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Liebe auf Arabisch

Liebe auf Arabisch

Titel: Liebe auf Arabisch
Autoren: B. Leïla
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in ihrer Mitte reserviert. Ich trug eine saudische Abaja, um mich ihrer Tradition anzupassen, doch sie schienen darüber etwas enttäuscht und fragten sogleich, ob ich mich in Marokko genauso anzog. Ich antwortete, dass es schon vorkam, dass ich eine Djellaba überwarf, um einkaufen zu gehen oder ins Hammam.
    Alle Blicke waren auf mich gerichtet und es schien mir, als hätte Joumana mich mitgebracht, um mich vorzuführen wie einen Affen im Zoo. Allerdings begegneten sie mir um einiges respektvoller. Sie überhäuften mich mit Komplimenten und Höflichkeitsformen, gefolgt von Ausrufen wie Ya Allah!, die schätzungsweise die Hälfte unseres Gesprächs ausmachten. Sie sprachen für mich verständliches Arabisch, doch zumeist wandten sie sich auf Englisch an mich, das ich seit einem Intensivkurs für meine Arbeit als Stewardess glücklicherweise ebenfalls beherrsche.
    Immer wieder schien mir die englische Sprache in diesen Räumen fehl am Platz zu sein. Jeans und Blusen mit gewagtem Ausschnitt überraschten mich weniger als Shakespeares Worte, die auf den Lippen dieser Frauen nach Häresie klangen und umso merkwürdiger wirkten, als sie immer wieder von Allah! und Astaghfirullah! begleitet wurden. Heute weiß ich, dass Frauen aus der arabischen Oberschicht Privatstunden bekommen oder Universitäten besuchen, die nur ihnen vorbehalten sind. Einfache Bürger, ebenso wie Ausländer, erhalten dort selten Zugang.
    Joumana und ihre Freundinnen dagegen waren erstaunt, dass ich Arabisch spreche. Sie hatten geglaubt, alle Marokkanerinnen sprächen nur Französisch.

    Ich nutzte die Gelegenheit, diese Frauen meinerseits zu beobachten, ohne mich jedoch ihren Fragen zu entziehen. Salma war um die dreißig. Sie hatte Augen wie Ebenholz, ähnlich denen einer Asiatin, einen sehr feinen Mund und fast durchscheinende Haut. Auf gewisse Weise war sie sehr schön, jedoch spiegelte sich auf ihrem Gesicht auch so etwas wie Reue oder Überdruss – oder vielleicht beides. Neben ihr wirkte Soha fast schmal, obwohl ihre Rundungen förmlich aus einer hautengen Korsage und einem Rock aus Stretch heraus zu platzen schienen. Das roch verdächtig nach Skalpell, dessen war ich sicher, doch ihre ausdruckslose Stirn und die harten Konturen ihrer Augen waren nichts gegen ihren honigsüßen Blick und ihre würdevollen, wenn auch gewollt aufreizenden Gesten. Farahs Schönheit war natürlicher, eine Mischung aus Ungezwungenheit und Lebensfreude, die sie beinahe zum Gegenteil von Salma machte. Es schien, als rühre ihr Charme ebenso von ihrer Reife – sie musste auf die vierzig zugehen – als auch von ihrer Leichtigkeit, vom Rot ihrer Haare und dem Grübchen an ihrem Kinn, über das ein fröhliches Lachen hinwegrollte.
    Es folgten Fragen zu meiner Familie. Ich beschrieb meinen schweigsamen Vater, Großmutter Hinna, die mich als erste über Allahs Wohnsitz informiert hatte, und kam schließlich zu meinen drei Brüdern, von denen zwei nun in Spanien lebten und nur den Jüngsten, Ali, zurückgelassen hatten, der immer pleite war und davon träumte, unsere Großmutter in einen Brunnen zu schubsen, um die einzige goldene Haarspange zu erben, die sie besaß.
    Die Frauen brachen in schallendes Gelächter aus und ich schien ihre Sympathie gewonnen zu haben.

Alle Marokkanerinnen sind Huren
    Der Gedanke an Marokko, dieses Land, das die Frauen nie betreten hatten, weckte in ihnen Neid und Bewunderung. Sofort schwärmten sie begeistert von Casa, Tanger und natürlich Marrakesch, von dem sie viel gehört hatten, von unseren wunderschönen Abenden, unserer exquisiten Küche, von unseren Frauen, die arbeiten und Auto fahren durften, obwohl … obwohl … die Marokkanerinnen einen furchtbar schlechten Ruf haben, zumindest, wenn man Saudi-Araberinnen fragt, die der Meinung sind, dass ein Großteil unseres Landeseinkommens von leichten Mädchen erwirtschaftet wird:
    »Wir haben das Öl, ihr habt die Frauen«, amüsierte sich Farah überschwänglich. »Und die verschmutzen noch nicht einmal die Umwelt.«
    Ich hatte große Lust ihnen zu antworten, dass sie das Wichtigste dabei außen vor ließen: Anstatt das Verhalten meiner Landsfrauen anzuprangern, sollten sie sich lieber ihre eigenen Ehemänner vornehmen, denn die waren es schließlich, die in mein Land kamen, um in Sex zu investieren, statt sich mit ihren eigenen Ehefrauen zu vergnügen. Wenigstens werden bei uns keine Frauen gesteinigt, nur weil sie mit einem Kerl geschlafen haben. Man kann sie bezahlen, dafür gibt es
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