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Lichtlos 1 (German Edition)

Lichtlos 1 (German Edition)

Titel: Lichtlos 1 (German Edition)
Autoren: Dean Koontz
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Gesicht zur Fratze eines Wasserspeiers, als die Erscheinung in ihn einzieht.
    Nachdem ich die Pistole aufgehoben habe, stürze ich durch den Flur in das Zimmer, aus dem mich der Junge attackiert hat. Ich knalle die Tür zu. Im Türknauf ist ein kleiner Drehknopf, der die Tür schließt, aber es gibt keine Verriegelungsmöglichkeit.
    Mr. Harmony will die Tür öffnen. Er rüttelt kräftig an dem Knopf, als ich gerade einen hochlehnigen Stuhl darunterzwänge, den ich von einem nahen Schreibtisch herangezogen habe. Obwohl mich Mr. Harmony an kein anderes Tier so sehr erinnert wie an ein Nashorn, sollte ihn dieser Trick für ein paar Minuten aufhalten.
    An dem Schiebefenster mit acht Scheiben ziehe ich die Gardinen zurück, sehe unter mir das Dach einer Veranda und öffne den Riegel. Ich kann die innere Scheibe nicht hochschieben, und ich kann die äußere Scheibe nicht runterdrücken, weil der Mechanismus vollständig mit Farbe überstrichen ist.
    Wenn ich Mr. Daniel Craig wäre, der neueste James Bond, dann würde ich die hölzernen Sprossen heraustreten, die die Scheiben im unteren Teil des Schiebefensters voneinander trennen, mich durchzwängen, ohne den Rahmen hochzuschieben, und wäre fort. Aber ich bin nur ich und zweifle nicht daran, dass mich ein Sprühregen von Glassplittern blenden würde, während die stacheligen Kanten einer zerbrochenen Sprosse eine meiner Waden durchstechen und die Wadenbeinschlagader aushöhlen würden, was hieße, dass ich in zwei Komma eins Minuten ausgeblutet wäre. Ein weiterer berühmter Filmheld, Kermit der Frosch, singt das Lied »Es ist nicht leicht, grün zu sein « , und so wahr das auch sein dürfte, ist es trotzdem noch weniger leicht, ein Mann zu sein, der nicht James Bond ist.
    Mittlerweile brüllt Mr. Harmony an der Tür zwar nicht wie eine Bestie aus der afrikanischen Steppe, aber er rammt seine Schulter gegen die Tür oder tritt mit der Wut eines Nashorns dagegen.
    Vielleicht sechzehn Jahre sind vergangen, seit ich das letzte Mal versucht habe, mich unter einem Bett zu verstecken, und selbst damals war ich leicht zu finden.
    Zwei weitere Türen eröffnen mir die einzigen Möglichkeiten. Die erste führt in einen Wandschrank, in dem mich Mr. Harmony mit seinen enormen Fäusten halbtot schlagen und mich dann mit einem Kleiderbügel aus Draht garrottieren könnte.
    Die zweite führt in ein Badezimmer. Diese Tür hat einen Riegel auf der Innenseite. Im Bad gibt es direkt über der Toilette ein großes Fenster mit einer Milchglasscheibe.
    Die viktorianischen Kacheln zeigen ein blassgrünes Feld, auf dem da und dort aus handgemalten weißen Körben Rosen quellen, das Ganze mit weiß-gelb karierten Bordüren abgesetzt. Es wirkt zu unruhig auf mich und kommt mir sogar knallig vor, aber im Interesse des Überlebens betrete ich trotzdem das Badezimmer und schließe die Tür hinter mir ab.
    Ich lege die Pistole auf die Umrandung des Waschbeckens, ziehe den gut geschmierten Fensterriegel zurück und stelle zu meinem Erstaunen fest, dass dieses Fenster nicht mit Farbe zugemalt ist. Der untere Teil des Schiebefensters gleitet mühelos nach oben und bleibt auch dort, ohne abgestützt zu werden. Darunter liegt dasselbe Verandadach, das ich schon vom Zimmer aus gesehen habe.
    So, wie sich die Ereignisse entwickelt haben, seit ich erstmals zum Schnüffeln aufgebrochen bin, scheint das eine Nacht zu sein, in der ich gut beraten wäre, kein Lotterielos zu kaufen und auch kein russisches Roulette zu spielen. Obwohl es jetzt so aussieht, als hätte meine Pechsträhne geendet, bin ich noch nicht dazu aufgelegt, Kermits anderen Hit zu singen, den über die Regenbögen.
    Ob es nun am Anblick des Klos oder an der Aufregung der Jagd liegt – jedenfalls wird mir plötzlich bewusst, dass ich heute Abend ein Bier, eine Flasche Mountain Dew und eine Flasche Wasser getrunken habe. Mr. Harmony hat die Schlafzimmertür noch nicht ganz eingeschlagen, und daher erscheint es mir klug, dass ich mir hier die Zeit zum Pinkeln nehme, statt weiterzueilen und schon bald auf meiner Flucht behindert zu werden, weil ich beim Rennen die Oberschenkel zusammenpressen muss. Mit der Umsicht eines verantwortungsbewussten Grillkochs, wenn es um die Hygiene geht, wasche ich mir die Hände, als die Schlafzimmertür endlich aufbricht. Ich wische meine Hände an meinem Sweatshirt trocken, schnappe mir die Pistole, stelle mich auf den geschlossenen Deckel der Toilette und steige hastig durch das Fenster aufs Dach der
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