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Lichterspiele

Lichterspiele

Titel: Lichterspiele
Autoren: Rosamunde Pilcher
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verheiratet aus.“
    „Ich weiß nicht recht, wie ich das verstehen soll.“
    „Oh, es war überhaupt nicht abfällig gemeint. Es ist vielmehr ein Kompliment. Ich wünschte nur, Ben sähe auch so aus. Es würde das Leben für alle Beteiligten leichter machen. Besonders für mich.“
    „Wollen Sie nicht zurück, um bei ihm zu leben?“
    „Doch, natürlich, mehr als alles andere. Aber ich will nicht, daß es schiefgeht. Ich bin nie gut mit Ben zu Rande gekommen, und ich nehme nicht an, daß es jetzt besser wird.“
    „Warum gehen Sie dann hin?“
    „Tja...“ Unter Robert Morrows kühlgrauem Blick war es wirklich schwer zu erklären. Sie nahm eine Gabel und malte Muster auf das weiße Damasttischtuch. „Ich weiß nicht. Man hat nur eine Fa milie. Wenn Menschen zusammengehören, sollten sie zumindest imstande sein, zusammen zu leben. Ich möchte etwas zum Erinnern haben. Wenn ich alt bin, möchte ich mich erinnern können, daß mein Vater und ich, und sei es nur für ein paar Wochen an einem Stück, so etwas wie Familienleben zustande gebracht haben. Hört sich das verrückt an?“
    „Nein, verrückt hört es sich nicht an, aber es klingt, als könnten Sie eine Enttäuschung erleben.“
    „Ich habe als kleines Mädchen jede Art von Enttäuschung ken nengelernt. Das ist ein Luxus, auf den ich gut verzichten kann. Im übrigen habe ich vor, nur so lange zu bleiben, bis es schmerzlich spürbar wird, daß wir unsere gegenseitige Gesellschaft keine weitere Stunde mehr ertragen können.“
    „Oder“, sagte Robert sanft, „bis er die Gesellschaft eines anderen Menschen vorzieht.“
    Emma fuhr hoch, ihre Augen zeigten plötzlich ein zorniges blaues Glitzern. Sie war in diesem Augenblick ganz ihr Vater in seiner skrupellosesten Stimmung, wenn keine Antwort zu gemein oder zu bissig war. Doch ihr Zorn zog keinen Ausbruch nach sich, und nach einer kühlen Pause senkte sie den Blick wieder, fuhr fort, Muster auf das Tischtuch zu malen und sagte nur: „Na schön. Bis dahin.“
    Die leichte Spannung wurde von Marcellos Rückkehr gelöst, der den Sherry brachte und ihre Bestellung entgegennahm. Emma wählte ein Dutzend Austern und gebratenes Hähnchen; Robert entschied sich konservativer und nahm eine Consommé und ein Steak. Dann nahm er die Unterbrechung zum Anlaß, taktvoll das Thema zu wechseln.
    „Erzählen Sie mir von Paris. Wie war es dort?“
    „Naß. Naß, kalt und sonnig, alles auf einmal. Sagt Ihnen das was?“
    „Alles.“
    „Sie kennen Paris?“
    „Ich muß manchmal geschäftlich hin. Ich war letzten Monat dort.“
    „Geschäftlich?“
    „Nein, auf dem Rückweg von Österreich. Ich war drei Wochen Skilaufen, es war herrlich.“
    „Wo waren Sie?“
    „In Obergurgl.“
    „Deswegen sind Sie so braun. Das ist auch ein Grund, weswegen Sie nicht wie ein Kunsthändler aussehen.“
    „Wenn meine Bräune verblaßt, sehe ich vielleicht kompetenter aus und kann höhere Preise verlangen. Wie lange waren Sie in Pa ris?“
    „Zwei Jahre. Es wird mir fehlen. Es ist so schön, und jetzt doppelt, nachdem sämtliche Gebäude gereinigt wurden. Und irgendwie herrscht um diese Jahreszeit so eine besondere Stimmung in Paris. Der Winter ist bald vorbei, die Sonne ist nur noch ein, zwei Tage weg, und dann ist wieder Frühling...“
    Die ersten Knospen an den Zweigen, die Schreie der Möwen, die über das wellige braune Wasser der Seine flitzen. Kähne, die aufge reiht wie Halsketten unter den Brücken hindurchgleiten, und der Geruch der Metro und das Aroma von Knoblauch und Gauloises. Und mit Christopher zusammensein.
    Ganz plötzlich wurde es ihr wichtig, von ihm zu sprechen, seinen Namen zu sagen, sich seiner Existenz zu vergewissern. Sie sagte beiläufig: „Sie haben Hester nie kennengelernt, oder? Meine Stiefmut ter? Zumindest war sie achtzehn Monate lang meine Stiefmutter.“
    „Ich habe von ihr gehört.“
    „Und von Christopher? Ihrem Sohn? Wissen Sie etwas von Chri stopher? Wir sind uns nämlich ganz zufällig in Paris wiederbegeg net, Christopher und ich. Erst vor zwei Tagen. Und er hat mich heute morgen nach Le Bourget begleitet.“
    „Sie meinen... Sie sind sich einfach so über den Weg gelaufen?“
    „Ja, wirklich ... in einem Lebensmittelgeschäft. Das konnte nur in Paris passieren.“
    „Was hat er dort gemacht?“
    „Ach, sich die Zeit vertrieben. Er war in St. Tropez,aber im März kommt er wieder nach England, um an irgendeinem Repertoire-Theater zu spielen.“
    „Er ist Schauspieler?“
    „Ja. Hab
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