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Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Titel: Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren
Autoren: Alison Sinclair
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dächte sie an Leute, die sie persönlich kannte.
    Er schüttelte den Kopf, im Grunde froh, dass er es nicht wusste und ihr nicht sagen musste.
    »Woher auch? Die Magier müssen außer sich vor Entsetzen sein, dass Erdgeborene ihnen so etwas antun konnten. Der Tempel hatte nie sonderlich viel Respekt für die Technik der Erdgeborenen. Und nun haben Sie und Tam ein weiteres Versagen öffentlich gemacht.« Sie neigte den Kopf, um ihn zu betrachten. »Eure Prächtigkeit«, sagte sie demonstrativ, »Ihrer Darstellung nach scheinen Sie dahinter einen ausgeklügelten Plan zu vermuten. Für mich klingt es nach verzweifelter Improvisation. Ich hege keinen Zweifel, dass verschiedene Leute Pläne hatten, doch deren Zusammenwirken scheint mir gänzlich zufällig. Prasav hat eigenmächtig eine Vorlage geliefert, und Valetta ging darauf ein. Der Erzmagier hat sich nicht dazu geäußert, so oder so. Es könnte sein, dass die Menschen schockiert sind, wenn er es tut. Falls es so war, wird es nicht lange anhalten. Ich kann mir an einer Hand abzählen, wie der Tempel sich über Viola als Prinzessin entzweien wird. Auch die Prächtigkeiten werden eine Magierprinzessin nicht billigen. Prasav kann es ebenso wenig gutheißen wie Sie, dass Magie gegen die Nachtgeborenen zum Einsatz kommt. Er wird darin einen Präzedenzfall fürchten, und Viola weiß , dass sie auf einem Tiger reitet, im Politischen wie auch im Magischen, falls sie die Magie überhaupt spüren kann – ich kann es übrigens nicht, zuviel Tempelblut in mir. Nach dem Einsturz des Turmes und Ihren Enthüllungen über die Schattengeborenen kreisen die Haie um den Tempel, aber er ist immer noch ein zu zäher Brocken, als dass sie ihn einfach so verschlingen könnten. Ihr Hof wird sich bei dem Versuch den Magen verderben. Also müssen Sie nur den richtigen Moment abwarten und mit Magentropfen zurückkehren.«
    Ihre präzise, spöttische Sezierung der Erfolgsaussichten seiner Thronräuber hatte zweifelhafte Hoffnung geweckt, wo vorher nur dumpfer Überlebenswille geherrscht hatte. Bei der Erwähnung von Magentropfen lächelte er beinah. Sie hatte recht, dachte er. Seine Regentschaft – mit allem, was er zu erreichen hoffte – war noch nicht vorüber. Solange er lebte, war er noch nicht abgesetzt.
    Verunsichert von seinem dankbaren Blick, stand sie abrupt auf. »Es ist schon nach Sonnenuntergang, und wir haben keine Ahnung, wann der nächste Zug kommt. Mindestens einer von uns muss wach bleiben, um die Telegrafen im Auge zu behalten, aber wir anderen sollten ein wenig schlafen. Damit wir uns dem Morgen stellen können.«
    Er war nie so gelenkig gewesen wie Orlanjis, so dass er sich nicht auf seinem Sessel zusammenrollen und Winterschlaf halten konnte. Er zog den Fußboden in Betracht. Nur würde wahrscheinlich jemand über ihn stolpern.
    »Wir haben Strohsäcke für Besucher. Wahrscheinlich nicht das, was Sie gewohnt sind, aber«, lächelnd warf sie einen Blick auf den schlafenden Orlanjis, »ich denke, Sie kommen bestimmt zurecht.«
    Zu sagen, dass er einen Strohsack unter Freunden dem Luxus unter Feinden vorzöge, wäre sowohl vorschnell als auch überheblich, aber er dachte es dennoch. »Vielen Dank.«
    Telmaine
    Als Telmaine und Vladimer in die Bahnhofshalle hinaustraten, um sich dem Gedränge der abendlichen Hauptverkehrszeit zu stellen, fanden sie die Halle beunruhigend leer vor. Vladimer blieb stehen und hinderte sie mit dem Stock in der Hand am Weitergehen. »Irgendetwas ist passiert«, murmelte er.
    Sie dachte einen Moment, er wolle umkehren, doch stattdessen reichte er ihr den Stock und holte seinen Revolver aus dem Holster. »Nehmen Sie!« Sie tat wie ihr geheißen und stellte ihre kleine Reisetasche ab. »Benutzen Sie den Revolver nur, wenn Sie Ihrer Sache ganz sicher sind«, sagte er; in ihren Ohren eine Warnung mit bitterem Hintersinn. Sie nickte kurz, gab ihm den Stock zurück und hob die Tasche auf.
    Telmaine folgte ihm, so nah, dass sie spürte, wie er sich verspannte. Der Hut und die Schleier, die er ihr aufgenötigt hatte, behinderten sowohl ihr Sonar als auch ihre Bewegungen, und die Einschränkung ihrer magischen Sinne betrachtete sie als ein einziges Ärgernis. Unwillkürlich dachte sie daran, was sich ereignet hatte, als sie zuletzt in diesem Bahnhof gewesen war. Immer wieder war sie in der letzten Nacht aus dem Schlaf hochgeschreckt, hatte wach gelegen und vergeblich versucht, ihren Bann abzustreifen und auch den Traum, in dem sie wie in einem Spinnennetz
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