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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra
Autoren: Lindsey Davis
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fast.
    Die Eltern Habib hatten inzwischen rasch den Wert von Helenas Geschmeide abgeschätzt; einiges davon hatte sie offenbar hinter meinem Rücken von nabatäischen Karawanen und auf den Märkten der Dekapolis gekauft. Die Familie hatte gesehen, daß der Kommandeur sie mit äußerstem Respekt behandelte (schließlich wußte er, daß Vespasian persönlich einen Bericht über ihren Verbleib angefordert hatte). Khaleed setzte nun eine flehende Miene auf. Seinem Vater lief bei diesem augenscheinlichen Glücksfall das Wasser im Mund zusammen. Wie die meisten Mädchen, hatte Sophrona bald festgestellt, daß es ihr überhaupt nicht schwerfiel, etwas Besseres darzustellen, als sie eigentlich war.
    Wenn das Mädchen Syrien verlassen müsse, meinte Khaleeds Mutter, wäre es doch vielleicht sinnvoll, das junge Paar vorher zu verheiraten. Worauf Helena vorschlug, Khaleed solle einige Zeit in Rom verbringen, um in den Kreisen der Aristokratie den letzten Schliff zu bekommen …
    »Ist das nicht nett?« murmelte Thalia ohne jede erkennbare Ironie. Niemand außer mir schien der Ansicht zu sein, daß Sophrona, war sie erst einmal wieder in Rom, von der energischen Thalia überzeugt werden würde, nicht als Hausfrau zu versauern, sondern sich lieber ihrer vielversprechenden Karriere als Organistin zu widmen.
    Weitere Diskussionen wurden durch einen Tumult im Amphitheater verhindert. Da ihnen das volle Programm vorenthalten worden war, hatten die wütenden Soldaten begonnen, ihre Sitzbänke zu zertrümmern.
    »Jupiter! Wir müssen sie aufhalten! Wie können wir sie ablenken?«
    »Nichts leichter als das.« Thalia schnappte sich die junge Dame. »Nachdem nun alles für dich so fein geregelt ist, Sophrona, kannst du als Gegenleistung auch mal was tun. Reiß dich zusammen! Ich hab das Ding nicht den ganzen Weg von Rom hierhergeschleppt, nur damit Moskitos in den Wassertanks brüten …«
    Sie gab ihren Leuten ein Zeichen. Mit einer Geschwindigkeit, die uns erstaunte, stellten sie sich um das lange, niedrige Gefährt auf. Mit Hilfe einiger von Chremes’ Bühnenarbeitern rollten sie es zum Tor, zählten bis drei und rannten damit in die Arena. Das Publikum verstummte und ließ sich rasch wieder auf den Überresten der Bänke nieder. Die Planen fielen von dem hochaufragenden Gerät. Es war eine Hydraulis.
    Von ihrem Karren heruntergehoben, war die Wasserorgel über zwölf Fuß hoch. Der obere Teil sah aus wie eine riesige Panflöte, teils aus Bronze und teils aus Pfahlrohr. Der untere Teil bestand aus einer Art reich verzierter Truhe, an der Blasebälge befestigt waren. Einer von Thalias Männern goß vorsichtig Wasser in eine Kammer. Ein anderer brachte ein Fußbrett, einen großen Hebel und eine Tastatur.
    Sophronas Augen weiteten sich. Für einen kurzen Moment schaffte sie es, ihren Eifer zu verbergen, und spielte uns in rührender Weise die zögerliche Maid vor. Helena und wir anderen gingen darauf ein und baten sie inständig, auf die Bühne zu gehen. Im nächsten Moment schoß sie hinaus und gab Anweisungen, wie das Instrument aufzustellen sei.
    Orgelspielen war ihr ganz offensichtlich wichtig. Ich beschloß, Sophrona mit Ribes bekannt zu machen. Unser trübsinniger Lyraspieler schien mir genau die Art junger Mann zu sein, dem ein Mädchen mit schönen Augen, mit dem er über Musik plaudern konnte, unendlich guttun würde …
    Thalia grinste Davos an. »Helfen Sie mir beim Pumpen ihrer Blasebälge?« Aus ihrem Mund klang selbst die harmloseste Frage zweideutig. Davos nahm die zweifelhafte Einladung tapfer an, obwohl ein Glitzern in Thalias Augen ihm für später noch härtere Arbeit versprach.
    Ein anständiger Kerl. Er würde es schon schaffen.
    Gerade, als sie uns verlassen wollten, um Sophrona auf der Bühne zu unterstützen, rief Phrygia Thalia zurück. Sie war angewackelt gekommen, wobei ihre lange, schlaksige Figur auf den hohen Plateausohlen gefährlich schwankte. Jetzt deutete sie auf die ebenso hoch aufgeschossene Sophrona.
    »Dieses Mädchen …« Sie klang gequält.
    »Sophrona? Nur ein verwahrlostes Gör, das ich zusammen mit Frontos Zirkus geerbt habe.« Die Art, wie Thalia die Augen zusammenkniff, hätte auf jeden, der nicht verzweifelt war, unglaubwürdig gewirkt.
    »Ich hatte gehofft, meine Tochter sei hier …« Phrygia gab nicht so leicht auf.
    »Sie ist hier. Aber vielleicht will sie nach zwanzig einsamen Jahren nicht gefunden werden.«
    »Ich mache alles wieder gut! Ich kann ihr das Beste bieten.« Phrygia
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