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Letzte Reise

Letzte Reise

Titel: Letzte Reise
Autoren: Anna Enquist
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Feuerkorb, in dem Martin von Zeit zu Zeit Reisig und Knorren verbrannte. Elizabeth schritt durch den windstillen Garten, den dreiarmigen Leuchter mit brennenden Kerzen vor sich hertragend und den Kissenbezug an einem Zipfel hinter sich herziehend. Eine Prozession, dachte sie, ein Aufzug von Erinnerungen auf dem Weg zur feierlichen Vernichtung.
    Sie saß auf dem Hackklotz, auf dem der Gärtner das Holz spaltete, und zog die Papiere nacheinander aus dem Bezug, um sie in die Flamme zu halten. Brennend trudelten die Briefe in den Korb. Hellgraue Asche fiel auf die Steine darunter. Über dem Feuer flimmerte die Luft.
    Ich verbrenne mein Leben, dachte sie, es müßte mich bitter stimmen, doch es ist eher wie eine Erleichterung. Alles ausmerzen: die seltsame Liebe zu Hugh, die Reste der Kinderleben, James' Schande. Alles umwandeln in ein sengendes Nichts.
    Jenseits der Mauer begann das hügelige Land. Auf rautenförmigen, an die Hänge geschmiegten Feldern grasten Schafe und Kühe. Heißt mich die Landschaft willkommen, dachte sie, tröstet sie mich? Nein. Dieser Landschaft ist jegliche Einmischung fremd. Sie ist auch nicht fügsam, nicht ergeben. Es geht Ruhe von ihr aus, so ganz anders als beim Wasser, das nervös und launisch ist und viel zu anpassungsbereit, ja beinah gefallsüchtig.
    Das Land hier ist gleichgültig, aber das ist nicht das richtige Wort; was suche ich nur, welches Wort entfällt mir stets? Akzeptiert mich diese Landschaft? Nein, das ist zu stark. Sie duldet mich.
    Die spitzen Steine der Mauer bohrten sich in ihre Hüftknochen. Die Verbindungen zu den Liebsten sind da; dann gehen sie vorüber und sind gewesen. Daß man Teil davon war, ist das einzige. Sie fliegen auf dem flirrenden Wind davon, sie zerbröseln wie Asche auf dem Boden, sie werden mit Erde bedeckt. Man braucht nichts aufzubewahren. Das ist die Weisheit der Schafe am Hang.
    Glasklar sieht sie James. Er zieht sie durch den Regen mit, sie rennen zu ihrem Unterschlupf, und er küßt ihr kaltes Gesicht. Da ist Nat, er kommt auf sie zugelaufen, den Geigenkasten in der Hand, ein schiefes, verlegenes Lächeln hinter seiner blonden Haarlocke. Ein Mann, der sie liebt, streift seinen Ärmel hoch, und sie weint an seinem nackten Arm, als sei sie endlich heimgekehrt.
    Das Mädchen steht auf dem Küchenfußboden, das fettige Tau ihres Spielzeugpferds fest in der kleinen Faust. Ihre Augen sprühen Wonnefunken, ihre Freude ist so greifbar, daß man zu atmen vergißt und sich der Moment für immer im Gedächtnis festnagelt, so stark, daß es schmerzt – ein klarer, willkommener Schmerz.
    Elizabeth legt die Arme auf die Mauer und blickt über die geduldige Landschaft.

Nachwort
    Über Leben und Tod von James Cook ist viel bekannt. Ich habe mich bei der Komposition dieses Romans im Rahmen des Möglichen an die historischen Fakten, an Geburts- und Sterbedaten, Daten von Abreise und Rückkehr, von Briefen und Versammlungen gehalten. Um diese festen Gegebenheiten herum ist die Geschichte gewoben. Leser, die die genaue Grenze zwischen Fakten und Fiktion abschreiten möchten, verweise ich auf die in der Literaturliste genannten Biographien.
    Bis auf den Organisten Hartland und seinen Neffen Robert, die Amme Charlotte, den Pelzhändler Boris Chlebnikow und Jane, die Ehefrau von David Nelson, haben alle Personen, die in diesem Roman auftreten, tatsächlich gelebt.
    Ein Buch wie dieses schreibt man nicht ohne Hilfe. Ich möchte daher an dieser Stelle die Personen und Instanzen nennen, die mir diese Hilfe gaben, und ihnen Dank sagen.
    Am Anfang der Unternehmung stand ein Besuch im Captain Cook Memorial Museum in Whitby. Viel gelernt habe ich aus mehreren Exkursionen zum National Maritime Museum in Greenwich, durch die Website der Captain Cook Society (www.captaincooksociety.com) und aus einem Rundgang auf dem Nachbau der Endeavour, der im Frühjahr 2004 in den Niederlanden anlegte. Die Bücher, von denen ich Gebrauch gemacht habe, sind in einer gesonderten Literaturliste aufgeführt.
    Im Herbst 1992 wanderte ich mit meiner Freundin Joan Baggerman durch Cooks Geburtsregion nach Staithes und Whitby. Seither hat sie Recherchen und Schreibprozeß unterstützt und mit Interesse verfolgt.
    Da die unentbehrliche Biographie von Beaglehole vergriffen war, setzte ich eine Anzeige in die Zeitung. Herr D. Greidanus war so freundlich, mir sein Exemplar zu schenken. Das Buch wurde zur Grundlage meiner Recherchen.
    Bereits in einem frühen Stadium nahm sich Roland Fagel, damals
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