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Lesereise Zypern

Lesereise Zypern

Titel: Lesereise Zypern
Autoren: Knut Diers
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Troodos-Täler hat Panayiotis aber offenbar viel Begeisterung geschürt. Die Menschen in den Dörfern, wo oft noch Zyprioten mit weißem Haarkranz und hellem Oberlippenbart in einer Art Dauerlächeln unter schattigen Platanen Wein trinken und Steine auf einem Spielfeld verschieben, saugen die Visionen solcher Ideensprüher wie Panayiotis in sich auf. Mögen manche Dorfbewohner auch rückständig wirken oder scheint in ihren Bewegungen die Zeit keine Rolle zu spielen, sie sind authentisch neugierig. Sie wollen Kontakt mit Fremden. Sie lassen sich ein auf alle, die sich zu ihnen vorarbeiten. Man muss nur erst ihr Vertrauen gewinnen. Das hat der agile Zypriot geschafft. Gästen kann das auch gelingen.
    Die Dorfbewohner tischen dann auf, was Dachboden und Keller an Vorräten so hergeben. Praktischerweise wachsen Pfirsiche, Mandeln, Kirschen und Äpfel gleich nebenan auf den terrassierten Feldern. Die weiß getünchten Häuser mit den blauen Holztüren in Òmodos sind dazu auch noch ein optischer Genuss. Geranien und Oleander blühen. Apfelsinenbäume versprühen ihren Duft reifer Früchte. Im Sommer wird es zwar warm hier oben im Gebirge – etwa achtundzwanzig Grad im Juli und August –, aber nie heiß wie unten an den Stränden. Rund um Òmodos breiten sich an den Südhängen lange Reihen mit Weinreben aus. »Kopiaste!« , rufen die Männer – komm und sei unser Gast.
    Panayiotis hat wieder seinen Klapprechner dabei und blättert seine Ideen auf den elektronischen Seiten Klick für Klick vor. Die Tortenstücke rund um den Olymp mit Zeus in der Mitte sollen die unverwechselbaren Werte der Regionen schmackhaft machen. Hier sind es die Weindörfer mit ihrem Charme – das füllt ein Tortenstück. Im Nordosten sind es die Tonkrüge – ein weiteres Tortenstück. In Agros, im Osten, da wachsen die Damaskina-Rosen – wieder eines. Die unglaubliche Menge von sieben Tonnen Blüten – eine einzelne wiegt ja fast nichts! – ernten die fleißigen Hände der Plantagenarbeiter jedes Jahr. Duftwässer, Seifen und Kerzen verlassen die Fabrik. Rosenöl findet auch den Weg in Drinks, Tee und Marmelade. Im Namen der Rose ist ein kleines, gut riechendes Imperium entstanden, das es so nirgends noch einmal gibt.
    Andere Tortenstücke werden gefüllt von den rundlichen Werken der Korbflechter, von zierlichen Stickereien oder Marzipanerzeugnissen. »Diese Vielfalt hier im Nationalpark ist so unverfälscht, so echt, das sind Natur und Kultur ohne Schönmacher«, schwärmt Panayiotis. Er will das grüne Herz der Insel schneller schlagen oder einfach nur mit einem Schrittmacher sicher in die Zukunft pochen lassen. Bisher scheinen manche Tortenstücke noch im Dornröschenschlaf zu schlummern. Doch sind schon Mountainbike-Strecken neu ausgewiesen, Wanderpfade sowieso. Hinweise auf Wasserfälle finden sich. Adler, Füchse und Mufflons haben ihr Revier. Die schattigen Wälder bieten ein für Mitteleuropäer angenehmes Klima. »Wissen Sie«, sagt er und beugt sich zu einem, als wollte er ein Geheimnis verraten, »ich möchte, dass ›Troodeln‹ so bekannt wird wie Googlen.«
    Um diese Botschaft richtig zu verstehen, sind ein paar Nachfragen notwendig. Doch der Vieltelefonierer mit dem »Mann im Ohr« als Empfänger und einem unauffälligen Mikrofon an einer Schnur am Hals glüht vor Enthusiasmus. Da muss man eine Fernsprechpause abwarten, um seine Fragen loszuwerden. Panayiotis meint, das Troodos-Gebirge biete einfach alles, und zwar für jeden. So wie jemand in die Suchmaschine seines Computers unter Google einen Begriff eingibt, den er finden möchte, so kann er bald auch unter Troodos irgendetwas eintippen – und er wird auf ein passendes Angebot treffen. So stellt sich das der Chefentwickler der gebirgigen Gegend jedenfalls vor. Allerdings funktioniert das nur für touristische Angebote.
    Panayiotis lächelt. »Ja, so einfach ist das – troodeln.« In seinem Büro in Platres sitzt sein Sekretär und schaut in den Bildschirm. Dimitri war einst Teilnehmer im olympischen Skiabfahrtslauf. Er empfindet genauso Stolz für »sein« Gebirge wie der Chef. Als wäre »Troodle« bereits die neue Suchmaschine für Urlaubsgelüste, hämmert Dimitri Worte in seine Tastatur. Das Büro, in dem die beiden sitzen, wirkt karg. Gerade bringt jemand zypriotischen Kaffee mit viel Zucker. Es gibt zwar Stühle, aber keinen Tisch zum Abstellen des heißen Getränks. Neben einem viel zu großen Feuerlöscher ruht ein alter Tresor. Flaggen von Zypern, Griechenland
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