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Lesereise Normandie - der Austernzüchter lädt zum Calvados

Lesereise Normandie - der Austernzüchter lädt zum Calvados

Titel: Lesereise Normandie - der Austernzüchter lädt zum Calvados
Autoren: Picus-Verlag
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Cocktail aus Calvados, Champagner und Apfelsaft gemixt –, hat sich die Zahl der Produzenten in nur zwanzig Jahren von dreitausend auf dreihundert verringert. Früher leistete sich mancher Bauer die Herstellung für den eigenen Bedarf oder als Nebenerwerb; das haben umfangreiche Vorschriften mühsam gemacht. »Der ganze Aufwand lohnt sich nur noch, wenn man große Kapazitäten hat«, erklärt Guillaume Drouin. Denn der Apfelbranntwein braucht Zeit, um sich zum Genuss zu entwickeln, und es dauert, bis er Gewinn abwirft: »Ich arbeite mit Calvados, den mein Großvater destilliert und mein Vater entwickelt hat.« Auch der Obstgarten ist der seines Großvaters, und die Destille aus dem Jahr 1946, die dieser erwarb, nutzt der Enkel bis heute.
    So gerät die Calvados-Herstellung leicht zu einem generationenübergreifenden Projekt. Schnellere Erfolgserlebnisse erlaubt die Produktion von Camembert. Auf einem appetitlichen Bett aus Feldsalat, Rauke und (natürlich) Apfelstückchen angerichtet und begleitet von einem Glas trockenem Cidre sieht er nicht nur verführerisch aus, sondern entfaltet auch seinen Geschmack in schönster Weise. Dabei ist der cremige nur der bekannteste, nicht aber der einzige normannische Käse – Livarot, Neufchâtel und Pont l’Evêque sind nicht nur die Namen schmucker Dörfer, sondern bezeichnen auch köstliche Käsesorten streng kontrollierter Herkunft.
    Der viel geliebte und daher auch häufig kopierte Weißschimmelkäse Camembert entstammt einem Dorf im Pays d’Auge, dessen Ortsschild zu den meistfotografierten Frankreichs gehört: Camembert. Die Bäurin Marie Fontaine Harel erfand der Überlieferung zufolge im Jahr 1791 auf einem etwas oberhalb des Dorfes gelegenen Hof den nussig schmeckenden Käse. Allerdings steuerte sie vor allem den Rohstoff bei. Wie man aus der Milch normannischer Kühe zarten, nussigen Weichkäse macht, das verriet ihr ein Priester aus – ja, aus dem Brie, wo man sich ein wenig mit der Käseherstellung auskannte. Marie versteckte Abbé Charles-Jean Bonvoust während der Französischen Revolution bei sich im Manoir de Beaumoncel. Im Gegenzug und womöglich auch zur Verbesserung des kulinarischen Niveaus des gastlichen Hauses erklärte er ihr, wie man Milch zu Käse macht. Landesweiten Ruhm erlangte der Camembert später durch seinen Erfolg bei Napoléon III., der auf den köstlichen Käse nicht verzichten mochte.
    In Zeiten möglichst preiswerter industrieller Herstellung von Lebensmitteln ist es nötig geworden, auch den echten Camembert mit einem Herkunftssiegel von billigen Imitaten unterscheidbar zu machen. »Camembert« darf zwar jeder beliebige Weichkäse heißen. Doch verbirgt sich hinter dem klangvollen Namen nicht selten eher zweifelhafte Ware. Das Gütezeichen »Appellation d’Origine Contrôlée«, kurz AOC , darf jedoch nur die Verpackung von Käse zieren, der in der Normandie aus der Rohmilch normannischer Kühe hergestellt wurde. Seine Kruste duftet verlockend, das Innere ist weiß, cremig und von dezenter Würze.
    Kuhweiden, alte Fachwerkhäuser und Obstgärten machen diesen Winkel der Normandie zu einer Landschaft, wie man sie sich friedlicher und verträumter kaum vorstellen kann. In Camembert unterhält das berühmte Haus »Président«, das sich außer auf Käse auch auf die Herstellung wunderbarer gesalzener Butter versteht, einen Bauernhof, in dem Besucher Käse und Cidre probieren können. Aber auch die kleine Käserei Durand ist hier heimisch, die mit der »Ferme de la Héronnière« von Hand geschöpften Camembert produziert. Natürlich besitzt dieses Produkt ein AOC -Siegel. François Durand verarbeitet hier jeden Morgen die Milch seiner sechzig Kühe. Daraus entstehen keine Riesenmengen, sondern ein Käse, der seinen Preis hat. Aber eben auch einen unvergleichlichen Geschmack, der zuverlässig davor schützt, im Supermarkt nach blassen Imitaten zu greifen. Kenner behaupten, im echten Camembert könne man noch dem Aroma der Äpfel nachspüren, die die Kühe auf ihren Weiden als Fallobst verzehren. Aber dafür muss man nicht nur sehr zarte Geschmacksknospen haben. Man muss vor allem Normanne sein.

Wasser für den Zauberberg
Den von Verlandung bedrohten Mont Saint-Michel soll das Meer wieder umspülen
    Am Abend hatte es geschüttet. Schnurgerade floss der Regen vom wolkendunklen Himmel. In der Auberge Saint-Pierre wurde das Abendessen serviert: neun Austern mittlerer Größe gefolgt von lange geschmorter Keule vom Salzlamm und drei Sorten
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