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Lesereise Mallorca

Lesereise Mallorca

Titel: Lesereise Mallorca
Autoren: Helge Sobik
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es die behördliche Auflage gab, die Bar um Punkt achtzehn Uhr zu schließen und nichts mehr auszuschenken. Dann kannst du gleich einpacken. Ohne den Abend, wenn alle den Tag mit einem Drink ausklingen lassen wollen, kannst du die Sache vergessen. Dann spielst du die Konzession nie ein. Und du enttäuschst die Urlauber. Die verstehen nicht, wenn du plötzlich dicht machst.« Jetzt sei das zum Glück wieder anders, die Behörden hätten sich einsichtig gezeigt. Die Sperrstunde ist jetzt flexibel. So lange es nicht bis in die Nacht geht und so lange der Strand nicht plötzlich nur noch aus der Bar und ihren Gästen besteht, darf der Betrieb auch nach achtzehn Uhr weitergehen. Warum das zwischenzeitlich anders war? Er zuckt mit den Schultern. Und seine Augen, seine Gesichtszüge sagen: Da musst du andere fragen.
    Die Sperrstunde, erzählen die Leute in Colonia de Sant Jordi dann auch hinter vorgehaltener Hand, hat Esteban verbockt. Weil er es einfach übertrieben hat. Weil er sich tatsächlich für den König des Strandes gehalten haben soll, für den Partymacher der Stunde, für so etwas wie Señor Jet-Set. Und weil das hier kein Ibiza werden sollte.
    Strandhändler Tomás schlüpft derweil wieder in sein Hemd. Den Nachmittag über hatte er nur in Shorts verkauft: Sonnenhüte, Tücher, Milch und Öl zum Einreiben, ein bisschen Strandspielzeug. Dass all das bei ihm ein ganzes Stück teurer ist als anderswo, schert niemanden. Es ist Urlaub, die Sonne scheint, und Tomás mit all seinen Waren hat immer einen weiten Weg. Und er hat so etwas wie ein Monopol auf dieser Ecke. Abends räumt er alles ein, wenn sich gegen sechs, sieben der Strand zu leeren beginnt und zuerst die älteren Paare, dann die Familien, bald darauf die anderen Pauschalurlauber mit festen Tischzeiten in ihren Halbpensionhotels und ganz zum Schluss die jungen Leute ihre Sachen zusammenpacken und durch die Dünen zurück zum Parkplatz streben. Tomás lässt das Hemd lose im Wind über den Shorts flattern, nimmt schnell einen Drink. Und verschwindet.
    Onofre denkt derweil über seine Zukunft nach, sein Leben, die Zeit nach der Bar. Eines Tages wolle er in die Großstadt ziehen, nach Paris, mal etwas anderes sehen. Und im Sommer will er es dann machen wie all die anderen und die Perspektive umdrehen: mit der Familie als Urlauber zurückkehren nach Es Trenc: »Ich habe als Kind hier gespielt. Da werde ich nie für immer Adieu sagen. Dann würde mir dieser Strand zu sehr fehlen.« Was sich seit damals in Es Trenc geändert hat? Er überlegt nur kurz: »Alles.«
    Was aus Esteban Sanchez geworden ist? Er hat wieder ein letztes Paradies gefunden, sein Ultimo Paraíso neu eröffnet: in Ses Covetes im letzten Haus an der Straße gleich neben der Schranke zum Naturschutzgebiet. Keine drei Minuten Fußweg sind es von da aus bis zum Strand der Strände Mallorcas. Nicht bis zu irgendeinem. Bis nach Es Trenc. Und trotzdem hat der Laden nichts von dem Zauber einer Beach Bar, wirkt eher unfertig, eher in das Haus hineinimprovisiert als dafür vorgesehen. Es gibt keinen Sand, und die Wellen rollen nicht mehr in Sichtweite aus. Stattdessen ist auf der anderen Straßenseite eine graue Ruine im Blick: ein Wohnkomplex im Rohbau. Vor Jahren von den Behörden stillgelegt. Angeblich illegal errichtet. Er soll abgerissen werden. Esteban setzt seine Ray-Ban-Brille wieder auf, schwenkt eine DVD mit Filmszenen seiner alten Beach-Partys. »Hundertfünfzigtausend Euro wollte die Gemeinde vor zwei Jahren für die Konzession haben. Hundertfünfzigtausend! Und ich hatte sogar noch mitgeboten!« Er meint sein voriges letztes Paradies – das eigentliche, aus dem er vertrieben wurde. Jetzt schimpft er wieder. »Dieses Jahr haben sie zweihundertfünfzigtausend verlangt. Da habe ich gar nicht erst mitgemacht. Das ist der Wahnsinn.« Er entlädt die Luft zu einem ploppenden Geräusch. »Pah«, sagt Esteban Sanchez. Er holt sich seinen Thron nicht mehr zurück. Er hat kurzerhand das Königreich verlegt – und hofft, dass ihn nun sein Partyvolk an neuer Stelle wiederfinden wird.

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