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Lesereise Prag

Lesereise Prag

Titel: Lesereise Prag
Autoren: Klaus Brill
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die üppige Verwendung von Lapislazuli und Gold sowie die Applikation von Edelsteinen auf Kronen und Gewändern machen das Bild zu einer königlichen Gabe.
    Auch die zweihundertzwanzig weiteren Exponate dieser Ausstellung, die im Frühjahr 2006 in der Gemäldegalerie des Prager Hradschin stattfand, ließen auf den ersten Blick erkennen, warum der tschechische Präsident Václav Klaus bei der Eröffnungszeremonie von einer der wichtigsten Ausstellungen der tschechischen Geschichte sprach und ihr »eine unvergleichliche Bedeutung« beimaß. Nie zuvor war an Prunkstücken das an einem Ort versammelt, was die Kuratoren der Prager Schlossverwaltung und des Metropolitan Museum of Art in New York da aus neunzig Galerien, Museen und Privatkollektionen in fünfzehn Ländern zusammengetragen hatten.
    »Kultur und Kunst unter der Herrschaft der letzten Luxemburger 1347 bis 1437« – der Untertitel spezifizierte, dass neben der Regierungszeit Karls IV. auch die seiner Söhne Wenzel IV. und Sigismund gemeint war. Die beiden folgten als Regenten in Böhmen und als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches mit unterschiedlicher Fortüne dem Vater nach, auch als Mäzene. Teilweise wirkten die Künstler weiter, die Karl in die Werkstätten und Skriptorien des Hradschin gerufen hatte, teilweise schwärmten sie aus.
    Neben dem Baumeister und Bildhauer Peter Parler aus Schwäbisch Gmünd, der dem Veitsdom Gestalt gab, waren dies unter anderen Nikolaus Wurmser sowie der Meister Theoderich als Maler, ferner herausragende Goldschmiede, Bronzegießer und Buchillustratoren. »Ars nova« oder »Kaiserlicher Stil«, später »Schöner Stil« nannten sich die Strömungen, die von Prag in alle Himmelsrichtungen ausstrahlten. Darum war nicht nur aus Böhmens Schatzkammern hervorzuklauben, was in Prag und New York zum Publikumsmagneten wurde.
    Es gab in vielen Varianten die reife, herbe Schönheit des späten Mittelalters zu schauen. Aus dem Fundus von Burg Karlstein, Karls IV. einsamer Gralsfestung im Wald bei Prag, wurden zum Beispiel die anrührenden Porträts des Evangelisten Lukas und Karls des Großen gezeigt, beide dem Meister Theoderich zugeschrieben. Groß war die Zahl der Kreuzigungsszenen wie der Marienbilder und -skulpturen, dicht an dicht wurden auch erlesene Buchmalereien, Trinkgefäße, Schmuck und Messgewänder dargeboten. Nicht zuletzt gelang es mit verschiedensten Reliquien-Behältnissen, mal in Form eines Armes, mal als Büste, Schatulle oder goldgefasster Knochen, eine Ahnung vom Geist jener fernen Zeit zu evozieren, deren tiefe Gläubigkeit uns Heutigen, zumal den überwiegend ungläubigen Tschechen, durchaus fremd ist.
    Karl IV. war ohne Zweifel einer der wichtigsten Herrscher des Mittelalters, der durch eine geschickte Heiratspolitik und durch Zukäufe auch die Macht seines eigenen Hauses tüchtig mehrte. Der kluge Diplomat und große Politiker, gebildet, weitsichtig und fintenreich, »ist nur als der Fromme zu verstehen«, schreibt der Historiker Ferdinand Seibt in seiner schon klassischen Biografie. Der König sammelte Reliquien in achtbarer Menge, war ihnen nahe im Gebet und stellte sie den Massen bei Wallfahrten aus. Stets war er darauf bedacht, seiner höheren Berufung sichtbaren Ausdruck zu verleihen: in den Bauten und der Autobiografie, in den von ihm inspirierten Schriften und den von ihm in Auftrag gegebenen oder geförderten Kunstwerken.
    Die Hofkunst war »die Imagination seiner geistlichen Taten«, wie Ferdinand Seibt sagt. Nichts belegt die Nähe von Altar und Thron so schlagend wie der Standort des Veitsdoms mitten im Areal der Prager Burg – untrennbar stehen sie dort für alle Zeit. Gleichzeitig war es Karl IV., der 1356 mit der Goldenen Bulle für die verbleibenden Jahrhunderte bis 1806 im Heiligen Römischen Reich (deutscher Nation) die Anrechte der sieben Kurfürsten auf die Königswahl fixierte und jeder Oberhoheit des Papstes eine Abfuhr erteilte.
    Für die Tschechen zählt besonders, dass ihnen Karl IV. sein Prag vergoldete, wo er geboren war und wo er starb und wo er im Veitsdom begraben liegt. Für ein Menschenalter machte er in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts die Stadt zum Zentrum des Reiches und verschaffte ihr den Rang der dritten kulturellen Metropole nach Paris und Rom. Wie kein anderer verkörpert er deshalb auch bis heute Böhmens einstige Geltung und Größe. Und Tschechisch konnte er eben auch.
    Als vor einigen Jahren in einer Fernsehshow, mit der in Abwandlungen auch andere Nationen
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