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Letzter Weg

Letzter Weg

Titel: Letzter Weg
Autoren: Hilary Norman
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vorne.
    »Ich weiß«, sagte Gregory.
    Grace wartete und beobachtete, wie er das Gesicht abwandte. Er schien auf das Wasser hinauszublicken, doch ohne etwas zu sehen.
    »Ich will nicht darüber reden«, sagte er.
    »Lass dir Zeit. Du weißt, wie das läuft.«
    »Ja«, erwiderte Gregory. »Aber das hier ist nicht das Gleiche.«
    »Warum nicht?«
    »Ich will nicht grob erscheinen, Doc.« Er schaute noch immer aufs Wasser hinaus.
    »Ich bin schon nicht beleidigt, Greg, das weißt du.«
    »Klar«, sagte er. »Aber wie ich gesagt habe … Das hier ist was anderes.«
    Grace wartete wieder und fragte dann: »Warum ist es etwas anderes, Greg?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich bin müde.«
    »Das sehe ich«, sagte Grace. »Kannst du nicht schlafen?«
    Gregory schaute sie eine Sekunde lang an. »Sie hat Ihnen von meinen Träumen erzählt.«
    »Deine Mutter hat mir erzählt, dass du ziemlich fertig warst, als du aufgewacht bist.«
    Gregory atmete tief durch – ein Geräusch, das zynisch, ungeduldig oder verzweifelt sein konnte, schwer zu sagen.
    »Es würde dir vielleicht helfen, wenn du es mir sagst«, bot Grace an.
    »Das kann ich nicht«, erwiderte Gregory.
    Grace sagte nichts dazu. Sie saß schweigend da, spürte, wie das Baby sich bewegte, und unterdrückte das Verlangen, eine Hand auf ihren Bauch zu legen. Sie wollte die Pause durch nichts stören.
    »Wollen Sie mich nicht fragen, ob ich wieder Dope nehme?«, fragte er.
    »Tust du es?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    Im nun einsetzenden Schweigen bewegte das Baby sich erneut und drückte Grace auf die Blase.
    Nicht jetzt, ermahnte Grace sich und ihren Sohn.
    »Ich will nicht hier sein«, sagte Gregory.
    »Okay«, erwiderte Grace.
    Das Baby drehte sich; der Druck verschwand.
    »Dann kann ich also gehen?«, fragte Gregory.
    »Natürlich«, antwortete Grace. »Wir können deine Mutter anrufen.«
    »Nein«, sagte er. »Ich kann auch den Bus nehmen.«
    »Ich muss sie anrufen«, erwiderte Grace.
    »Ist schon okay«, resignierte Gregory. »Ich werde bleiben … solange Sie im Kopf behalten, dass ich Ihnen nichts sagen werde.«
    »Das ist deine Entscheidung«, gab Grace zurück.
    »Es sind nicht nur die Träume«, sagte Gregory. »Mit denen komme ich schon zurecht. Es ist das Aufwachen, was ich nicht ertragen kann.«
    Hoffnung keimte in Grace auf – Hoffnung auf einen wirklichen Anfang –, doch dann stand Gregory unvermittelt auf.
    »Tut mir leid, Doc«, sagte er. »Ich wünschte, ich könnte es Ihnen erzählen, aber ich kann nicht.«
    »Du weißt, dass du mir vertrauen kannst, Greg«, sagte sie.
    »Ja«, erwiderte er.
    Die Hoffnung schmolz.

11.
    Detective Dave Rowan vom Morddezernat des Broward County Sheriffs hatte anfangs Misstrauen, sogar Feindseligkeit ausgestrahlt, als Sam ihn zum ersten Mal wegen des Mordes in Pompano Beach kontaktiert hatte. Allerdings hatte sich alles deutlich entspannt, als Sam und Martinez persönlich dorthingefahren waren.
    Sam verstand, warum Cops eifersüchtig über ihre spektakulären Fälle wachten. Er fürchtete, dass er sich dessen in der Vergangenheit selbst schon schuldig gemacht hatte, als das FDLE – das Florida Department of Law Enforcement, die Behörde mit bundesstaatsweiter Jurisdiktion – erst ihre Hilfe angeboten und dann eine Miami-Beach-Untersuchung übernommen hatte. Zwar hatte er damals sofort gewusst, dass das so richtig war, doch wenn ein Team eine Zeitlang in einem Fall ermittelt und sämtliche Drecksarbeit erledigt hatte und endlich, endlich greifbare Ergebnisse erwartete, war das ziemlich schwer zu verdauen.
    Es gab keine Verdächtigen im Pompano-Beach-Mord, nichts, was den Mord an Carmelita Sanchez überzeugend mit dem an Rudolph Muller verband. Nichts außer dem Tatort, dem Strand – und das bedeutete nur wenig –, sowie der Tatsache, dass zuerst ein Schlagwerkzeug und dann eine Klinge benutzt worden war.
    »Ein Baseballschläger«, sagte Martinez später.
    Da er selbst kein Sportfan war, betrachtete Sam solche Schläger schon lange als potenzielle Waffen, und inzwischen hatte er sich darauf versteift, dass der Baseballschläger – wenn sie ihn denn fanden – der entscheidende Beweis sein würde, um die beiden Fälle in Verbindung zu bringen.
    » Möglicherweise mit einem Baseballschläger«, zitierte Sam aus Sanders’ Bericht.
    Mehrere kleine Holzsplitter waren in Carmelita Sanchez’ Stirngefunden worden. Es handelte sich um Eschenholz, hatte die Gerichtsmedizinerin von Broward County geschrieben, doch da
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