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Lesereise Zypern

Lesereise Zypern

Titel: Lesereise Zypern
Autoren: Knut Diers
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Unterwelt wieder auf dem Weg zu Aphrodite ist, sondern erfreut den Betrachter regelmäßig im Frühjahr durch ihr Gelb. Es gibt aber auch rot blühende, die in Deutschland zu den bedrohten Arten zählen. Das Heilkraut, das treffenderweise gegen Herzbeschwerden hilft, ist der Sage nach vom Blut des Jünglings verfärbt, als ihn der Eber getötet hatte.
    Für Herz und Schmerz hat Zypern also genug zu bieten – Aphrodite und ihrem Geliebten sei Dank!

Die Radkappe
Wenn plötzlich vor der Rückgabe am Leihwagen etwas fehlt
    Wer auf Zypern mobil sein will, greift leicht zum Leihwagen. Das Straßennetz ist mit Autobahnen überzogen, jedenfalls im südlichen Drittel der Insel, mit einem Abstecher nach Nikosia. Es gibt auch viele passable kleinere Straßen, noch mehr unwegsame Routen, und das Benzin ist etwas günstiger als in Mitteleuropa.
    Jürgen und Henry entschieden sich für so einen kleinen roten Flitzer. Wobei der Begriff nichts mit der wirklichen Geschwindigkeit dieses Kompaktautos zu tun hat. Es ist eher ein »Rentner-Auto«, langsam und am Berg eine Schnecke. Solche Kompaktautos baut fast jede Autofirma. Sie unterscheiden sich oft nur durch das Emblem des Herstellers – jedenfalls für Laien wie die beiden. »Du hättest einen Geländewagen gebraucht«, sagt Jürgen, als Henry nach den ersten Probekilometern rechts abbiegt zu den Bädern des Adonis. Sie liegen nicht weit von der Coral Bay im Westen Zyperns und sind ein Ziel für Freunde des Picknicks und des Planschens.
    Augenblicklich ist der Asphaltbelag zu Ende. Es geht über Steine, Geröll und Sand, durch Pfützen mit unbekannter Tiefe und an Baumwurzeln vorbei. Im Reiseführer steht: »… dann weist ein Schild auf eine holprige Piste, die alljährlich im Frühjahr ausgebessert wird.« In diesem Jahr war das Frühjahr schon vorüber – oder galt dieser »steile Feldweg für Geländewagen«, wie ihn die beiden Gäste aus Deutschland gerade tauften, schon als ausgebessert? Der rote Flitzer mit der geringen Bodenfreiheit hätte auf den rund vier Kilometern bis zu Adonis sicher öfter aufgesetzt. Doch im Kriechgang mit vielen Halts zum Aussteigen und Unter-das-Auto-Gucken ging alles glatt. Keinen Kratzer bekam das geliehene Wägelchen ab, es war nur übersät von Schlammspritzern. Auf solche wäre jeder Geländewagenbesitzer stolz, der mit seinem schweren Wagen doch nur durch die engen Gassen der Großstadt brettert. »Seht mal, ich war mit dem im Gelände«, schreien die Spritzer in den Verkehr hinein, und der Fahrer buhlt um anerkennende Blicke, was er doch für ein toller Allrad-Freak sei.
    Jürgen hatte noch keinen anerkennenden Blick im Angebot. Er saß etwas demütig auf der »falschen Seite« im Auto. Jedenfalls versuchte er immer rechts einzusteigen – auf der Fahrerseite. Er schlug dann genervt die Tür zu, ging um die Motorhaube und machte es sich auf der linken Seite im Auto bequem. Zypern hat Linksverkehr – eine ständige Erinnerung an die (einstige) britische Herrschaft. Der Fahrer sitzt rechts. Jürgen wollte auf keinen Fall fahren – auf der falschen Straßenseite. Da käme er mit links und rechts durcheinander, gab er zu verstehen. Und weil das vielen Ausländern auf Zypern so geht, stehen an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in der Landschaft Warnschilder am Straßenrand: »Bitte links fahren!«
    Deutsche sind oft als Pedanten verschrien. Jürgen und Henry erfüllten das Klischee insofern, als sie tatsächlich kurz nach dem Empfang Fotos vom Leihwagen machten, wie er so schön vor dem Hotel stand und seine Beulen und Schrammen in der Sonne leuchteten. Bei der Rückgabe könnten die beiden Deutschen dann das übliche »wir waren das nicht« gleich mit optischen Beweisen untermauern. Jetzt aber ging es auf die Autobahn. Links in den Kreisel fahren, dann rechts herum, an der nächsten Kreuzung Vorfahrt beachten, denn rechts vor links gilt trotz des Linksverkehrs.
    Jürgen hatte den Auftrag, den Fahrer die ersten Kilometer immer wieder ans Linksfahren zu erinnern. Er kam dem immer spätestens dann nach, wenn frontal ein Auto entgegenkam. Auf der Autobahn passierte das zum Glück nicht, aber auf manchen Nebenstraßen. Zur Entlastung sei gesagt: Die Zyprioten fahren manchmal rechts, manchmal links. Nur lässt sich beim Autofahren in diesen Fragen genauso wenig ein Kompromiss finden wie man den Übergang zum Fahren auf der anderen Seite – Rechtsverkehr – schrittweise gestalten könnte. Rechts oder links, das muss eindeutig sein.
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