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Liebe auf Arabisch

Liebe auf Arabisch

Titel: Liebe auf Arabisch
Autoren: B. Leïla
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einen gesetzlichen Tarif, sie beschmutzen vielleicht ihr Leben, aber sie behalten es!
    Tatsächlich verblüffte mich die Offenheit dieser Frauen,
von der ich noch nicht genau sagen konnte, ob es Hinterlist oder Naivität war. Aus Höflichkeit und da ich mir meiner Position durchaus bewusst war, beschloss ich zu schweigen. Ich war nichts weiter als eine ausländische Stewardess, der diese Frauen gestatteten, ihre Bekanntschaft zu machen und sie mit ihrer Anwesenheit zu beehren. Ich arbeitete in einer Branche, die als unmoralisch galt, wodurch einer Stewardess im Zweifelsfall ein schlechterer Ruf vorauseilte als einer Barfrau. Und obendrein bin ich noch Marokkanerin, was für ihre Ehemänner ohnehin so viel bedeutet wie Flittchen. Ich konnte mich glücklich schätzen, überhaupt von ihnen empfangen zu werden. Ich würde mich nicht mit übermächtigen Gegnern anlegen. Ein falsches Wort und sie würden mich rausschmeißen. Aus ihrem Haus, ihrer Gesellschaft, ihrem Land. Ruhig Blut, Leïla!
    Ein kleiner Trost war die Zuneigung, die ich bereits in Joumanas Augen las – es war dieselbe, die sie auch im Flugzeug gezeigt hatte, als mich ein Passagier mit anzüglichen Absichten belästigt hatte. Also erlaubte ich mir nun doch einen einzigen Satz als Antwort:
    »Ich kann nichts dafür, dass Männer aus der ganzen Welt auf Marokkanerinnen stehen. Die haben einfach die knackigsten Ärsche!«
    Zum zweiten Mal gelang es mir, die Saudierinnen zum Lachen zu bringen. Mir wurde klar, dass ich einen Test bestanden hatte. Sie gaben sich unschuldig, um herauszufinden, ob ich eine gute Zuhörerin war und ein Urteil über mich zuließ. Ich konnte einstecken. Für den Moment war es ihnen vorbehalten, zu kritisieren und zu lästern. Später würde ich herausfinden, ob ich den Spieß auch umdrehen könnte. In der Zwischenzeit wurde ich weiter ausgefragt. Ich erzählte von meiner Familie, meinen
Vorfahren, meinem algerischstämmigen Vater und seinem krankhaften nif …
    »Was ist das, nif?«
    »Der Berberstolz …«
    Ich erzählte von meiner Mutter, einer stolzen Fassi, und meinen Brüdern, die auf spanischen Feldern schufteten, während Ali, unser Jüngster, mit einer Konservendose Fußball spielte. Und natürlich ließ ich auch meine Cousine Nora nicht aus, die schlauste Studentin von Casablanca. Wobei ich gewisse Details über Noras Abenteuer lieber unterschlug, denn sonst wären die saudischen Frauen wohl dabei geblieben, dass die Marokkanerinnen ihren schlechten Ruf verdienten.
    Sie wollten Fotos von meiner Familie sehen, doch ich hatte nur ein einziges dabei, auf dem ich in meiner Arbeitsuniform auf dem Asphalt von Casa posierte, neben meinem Kollegen Fouad.
    »Ist das dein Verlobter?«, fragte Farah, noch begieriger als alle anderen.
    »Nein, das ist ein Kollege.«
    »Und ihr lasst euch einfach zusammen fotografieren?«, wollte Salma wissen, die etwas zurückhaltender war.
    »Wir arbeiten zusammen und verbringen sehr viel Zeit miteinander.«
    »Ohne Hochzeitsabsichten!«
    »Fouad ist verheiratet.«
    »Auch das noch! Und seine Frau ist nicht eifersüchtig? «, rief Soha, die Üppige, höchstwahrscheinlich Operierte, in scherzhaftem Ton.
    »Warum sollte sie? Sie weiß sehr genau, dass ihr Mann überall mit Frauen zu tun hat, wo er hingeht. Sie kann ihn ja schlecht zu Hause einsperren.«
    Ich blickte in erstaunte Gesichter, doch mir schien, als
ob ihr Erstaunen eher durch meine etwas genervten Worte provoziert wurde als durch meine Antwort selbst. Sofort machte ich mir Vorwürfe und im tiefsten Innersten bedauerte ich diese Frauen, die niemals einem Mann begegnen würden, der nicht zur Familie gehörte.
    Alle Augen ruhten noch immer auf meinem Kollegen, der zugegebenermaßen sehr gut aussah, mit gepflegtem Schnurrbart, athletischem Körperbau und honigfarbenen Augen. Es wurde eigenartig still im Zimmer. Ich dachte darüber nach, dass ich das Wesen der Saudis noch immer nicht sonderlich gut kannte, obwohl ich bereits seit vierzehn Monaten in Dschidda war. Durch meinen Job war ich viel unterwegs und hatte nur selten die Möglichkeit, an freien Tagen die Menschen des Landes kennenzulernen. Abgesehen von einem saudischen Steward und einem Flugkapitän, mit denen ich ab und an gemeinsam flog, kannte ich niemanden, der mich über die hiesigen Sitten und Gebräuche aufklärte. Bisher hatte ich gelernt, dass die Araber vom Golf höfliche, ein wenig distanzierte Menschen waren, dass sie Fremden sowohl mit Gastfreundschaft als auch mit Vorsicht
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