Dann will in der Bibelstunde für Erwachsene niemand mehr neben dir sitzen.«
    Die Frau im Pausenraum lachte und schüttelte den Kopf. »Jetzt sei nicht so pervers«, schalt sie. Sie war so in die Diskussion vertieft, dass er beinahe das Gefühl hatte, sie gefahrlos beobachten zu können. Sie trug verwaschene Jeans und eine hellgrüne Jacke, die ein wenig hochrutschte, als sie sich zu ihrem Kaffeebecher vorbeugte. Sommersprossen zierten ihren Rücken. Lincoln sah weg.
    Â»Es ist ja nicht so, als würde mit dir irgendwas nicht stimmen, Lincoln«, bekräftigte seine Schwester immer
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