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Lenas Tagebuch

Lenas Tagebuch

Titel: Lenas Tagebuch
Autoren: Lena Muchina
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habe.
    Das ist doch die letzte Prüfung. Nimm den Rest deiner Kräfte zusammen, Lena, und morgen, morgen bist du schon frei. Frei, verstehst du, frei.
    Ja, ich bin nicht kleinmütig. Ich werde Physik morgen bestehen!
    5. Juni
    Nun bin ich frei. Habe Physik mit »gut« bestanden. Nicht umsonst habe ich die ganze Nacht über dem Buch gesessen. Nun, vor mir liegt verdiente Freizeit. Die Ferien haben begonnen. Guten Tag, Freiheit.
    6. Juni
    Ich bin um zehn Uhr aufgewacht. Sie haben mich geschont und nicht geweckt. Aka brachte mir Tee ans Bett. Ich wollte gerade zum Trinken ansetzen, da klingelt es zweimal an der Tür. Mama machte auf. Höre Stimmen: die von Mama und eine männliche. In meinem Kopf blitzte der Gedanke auf, dass wahrscheinlich etwas für Mama abgegeben wurde, die Grundplatte für ein Bühnenbild oder etwas Ähnliches. Ich schaltete schnell das Licht aus, nahm die Brille ab und wickelte mich in die Decke ein. Mama sagt zu der Person: »Warten Sie einen Augenblick.« Dann kommt sie in mein Zimmer und sagt zu mir: »Wowa ist da, um Bücher abzu­holen, darf er hereinkommen?«
    »Wowa, natürlich soll er reinkommen.«
    »Entschuldigen Sie, dass ich so früh erscheine, ich brauche die Bücher.«
    »Mama, gib ihm die Bücher, die stehen hier auf dem Regal. Ich wollte ja auch zu dir kommen, dir die ­Bücher bringen.«
    »Na, siehst du, da bin ich schneller gewesen«, sagte er und lachte zurückhaltend.
    Mama wühlte im Regal.
    »Wowa, das hat sie schon gelesen«, und sie zeigt ihm das Buch von Leviné 10 .
    »Ach nein, ich brauche nicht die Bücher, ich brauche die Schulbücher.«
    Da fiel es mir erst ein. Wowa war nämlich zum Verantwortlichen für die Rückgabe der Schulbücher an die Schule ernannt worden.
    Mama fing an, die Bücher zusammenzupacken. »Wowa, setz dich doch«, wiederholte sie minütlich.
    »Nein, das ist schon in Ordnung, ich bleib lieber stehen. Die anderen warten auf mich.«
    Mama hat ihn dann noch gefragt, wohin er im Sommer fahren würde. Er sagte, dass er es noch nicht wisse.
    »Wowa, fahren Sie doch mit uns an die Wolga. Sparen Sie dafür.«
    »Woher soll ich denn so viel Geld nehmen?«
    Und ich sage zu ihm: »Hör mal, Wowa, komm doch einfach irgendwann vorbei. Über die neunte Klasse plaudern, und überhaupt.«
    Er antwortete nicht sofort. »Gut, ich komme irgendwann vorbei.«
    Als er ging, sagte ich noch einmal: »Wowa, komm doch bitte einfach vorbei.« Er schwieg darauf.
    »Du, Wowa, hast du etwa vor, alle zu Hause aufzusuchen und die Bücher einzusammeln?«
    »Ja.«
    »Und bei wem warst du schon?«
    »Bei niemandem, ich hab mit dir angefangen.«
    »Warum mit mir, was ist mit Rosa, Ljusja?«
    Er fragte nach Ljusjas Telefonnummer, sagte, dass er zu Rosa gehe.
    Später habe ich erfahren, dass er bei Rosa war und Ljusja nur angerufen hat.
    Zu der Zeit, die Wowa mir genannt hatte, bin ich in die Schule gegangen, um das Geld abzuholen. In dem Klassenzimmer, in dem die Rückgabe der Bücher stattfand, stapelten sich Bücher vom Boden bis an die Decke. Da waren unsere Klassenkameraden. Wowa, Janja, Mischa Iljaschew, Asja, Tamara, Rosa, Ljusja Iwanowa.
    Die Schule verließen wir alle gemeinsam. Erst die Mädchen: Rosa ist mit Tamara in die eine Richtung gegangen, dann ich und später die Jungs. Die Mädchen haben sich nicht von mir verabschiedet, als wären wir Fremde. Ich hatte mich schon ein paar Schritte von der Schule entfernt und konnte mich nicht umdrehen. Die Jungen kamen gerade in diesem Moment heraus, und Wowa verbeugte sich in meine Richtung, oder er verbeugte sich nicht richtig, sondern machte so eine Abschiedsgeste. Nein, wahrscheinlich kommt er nicht vorbei. Ich gehe ja auch nicht zu ihm. Am 9. bei der Klassenversammlung werden wir uns sehen, und ich werde ihn fragen, warum er nicht vorbeigekommen ist, und ihn zu mir einladen. Oder sollte ich das lieber nicht tun? Wir werden sehen.
    7. Juni
    Heute habe ich den Tag richtig begonnen. Um Viertel nach sieben aufgestanden, Radio gehört und dazu Gymnastik gemacht, mich gewaschen, die Haare gebürstet, das Bett gemacht, und dann bin ich in den kleinen Park gegangen. Da war noch keiner. Der böse Wärter war gerade dabei, den Park zu Ende zu fegen. Im Park ist es sehr schön. Die Vögel zwitschern, fliegen von Strauch zu Strauch.
    Nach dem Park bin ich nach Hause gegangen und habe mir im Radio einen Bericht über U-Boot-Matro­sen angehört. Was für eine schwierige und wichtige Ausbildung und welches spätere Leben unsere sowjetischen
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