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Liebe auf Dauer

Titel: Liebe auf Dauer
Autoren: Hans Jellouschek
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in Sicht. In Krankheiten und Gebrechen wirft der Tod immer deutlicher seinen Schatten voraus. Darum stellt sich hier die Frage: Kann unsere Zukunftsvision auch den Bereich jenseits unserer Zeit ins Auge fassen? Gibt es so etwas wie positive Bilder jenseits dieser Grenze? Wenn Partner von solchen Fragen bewegt werden, ist es gut, wenn sie darüber ins Gespräch kommen, anstatt solche Fragen zu tabuisieren. Tabuisierung isoliert voneinander. Wenn wir uns aber offen auch mit diesen »letzten« Fragen beschäftigen, ob wir darauf nun eine befriedigende Antwort finden oder nicht, verbindet uns dies in der Tiefe miteinander und lässt uns auch in dieser letzten Lebensphase gemeinsam auf dem Weg bleiben (Jellouschek 2001, S. 165–183).
Einwände
    Gemeinsame Bilder, gemeinsame Interessen, gemeinsames Engagement … Tut so viel Gemeinsamkeit einer Beziehung gut? Kann das nicht gerade zum Überdruss aneinander führen? Sollte nicht vielmehr jeder Partner darauf achten, seine individuellen Interessen zu entwickeln und sich ihnen zu widmen? Bringt nicht gerade das Betonen der individuellen Unterschiedlichkeit Würze in die Beziehung?
    Die individuelle Eigenständigkeit und Ausprägung ist in der Tat sehr wichtig für eine Beziehung. Sie bringt Leben und Anregung in die Zweisamkeit. Dem stimme ich zu. Allerdings ist auf das Verhältnis zu achten: Auf der Basis einer soliden Gemeinsamkeit ist die individuelle Unterschiedlichkeit tatsächlich die Würze der Beziehung, die den Überdruss aneinander verhindert. Wenn aber diese Basis schwach ausgeprägt und schmal ist, besteht die Gefahr, dass die starke Ausprägung der individuellen Eigenart sie zum Zerbrechen bringt. Dem wird durch intensive gemeinsame Interessen und Anliegen vorgebeugt.

    Wenn die Zukunftsvisionen so stark betont werden, besteht dabei nicht die Gefahr, dass man die Gegenwart verliert? »Leben im Hier und Jetzt«, »Leben im Augenblick« – das sind doch wichtige Facetten echter Lebenskunst. Ist dafür eine zu starke Orientierung in die Zukunft nicht kontraproduktiv?
    Das kann sein. Ohne immer wieder auch ganz im Hier und Jetzt zu leben, wird Zukunftsorientierung zur Flucht. Darum betone ich in meinen Ausführungen auch das Wert- und Sinnerleben in der Gegenwart . Und zweifellos ist für die Erfahrung von Lebenssinn auch die Fähigkeit entscheidend, »das Hier und Jetzt« auszukosten und nicht über den gegenwärtigen Augenblick hinwegzuhasten, sondern in ihm zu verweilen. Diese beiden Dimensionen – Gegenwart undZukunft – gehören eng zusammen. Wenn es mir gelingt, in der Gegenwart Sinn und Wert zu erfahren, vermittelt die Zukunft der Gegenwart eine zusätzliche Sinntiefe.
Hinweise
Für sinnstiftende soziale Engagements von Paaren gibt es in unserer heutigen Gesellschaft zahlreiche Möglichkeiten: amnesty international, Ärzte ohne Grenzen, Greenpeace, BUND, die kirchlichen Hilfswerke und viele andere Organisationen vertreten zutiefst sinnvolle Anliegen. Der Vorteil hier besteht darin, dass sich dieses Engagement je nach Lebenssituation und Lebensphase in unterschiedlicher Intensität gestalten lässt – von der finanziellen Unterstützung bis hin zum aktiven Engagement in Ortsgruppen und Projekten.
Viele Paare können sich mit der religiösen Vorstellungswelt und religiösen Praxis der etablierten Kirchen nicht mehr identifizieren. Dennoch ist damit das religiös-spirituelle Interesse und Suchen keineswegs erstorben. Vor allem im Zusammenhang mit Kindererziehung und Familienereignissen wie Weihnachten, Hochzeiten, Todesfällen und dergleichen mehr wird es plötzlich wieder spürbar. Zweifellos kann dieses Interesse und dieses Suchen auch etwas sein, was Paare intensiv miteinander verbindet. Ich möchte Paare ermutigen, das Suchen in diese Richtung, wenn vorhanden, miteinander zu teilen. Ich möchte sie auch ermutigen, sich auf den Weg zu begeben, wenn sie das Bedürfnis haben, sich wieder eine religiöse Praxis anzueignen, die zu ihnen passen würde. Meiner Erfahrung nach bietet die Praxis der gegenstandslosen Meditation (Zen, Kontemplation) die Möglichkeit, dass sich Menschen damit und mit dem damit verbundenen Weltbild identifizieren können, ohne sich als heutige Menschen verleugnen zu müssen.
Das Entwerfen von Zukunftsbildern der Paarbeziehung sollte nicht ein einmaliges Ereignis sein, sondern ein fortlaufender Prozess. Die Lebensphasen des Paares ändern sich ja, und damit auch seine Zukunftsperspektiven. Gute Möglichkeiten, zu solcher
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