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Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Titel: Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
Autoren: Ralph G. Kretschmann
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Schmunzeln huschte über Vlads Gesicht. Sein gepflegter Schnurrbart verbarg die ein wenig zu kurze Oberlippe, sodass man nie sicher war, ob er lächelte oder einen grimmigen Mund zog. „Seid mir willkommen!“
    Dann wandte er sich den anderen zu. „Auch Euch grüße ich! Jeder Freund des Freiherrn von Steinborn sei mir jederzeit ein willkommener Gast!“ Vlad wies auf die Speisen, die auf der Tafel bereitstanden. „Setzt Euch! Ihr müsst hungrig sein nach dem langen Ritt!“ Wir folgten nur zu gern seiner Aufforderung und ich stellte ihm meine Gefährten vor, während wir uns an dem kalten Braten und dem hervorragenden Wein gütlich taten.
    Vlad hörte aufmerksam zu, ohne eine Miene zu verziehen. Er blickte Nostradamus eindringlich an, musterte Rascott und Heinrich aufmerksam. Als ich ihm Rebekka vorstellte, neigte er den Kopf. Sie zog überall die Blicke der Männer auf sich, doch Vlad war kein Mann, der sich vom Äußeren einer schönen Frau gefangen nehmen ließ. Ihn interessierte mehr der Mensch dahinter, mochte er männlich oder weiblich sein. Als ich geendet hatte, blickte er wieder zu mir herüber. „Hattet Ihr eine angenehme Reise?“, fragte er und es war mehr als reine Höflichkeit, dass er danach fragte. Wir hatten schon in Budapest von den marodierenden Türkenbanden erfahren, die die Walachei unsicher machten.
    „Nun, abgesehen von dem unerfreulichen Anblick der vielen Leichen war unsere Reise ohne Probleme“, gab ich zur Antwort. „Wir wurden nur vom Gestank verwesenden Fleisches belästigt, doch nicht von irgendeinem Menschen.“ Vlad nickte. „Ja, wirklich kein angenehmer Anblick, nicht wahr? Aber er erfüllt seinen Zweck. Er hält mir diese vermaledeiten Osmanen vom Leib.“ Ich glaubte ihm aufs Wort. Niemand würde es riskieren, sich mit einem Herrscher anzulegen, der dermaßen drakonische Strafen verhängte. „War es wirklich nötig, all diese Menschen so grausam hinzurichten?“, wollte ich wissen. Vlad lachte leise und mir lief ein Schauer den Rücken hinab. „Seht Ihr, wie gut die Abschreckung funktioniert? Selbst Ihr glaubt, ich habe dies getan! Aber glaubt mir, es war nicht halb so, wie es scheinen mag.
    Die meisten der Gepfählten sind in der Schlacht gefallen und viele habe ich aus allen Teilen der Walachei hierher bringen lassen, um sie zur Schau zu stellen. Das Pfählen ist eine türkische Art der Hinrichtung und es bereitet ihnen mehr Furcht als alles andere! Sie fürchten mich mehr als den Scheitan, ihren Teufel, und das ist nur gut so!“ „Also ist das … ein Trick von Euch?“ Ich war einigermaßen erstaunt. „Ich muss sagen, es zeugt von Raffinesse und Kaltblütigkeit!“
    „Und die ist nötig, um sich die Muselmanen vom Halse zu halten! Mehmed der Dritte ist kein gütiger Herrscher und er hält nicht viel vom Koran und dem Propheten, auch wenn er vorgibt, das zu tun. Er ist nur an seinem Machterhalt interessiert und der Glaube ist für ihn ein schärferes Schwert als es Kanonen sein können!“ Vlad verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Ich kenne diesen verdammten Schweinehund nur zu gut!“
    Ich wusste, dass Vlad als junger Mann einst als Geisel bei dem Sultan gefangen gehalten worden war und dass ihm dort nichts Gutes widerfahren war. Vlad hatte mir gegenüber einmal Andeutungen darüber gemacht, doch hatte ich nie etwas Genaueres erfahren. Er sprach nicht gern über seine Gefangenschaft. Ich hatte das immer respektiert.
    „Sei‘s drum!“ Vlad erhob sich aus seinem beschnitzten Sessel und trat an das flackernde Kaminfeuer. „Sultan Mehmed ist wohl nicht der Grund Eures Besuchs, Freiherr, wenn ich Euer Schreiben richtig interpretiere. Ihr habt auf meine Mitgliedschaft in einem gewissen Orden angespielt ...“ Er drehte sich auf dem Absatz um und blickte in die Runde. „Schon mein Großvater und nach ihm mein Vater waren Draculea. Waren Mitglieder im Drachenorden. Und nach ihnen bin nun ich der Woiwode und damit der hiesige Vertreter des Ordens. Doch sagt mir – worum geht es Euch wirklich?“
    Es sah ihm ähnlich, direkt zum Punkt zu kommen. Schon damals, als wir gemeinsam gegen die Türken gekämpft hatten, war er ein Mann gewesen, der ohne Umschweife auf den Kern eines Problems zu sprechen gekommen war. Ich hatte das immer bewundert, auch wenn es ihn bei anderen in Verruf gebracht hatte. Aber ich konnte ihm die Wahrheit nicht sagen. Noch nicht! „Natürlich um Drachen, was dachtet Ihr?“ antwortete ich. „Wir brauchen Euer Wissen. Das Wissen des
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