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Legionare

Legionare

Titel: Legionare
Autoren: Howell Morgan
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sie daheim war, jedoch blieb es ihr verwehrt, die Nebelwelt zu verlassen. Sie hörte zwar Stimmen, doch sie klangen, als würden sie aus weiter Ferne an ihre Ohren dringen. Sie spürte, dass Hände sie berührten.
    Obwohl sie sich nicht bewegte, nahm sie alles wahr und betrachtete die Welt durch ihr inneres Auge. Rings um sie her waren Gestalten, in denen sie Urkzimmuthi erkannte. Ihre
Gesichter konnte sie nicht unterscheiden, doch ihr Geist war ein offenes Buch für sie.
    Ein Geist leuchtete. Er zeichnete sich durch Eigenschaften aus, die in Dars neuer Sicht klar hervortraten: Güte, Klugheit und Tatkraft.
    Hell loderte das Fathma in Dars vergehender Leibeshülle. Es wird Zeit, es weiterzugeben. Dar wusste genau, wem es zukommen sollte: dem leuchtenden Geist. Hätte ich doch nur die Kraft dazu. Da hob eine Hand ihren Kopf an, und die Kraft floss durch ihre Kehle. Endlich fühlte Dar sich zur Weitergabe fähig. Sie ballte ihre gesamten Kräfte, richtete sich auf und reckte sich dem strahlenden Geist entgegen.
    Aber er war nicht mehr da. Die gesichtslosen Gestalten vor ihr waren nicht würdig, Muth’las Geschenk zu empfangen.
    »Naug …?«, rief Dar. Wo …? Doch ehe sie die Frage vollenden konnte, verfinsterten sich die Gestalten, schwollen an und verwandelten sich in einen alles verschlingenden Abgrund. Dars Kräfte zerrannen. Als sie wieder zusammensank, sah sie in der Finsternis nur noch das Fathma leuchten.

43

    MUTH-YAT UND ZOR-YAT saßen in der Großen Kammer. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages fielen durch die Fenster herein und warfen goldene Glanzlichter auf den Thron.
    Zor-yat betrachtete den Thron der Königin und seufzte. »Ich war sicher, eine von uns beiden könnte auf ihm Platz nehmen.«
    »Stattdessen ist es deine Tochter«, sagte Muth-yat.
    »Meine Tochter. « Zor-yat betonte das Wort irgendwie verbittert. »Du hast gesagt, sie würde sterben.«
    »Hast du es nicht auch geglaubt? Du kennst doch ihre Vision. Sie hatte ein Loch in der Brust. Ihr Geist entwich.«
    Zor-yat nickte. »Tatsächlich könnte man meinen, sie hätte ihren Tod prophezeit. Was mag geschehen sein?«
    »Wer weiß? Vielleicht hat der Heilzauber sie gerettet. Vielleicht Muth’la.«
    »Warum sollte Muth’la sie unserer Schwester vorziehen?«, fragte Zor-yat. »Zeta war Königin, Dargu nur ein fremdes Washavoki.«
    »Glaubst du nicht, dass sie wiedergeboren wurde?«

    »Ich verstehe nichts von Zauberei. Ich kann in keine Köpfe schauen. Innerlich mag Dargu eine Urkzimmuthi sein, aber sehen kann ich bloß ein Washavoki.«
    »Sie hat die Sippentätowierung«, stellte Muth-yat fest.
    »Hai. Aber sonst sieht sie wie vorher aus.« Zor-yat rümpfte die Nase. »Und sie riecht auch so.«
    »Warum hast du eingewilligt, ihre Muthuri zu werden, obwohl du wusstest, dass der Zauber nur ihren Geist verwandelt? «
    »Als du mich darum gebeten hast«, antwortete Zor-yat, »hielt ich den Plan für klug. Ich habe erwartet, dass alles anders kommt.«
    »Mein Plan war nicht gänzlich unklug«, sagte Muth-yat. »Ich habe mit dem Washavoki gesprochen, der Dargu gebracht hat.«
    Erneut rümpfte Zor-yat die Nase. »Der nach Atur riecht?«
    »Hai. Genau wie dein Brudersohn. Auch mit Kovok-mah habe ich gesprochen. Beide wussten interessante Neuigkeiten. Dargu hat in Taiben allerlei erreicht. Jetzt herrscht eine Mutter über die Washavoki. Der König ist tot. Auch der finstere Washavoki. Es war nicht nur Dargus Feind, sondern eine Gefahr für alle Urkzimmuthi.«
    »Hai, hai, aber was zählt das im Vergleich zu Velasa-pahs Prophezeiung?«, fragte Zor-yat. »Gib es zu, Schwester, wir waren Närrinnen.«
    »Es ist schlecht gelaufen, aber wie hätten wir so etwas ahnen können? Velasa-pahs Prophezeiung schien nicht zu passen. Es hat Königin gesagt, nicht Washavoki-Streunerin. «
    »Aber jetzt ist Dargu Königin, also droht Unheil.« Zor-yat stöhnte auf. »Hätten wir bloß keinen Zauber angewandt. «

    »Verzweifle nicht«, sagte Muth-yat. »Noch besteht Hoffnung. «
    »Könnte die Wunde sie noch töten?«
    »Die Heilerin sagt, Dargu wird genesen. Doch frisch gekrönte Königinnen können auch aus anderen Gründen umkommen. Brauchtum ist unnachsichtig, und Dargu wurde erst kürzlich wiedergeboren. In gewisser Hinsicht ist sie einfältig wie ein Kind.«
    »In Bezug auf ihre Gefühle für meinen Brudersohn?«
    »Hai. Dargu merkt nicht, wie nah das Verderben ist.«
    »Sie ist jetzt die Große Mutter«, sagte Zor-yat und lächelte seit dem Beginn des Gesprächs
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