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Leicht und locker kommunizieren

Leicht und locker kommunizieren

Titel: Leicht und locker kommunizieren
Autoren: Barbara Berckhan
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prüfen Sie gerade, ob Sie noch einen Kopf haben?«
    Nein, das verkneift sie sich lieber. So ein Spruch wäre jetzt so wirksam wie ein Schuss ins eigene Knie.
    Doch Frau Ungemach ist prinzipiell nicht auf den Mund gefallen. Sie würde einen verbalen Zweikampf mit ihrem Chef gewinnen. Trotzdem wäre sie am Ende die Verliererin. Er hat die Macht und damit sitzt er am längeren Hebel. Er kann sie vielleicht nicht rausschmeißen, aber er kann ihr das Leben zur Hölle machen. Und so verzichtet Frau Ungemach auf einen bösen Kommentar. Der Chef zeigt ihr einen Vogel und sie sagt nichts. Sie würde gern was sagen, aber es dürfte nicht allzu frech sein, sondern müsste irgendwie elegant und kultiviert klingen. Frau Ungemach wäre gern ein wenig diplomatischer.
    Mach nicht so viel Wind
    Die Diplomatie ist ein Kommunikationswerkzeug, das in sich viele Funktionen vereint, ähnlich wie ein Schweizer Taschenmesser, aus dem sich viele kleine Werkzeuge herausklappen lassen.
    Die Diplomatie kommt oft mit einem Lächeln daher, ist aber keinesfalls harmlos. Zu ihr gehören auch die Listigkeit, die Cleverness und die Pfiffigkeit. Eine wirksame diplomatische Sprechweise wirbelt weniger Staub auf und macht weniger Krach als das laute Kämpfen. Genau deshalb ist sie dort wirksam, wo verbale Wortgefechte nur
Unheil anrichten würden. Die Diplomatie ist vor allem eine Geisteshaltung. Sie zieht kluge Menschen an, die ihre verschiedenen Beziehungssysteme (Job, Familie, Nachbarschaft, Verwandtschaft, Freundeskreis) am Laufen halten wollen. Denn wer in den eigenen Systemen nur mit harten Bandagen kämpft, darf sich anschließend mit den Kriegsschäden und der verbrannten Erde herumplagen.
    Einfacher ausgedrückt: Diplomatie wird von den Menschen favorisiert, die wissen, dass man nicht in den Pool pinkelt, in dem man jeden Tag herumschwimmt.
    Was wollen Sie mir damit sagen?
    Kommen wir auf Frau Ungemach zurück. Der Chef zeigt ihr einen Vogel. Wie könnte sie darauf diplomatisch reagieren?
    Bevor ich Ihnen verschiedene Antworten präsentiere, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es nicht die eine richtige diplomatische Antwort gibt. Es gibt viele verschiedene Antworten, die alle diplomatisch sind. Die richtige ist die, die zu Frau Ungemach passt. Passend zu der Art, wie sie redet und wie sie sich fühlt. Und zugleich wäre es wichtig, dass die Antwort ihr in ihrem Job etwas nützt und nicht schadet.
    Hier eine kleine Auswahl, wie Frau Ungemach auf das Vogel-Zeichen ihres Chefs reagieren könnte, und zwar diplomatisch. Einer dieser Sätze würde ausreichen.
»Oh, was wollen Sie mir damit sagen?«
»Verzeihung, aber ich weiß nicht genau, was Sie damit meinen.«

»Sieht aus, als würden Sie mir einen Vogel zeigen. Könnten Sie das bitte erklären.«
»Sie möchten mir etwas sagen. Könnten Sie das bitte in Worte fassen.«
»Ich vermute, Sie sind nicht einverstanden. Liege ich da richtig?«
»Bitte sagen Sie mir Ihre Meinung. Ich kann ein offenes Feedback vertragen.«
    Mit diesen oder ähnlichen Antworten bittet Frau Ungemach um eine Klärung. Damit geht sie weg von den unirdischen Andeutungen ihres Chefs und bittet um ein konstruktives Gespräch. Sie sorgt dafür, dass die bereits missliche Situation (dumm gelaufenes Kundengespräch plus Vogel-Chef ) nicht noch weiter eskaliert. Ja, auch Führungskräfte brauchen manchmal ein wenig Führung.
    Schonwaschgang für schlechte Manieren
    Die Diplomatie ist der Schonwaschgang, der unseren zwischenmenschlichen Murks bereinigt. Dieser Murks entsteht manchmal, wenn Menschen spontan ihre Impulse rauslassen. Oder wenn sie vergessen, im Hochsommer ein Deo zu benutzen, oder wenn sie anderen Leuten den Joghurt wegessen, wenn sie ihre benutzten Tassen einfach irgendwo abstellen, wenn sie den Hochzeitstag vergessen, wenn sie ihre Fußnägel im Wohnzimmer abknipsen und ihre abgeknipsten Nägel nicht einsammeln, wenn sie einen nicht ausreden lassen oder wenn sie sich die Schnupfnase am Jackenärmel abwischen.
    Da treffen nicht nur unsere guten Seiten und die hochgelobten
Kompetenzen aufeinander. Nein, es kommen hin und wieder auch ein paar unserer schlechten Manieren ans Licht. Unsere Persönlichkeit ist eben ein Gemischtwarenladen und niemand von uns ist durchgängig nur edel, hilfreich und gut. Wir alle können auch ganz anders sein.
    Die Diplomatie ist, wie schon gesagt, keinesfalls zahm oder nur nett. Sie ist durchaus auch kämpferisch. Aber eben nicht in dieser Hau-drauf-Manier, nach dem Motto: Wenn du mir
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