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Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)

Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)

Titel: Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)
Autoren: Rainer M. Schröder
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keinen Umständen. Von dieser Regel gab es keine Ausnahme. Für Arbeiterinnen war das Gelände jenseits des Solarfeldes streng verbotenes Gelände. Und keiner der Electoren konnte sich daran erinnern, jemals von irgendwelchen Älteren auch nur das Gerücht gehört zu haben, dass einmal eine Servantenfrau in diesem Teil gesehen worden wäre.
    Kendira überquerte den gerade mal vier Schritte breiten Rabbit Creek auf einer Bohlenbrücke und wandte sich dann nach Nordwesten. Das Gelände stieg nun schnell an, wurde hügelig und war von dichten Waldstücken durchzogen. Man hatte hier im Norden noch viel ursprüngliche Natur belassen. Hier und da wuchs Felsgestein aus dem Boden. Manche Brocken, teilweise von Moos bewachsen, überragten Kendira sogar. An einigen Stellen fand man hoch oben im Geäst Baumhäuser. Manche waren vor vielen Jahren zusammengezimmert worden, längst baufällig und moderten vor sich hin, andere wurden immer wieder ausgebessert und von Cliquen als Treffpunkte genutzt. Auch Liebespaare wussten diese einsamen Rückzugsorte zu schätzen.
    Kendira umging ein großes Waldstück, das mit seinem verfilzten Unterholz unwegsam und zudem auch noch von vielen Felsspalten durchzogen war, und gelangte schließlich auf eine flache Hügelkuppe, die zu dieser Stunde zwischen Nacht und Morgengrauen im tiefschwarzen Schlagschatten mehrerer Lebenseichen lag.
    Dahinter fiel das buschbestandene Gelände sanft ab, öffnete sich und gab den Blick auf einen sandigen Platz frei. An seinem nördlichen Ende erhob sich der Vista Hill mit seiner steinernen Südflanke, die aus einer gut fünfzig Meter breiten und dreißig Meter hohen Felswand bestand.
    Die Felswand, zum Teil nachträglich mit künstlichen Rissen und schmalen aufgesetzten Griffstücken als Kletterwand für besonders Mutige präpariert, stieg fast senkrecht auf. Dabei verjüngte sie sich allmählich und wies in knapp dreißig Meter Höhe zwei Überhänge auf.
    Devil’s Lip – diesen Namen hatten die Electoren der am weitesten hervorragenden Felsplatte gegeben, die sich an ihrem Ende zudem noch ein Stück abwärts neigte. Der andere, entschieden kürzere und leichter zu bewältigende Vorsprung sah mehr wie eine wulstige Felsauswölbung aus und hatte daher den Namen Devil’s Wart erhalten.
    Mehrere farblich markierte Kletterrouten zogen sich in wilden Zickzacklinien über den Fels. Es gab eine grüne, gelbe, rote und schwarze Aufstiegsroute. Die schwarz markierte führte hinauf zur bedrohlichen Devil’s Lip und brach zwei Meter unter dem Überhang ab. Von dem Punkt an musste jeder, der dort hinaufzuklettern wagte, sich seine weitere Route ohne vorgegebene Markierungen selbst suchen.
    Kendira hatte es noch nie gereizt, sich an der Kletterwand zu versuchen. Nicht, weil ihr es an Mut oder den nötigen sportlichen Fähigkeiten gefehlt hätte. Im Gym und auf den äußeren Sportanlagen gab es wenige, die sie in den Schatten stellten. Sie sah einfach keinen Sinn darin, sich am Fels beweisen zu müssen. Zudem ruinierte man sich bei den Klettertouren leicht die Fingernägel, wie sie von ihren Freundinnen Nekia, Colinda und Hailey wusste, die sich hier schon gelegentlich auf waghalsige Klettertouren eingelassen hatten.
    Was Kendira nach Vista Hill zog, war vielmehr der traumhafte Ausblick, der sich einem dort oben von der Hügelkuppe aus bot, insbesondere in klaren Nächten. Ein Trampelpfad schlängelte sich links neben der Kletterwand in engen Serpentinen den Hang empor. Hatte man den Vista Hill über den Pfad oder die Felswand erklommen, dann lag einem einige Schritte weiter der Liberty Lake buchstäblich zu Füßen. In einer solchen mondhellen und sternklaren Nacht glitzerte der See, als wäre er aus flüssigem Silber. Und in der Ferne ging der Blick ungehindert zu den majestätischen Gipfeln im Nordwesten, die so sprechende Namen trugen wie Diamond Peak, Twin Bridges, Porcupine Peak und White Wolf Mountain.
    Gerade wollte Kendira aus dem Schatten der Eichen und hinaus auf den sandigen Vorplatz treten, als sie eine Bewegung zu ihrer Linken registrierte.
    Sofort blieb sie stehen. Sie war erschrocken– aber auch verblüfft, dass sie an diesem Ort nicht allein war. Keine zehn Schritte von ihr entfernt trat eine Gestalt zwischen den Sträuchern hervor.
    Ein junger Mann, aber keiner aus den Reihen der männlichen Electoren, sondern ein Servant, wie die grobe dunkelbraune Kutte und der schlichte Ledergürtel um die Hüften auf den ersten Blick verrieten!
    Missbilligend
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