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Lesereise Backsteinstaedte

Lesereise Backsteinstaedte

Titel: Lesereise Backsteinstaedte
Autoren: Kristine Soden
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(1808) – auch das wird im Greifswalder »Atelier« anhand von Skizzen illustriert – ist der radikalste Ausdruck dafür. Die in die Finsternis fließenden Linien fuhren den Zeitgenossen unter die Haut. »Ein Wind weht darüber hin und deine Spur wird nicht mehr gesehen«, notierte Friedrich dazu in seinem Tagebuch, verriet aber nicht, an welchem Flecken von Rügen er zu diesem erregenden Bild der Romantik inspiriert worden war. Rund fünf Sechstel der Fläche hatte Caspar David Friedrich dem Himmel geschenkt – eine »Uferlosigkeit«, kommentierte 1810 Heinrich von Kleist, »als ob einem die Augenlider abgeschnitten wären«.
    Sieben Rügenreisen hatte Caspar David Friedrich im Laufe seines Lebens unternommen, die letzte im Alter von zweiundfünfzig Jahren. Sie diente vor allem seiner Erholung, nachdem er 1824 an der Dresdner Kunstakademie zum außerordentlichen Professor ernannt worden war, aufgrund interner Querelen aber keine Lehrbefugnis erhalten hatte. Gesundheitlich angeschlagen, arbeitete Friedrich nur noch wenig auf Öl. Und aus seinem Vorhaben, ein Werk mit Stichen von Rügen herauszubringen, wurde nichts mehr. Die Aquarelle, die er für diesen Zweck malte, ungefähr vierzig vermutet man, sind in alle Winde zerstreut.
    Caspar David Friedrich weilte am liebsten auf Rügen, sobald der Frühling nahte und das Eis vor der Küste brach. Doch er liebte auch den Spätherbst, wenn die Stürme tobten. Manchmal machten sich die Fischer um den Maler Sorgen, wie um einen, der in der Flut sein Grab suchen wollte. So schrieb sein Freund, der Arzt und Naturphilosoph Gotthilf Heinrich von Schubert. Und wenn der Sturm am heftigsten fauchte und die schäumenden Wogen ans Ufer schlugen, erschien Caspar David Friedrich wie ein Eremit, der sich an einer solchen »gewaltigen Lust der Augen« nicht sattsehen kann.
    Wertvolle Schriftblätter und Zeichnungen des jungen Friedrich aus seinen Unterrichtsstunden bei Johann Gottfried Quistorp liegen im Pommerschen Landesmuseum gut behütet unter Verschluss. Öffentlich ausgestellt ist sein Aquarell »Der Marktplatz von Greifswald mit der Familie Friedrich« (1818) – ein ungewöhnlich anmutendes Biedermeieridyll. Drei Brüder Caspar Davids werden uns darauf vorgestellt: mit Zylinder und Zollstock der Tischler Christian – er schnitzte das Kirchengestühl für den Greifswalder Dom St. Nikolai; mit Schürze der Seifensieder- und Lichtgießer Johann Heinrich – er besaß am Markt eine eigene Werkstatt; mit Kutscherpeitsche Johann Adolph, der wie Johann Heinrich in die väterlichen Fußstapfen getreten war – er leitete das Stammeshaus.
    Im Keller, wo der alte Friedrich, Vater Adolf Gottlieb, oft Tag und Nacht am Talgkochen für die Seifen und Kerzen war, warteten die Kessel über Jahrzehnte geduldig auf eine neue Ära. Nun ist sie gekommen. Das Caspar-David-Zentrum nahm in den historischen Mauern die Lichtgießerei wieder auf und demonstriert Interessierten das schöne alte Handwerk. Natürlich nur in begrenztem Rahmen. Und anders als damals strömt Bienenwachsduft bis in die Greifswalder Gassen hinaus.
    Doch, doch, Sie sind völlig richtig!

In einer schönen Dichtung Musik und Musik in einem schönen Bilde
Über den Wolgaster Schiffsbauersohn Philipp Otto Runge
    Dar wöör maal eens een fischer un syne fru . Und dieser Fischer und seine Frau, die Ilsebill, die lebten zusammen in einer kleinen Fischerhütte, dicht an der See, und der Fischer ging alle Tage dorthin und angelte – un he angeld un angeld . So saß er wieder einmal mit seiner Angel an der See und sah beständig in das klare Wasser hinein – un he seet un seet . Da ging die Angel auf den Grund, tief nach unten, und als er sie heraufholte, zog er einen großen Plattfisch heraus, eenen grooten butt , der sagte zu ihm, hör mal, fischer, ikk bidd dy, laat my lewen , und der Fischer erfuhr, dass der Butt gar kein richtiger Plattfisch ist, sondern ein verwunschener Prinz, wat helpt dy dat, da du my doot maakst? Der Fischer sagte zum Butt, dass er so viele Worte nicht zu machen brauche, einen Plattfisch, der sprechen kann, hätte er doch gewiss schwimmen lassen und setzte ihn also ins klare Wasser zurück. Do güng de butt to grund und zog einen langen Streifen Blut hinter sich her. Der Fischer stand auf und ging zu seiner Hütte zurück. Und als er seiner Frau, der Ilsebill, erzählte, dass der Fisch, den er gefangen hatte, ein verwunschener war, weshalb er ihn wieder ins Wasser gesetzt hatte, nahm das Unheil seinen Lauf.
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