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Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici

Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici

Titel: Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici
Autoren: Alfred Bekker
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Portugiese dachte einige Augenblicke darüber nach. Dann
    nickte er. „Ich will euch die ganze Geschichte erzählen“, sagte er.
    „Und vielleicht seid ihr die einzigen, die sie je erfahren werden…“
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    Leonardo und Carlo lauschten gespannt, während der Portugiese
    erzählte. Sein Name lautete Joao. Er stammte aus einem Ort in
    Portugal, der Lagos hieß und deswegen nannte er sich Joao de Lagos.
    „Ich war Kartenzeichner am Hof von König Heinrich dem
    Seefahrer“, sagte er. „Die Schiffe des Königs stießen immer weiter nach Süden vor. Sie brachten Seekarten mit und diese Karten
    mussten für nachfolgende Expeditionen kopiert werden. Das war
    meine Arbeit. Diese Karten wurden wie Staatsgeheimnisse behandelt und immer gut unter Verschluss gehalten. Eines Tages wurde ich dann ungerechtfertigter Weise beschuldigt, Kopien weitergegeben zu haben. Ich musste fliehen. Erst nach Genua, später gelangte ich mit einem Schiff nach Pisa, wo ich mich als Karten- und
    Konstruktionszeichner unter einem falschen Namen niederließ. Dann sprach mich eines Tages ein Agent des französischen Königs an.“
    „Ist das der Mann mit der Lederkappe, der die Kopien von Euch
    abholt?“, fragte Leonardo.
    Joao war überrascht. „Das weißt du auch?“ Er nickte leicht. „Ja, das ist er. Er hatte alles über meine Vergangenheit herausgefunden 174

    und wusste, dass ich in meiner Heimat gesucht werde. Also zwang er mich dazu, für ihn zu arbeiten und die Pläne der Festungsanlagen von Florenz zu kopieren. Sollte ich nicht gehorchen, dann bräuchte er nur anderthalb Tage nach Süden reiten und dem portugiesischen Gesandten in Rom von mir zu erzählen! Dann wäre ich meines
    Lebens nicht mehr sicher! Ihr seht, ich habe keine andere Wahl…“
    Leonardo überlegte. Er rieb sich nachdenklich das Kinn. Dass der Portugiese selbst in einer verzweifelten Lage war, sah er ein. Aber wenn man ihn einfach gewähren und weiter Pläne kopieren ließ,
    glaubte der König von Frankreich vielleicht, dass er mit geringem Risiko angreifen konnte. Und das durfte auch nicht geschehen.
    „Wie wär’s, wenn Ihr die Pläne nicht ganz originalgetreu
    abzeichnet, sondern etwas verändert?“, meinte Leonardo. „Besser gesagt: Ihr solltet sie um ein paar furchtbare, neuartige, höchst geheime Kampfmaschinen ergänzen, die normalerweise in
    besonderen Kammern verborgen sind, sodass kein Reisender sie je gesehen hat. Aber bei einer Belagerung werden sie hervorgeholt und in Stellung gebracht!“
    „Was sollten das denn für Maschinen sein?“
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    „Geschütze, Rollwagen, in denen Schützen ihre Büchsen
    abschießen können, ohne dass man sie selbst treffen könnte!
    Flugmaschinen, mit denen Soldaten von den Festungsmauern
    hinuntergleiten und dabei schießen könnten! Eisenkatapulte, die Raketen und Sprengsätze über so weite Strecken schießen, dass der Feind die Stadtmauern noch nicht einmal sehen kann!“
    „Ihr müsst wissen, dass es eine der Lieblingsbeschäftigungen
    meines Freundes ist, sich solche Apparaturen auszudenken!“,
    ergänzte Carlo.
    „Wenn der Agent die veränderten Kopien bekommt, wird er
    sehen, dass es keinen Sinn hat, Florenz anzugreifen, denn einer Stadt, die über derartige Verteidigungsmaschinen verfügt, ist
    uneinannehmbar.“
    „Und ihr glaubt, der König von Frankreich wird das Interesse an einem Angriff verlieren?“, meinte der Portugiese skeptisch.
    „Ganz genau“, nickte Leonardo.
    „Ich dachte, dass man mich bereits beobachtet, und nur darauf
    wartet, meine Hintermänner zu überführen, bis man mich verhaftet!“
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    Leonardo druckste etwas herum. „Nun, das war vielleicht leicht übertrieben. Aber das könnte jederzeit passieren. Oder glaubt Ihr, dass nicht auch jeder andere herausfinden könnte, was wir geschafft haben? Aus Eurer Zwanglage kommt Ihr nur mit meinem Plan
    heraus!“
    Der Portugiese grinste. „Ich wusste doch gleich, dass an deiner Geschichte etwas faul war!“, behauptete er. „Aber dein Plan ist gut.
    Vorausgesetzt, die Maschinen, die ich in die Pläne einzeichne, sind gut! Ich selbst habe leider nicht die Fantasie, um mir so etwas ausdenken zu können.“
    „Ich werde Euch gerne mit meinen Entwürfen und Ideen
    aushelfen“, erwiderte Leonardo.
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    12. Kapitel
    Der Agent des Königs
    An den folgenden Tagen besuchte Leonardo den Kartenzeichner
    Joao immer wieder und brachte dabei seine gesammelten
    Konstruktionspläne für Kriegsmaschinen mit.
    Bisher existierte sie nur in
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