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Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici

Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici

Titel: Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici
Autoren: Alfred Bekker
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er seinen Großvater sagen: „Willst du etwa berühmt dafür werden, der größte Brandstifter aus Vinci zu sein? Vielleicht sogar derjenige, der diesen Ort auslöschte?“
    „Nein, natürlich nicht“, sagte Leonardo.
    „Und was dieses Zerlegen von Tieren betrifft. Weißt du, das
    einige Leute schon komisch über dich reden?“
    Leonardo hob den Kopf und sah seinem Großvater in die Augen.
    Diese Augen hatten Lachfalten an den Seiten. Ein Zeichen dafür, dass er eigentlich ein sehr freundlicher Mann war, der viel lachte und 57

    nur selten schimpfte – so wie jetzt. Leonardo dachte, dass es
    bestimmt irgendwann vorbei ging. Man musste nur abwarten. Wie
    bei einem Gewitter. Er kannte seinen Großvater schließlich besser als sonst irgendeinen Menschen – seine Eltern eingeschlossen. Meistens war es so, dass man ihn am besten einfach reden ließ, dann beruhigte er sich nach und nach von selbst.
    Allerdings hatte Leonardo schon festgestellt, dass es nach dem letzten Vorfall besonders lange dauerte und er sich immer wieder von Neuem über die Vorkommnisse aufregen konnte.
    Also war es vielleicht besser, das Thema zu wechseln und über
    die zerlegten Tiere zu reden als über den Brand.
    „Es interessiert mich einfach, wie die Tiere von innen aussehen“, sagte Leonardo. „Sie sind so verschieden, aber gewisse Dinge sind fast immer gleich. Zum Beispiel das Rückgrat…“
    „Es ist eine Sauerei, was du da veranstaltest hast. Und davon
    abgesehen, können von toten Tieren Krankheiten ausgehen. Aber der Grund, weshalb du vorsichtig sein sollest ist ein anderer. Wie ich schon sagte, die Leute fangen seltsam an zu reden…“
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    „Hast du mir nicht gesagt, es sei gleichgültig, was andere sagen und das man immer das tun sollte, was man für richtig hält?“
    „Ja, aber man sollte auch zusehen, dass man nicht unangenehm
    auffällt. Und das tust du. Ich möchte nicht, dass es am Ende heißt, du wärst vom Teufel besessen und würdest diese Tiere für irgendeinen Hexenzauber benutzen!“
    Leonardo blickte auf. Dass man so etwas über ihn denken konnte
    - nur, weil er sich dafür interessierte, wie ein Tierkörper funktionierte
    - erschreckte ihn.
    Er schluckte. „Meinst du wirklich, das könnte passieren,
    Großvater?“
    „Die Menschen fürchten sich vor der Macht des Bösen. Das ist
    nun einmal so. Und wenn jemand etwas tut, was den anderen seltsam erscheint oder sie nicht verstehen, halten sie ihn leicht für einen Diener des Teufels. Davor will ich dich warnen.“
    Leonardo schwieg eine Weile. Vielleicht hatte Großvater Recht
    und er musste zumindest dafür sorgen, dass nicht jeder mitbekam, was alles so an Experimenten anstellte.
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    „Großvater, kennst du den Portugiesen, der seit einiger Zeit im Gasthof wohnt?“, fragte Leonardo dann plötzlich.
    Großvater schüttelte energisch den Kopf. „Nein, aber ich habe
    von ihm gehört.“
    „Gianna befürchtet, dass er ein Diener des Teufels sein könnte…“
    „Glaubst du das denn?“, stellte Großvater eine Gegenfrage.
    Leonardo zuckte mit den Schultern. „Irgendetwas stimmt mit ihm nicht, aber ich weiß nicht was.“
    Großvaters Augen wurden schmal, als er Leonardo ansah. „So?
    Was soll das denn sein? Nur, weil er nicht gerne an die frische Luft geht, muss das nichts heißen.“
    „Aber dass er des Nachts Besuch von seltsamen Reitern bekommt
    – das vielleicht schon!“
    „Dafür wird es eine ganz harmlose Erklärung geben“, glaubte
    Großvater. „Darf ich dich auch mal was fragen? Was hast du mit dem Ast vor, der in deinem Zimmer liegt?“
    „Das ist ein Geheimnis.“
    „Und ich hoffe sehr, dass diese Geheimnis nichts mit Feuer zu tun hat, denn sonst bekommst einen Ärger, wie du ihn dir wahrscheinlich 60

    bislang nicht einmal vorzustellen vermagst. Haben wir uns
    verstanden?“
    „Nein, es hat nichts mit Feuer zu tun“, versicherte der Junge.
    „Ehrenwort.“
    „Gut“, nickte der Großvater, der daraufhin erleichtert aufatmete.
    Leonardo ging wenig später in sein Zimmer. Er holte einen
    Kasten hervor, in dem er die Reste eines zerbrochenen Spiegels aufbewahrte. Der Spiegel war seinem Besitzer - einem der wenigen reicheren Bürger von Vinci – von der Wand gefallen, weil der
    Haken, der ihn hätte halten sollen, nicht richtig verankert gewesen war.
    Leonardo hatte die Bruchstücke beim Abfall entdeckt und an sich genommen. Das war schon fast ein Jahr her und er hatte damals noch nicht gewusst, wofür er sie verwenden sollte. Aber
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