Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lautloses Duell

Titel: Lautloses Duell
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
Bishop hinüber, der überhaupt nicht zuzuhören schien.
    »Auf gar keinen Fall!«, knurrte Shelton, der gesprächigere der beiden Kollegen vom Morddezernat, auch wenn sein Wortschatz eindeutig beschränkt war.
    Anderson überlegte noch, als der Gefängnisdirektor sich zu Wort meldete: »Wenn ich die Herren mal kurz draußen auf dem Gang sprechen könnte?«

3 Kapitel 00000011
    Der Hack hatte ziemlich Spaß gemacht.
    Trotzdem entsprach er nicht ganz der Herausforderung, die er sich gewünscht hatte.
    Phate – sein Username online, sein Nick, wurde nach bester Hacker-Tradition nicht mit
f
, sondern mit
ph
geschrieben – saß in seinem Wagen und fuhr zu seinem Haus in Los Altos, mitten im Herzen von Silicon Valley.
    An diesem Morgen hatte er einiges zu erledigen gehabt. Erst musste er den blutverschmierten weißen Van loswerden, den er tags zuvor benutzt hatte, um Lara Gibsons Paranoia anzufachen. Anschließend hatte er seine Verkleidung entsorgt, die Rasta-Perücke, die Kampfjacke und die Stalker-Brille sowie das astreine Kostüm des Computerspezialisten, des Chip-Jocks Will Randolph, Sandys Cousin und frisch gebackenem Familienvater.
    Inzwischen war er ein ganz anderer. Selbstverständlich trat er auch jetzt nicht unter seinem richtigen Namen und seiner richtigen Identität auf – Jon Patrick Holloway, geboren vor siebenundzwanzig Jahren in Saddle River, New Jersey. Nein, momentan war er einer der sechs oder sieben erfundenen Figuren, die er vor kurzem erschaffen hatte. Sie waren ihm wie eine Gruppe von Freunden und existierten komplett mit Führerscheinen, Mitarbeiterausweisen und Sozialversicherungskarten. Er hatte sie sogar mit unterschiedlichen Akzenten, Sprechweisen und persönlichen Eigenheiten ausgestattet, die er auf fast religiöse Weise praktizierte.
    Wer willst du sein?
    Er stellte sich oft diese Frage, und in seinem Fall lautete die Antwort: So ziemlich jeder.
    Als er jetzt über den Lara-Gibson-Hack nachdachte, kam er zu dem Schluss, dass es doch ein wenig zu billig gewesen war, sich an jemanden heranzumachen, der sich rühmte, die Königin der Selbstverteidigung im Großstadtdschungel zu sein.
    Es war höchste Zeit, das Spiel ein bisschen zu verfeinern.
    Phates Jaguar schob sich langsam durch den morgendlichen Berufsverkehr auf der Interstate 280, dem Junipero Serra Highway. Zu seiner Rechten erhoben sich im Westen die Santa Cruz Mountains bis in die Nebelfetzen hinein, die in Richtung San Francisco Bay trieben. In den vergangenen Jahren war das Tal von mehreren Dürren heimgesucht worden, aber in diesem Jahr präsentierte sich der Frühling, wie auch an diesem Tag, ausgesprochen regnerisch, und die Pflanzenwelt zeigte sich in sattem Grün. Doch Phate würdigte die herrliche Umgebung keines Blickes. Er lauschte dem Theaterstück auf seinem CD-Player –
Der Tod eines Handlungsreisenden.
Es war eines seiner Lieblingsstücke. Hin und wieder bewegten sich seine Lippen und sprachen den Text mit. Er konnte alle Rollen auswendig.
    Zehn Minuten später, um 8 Uhr 45, bog er in die Einfahrt seines großen Einfamilienhauses in der Neubausiedlung Stonecrest, jenseits der El Monte Road in Los Altos ein.
    Er fuhr den Wagen in die Garage und machte das Tor zu. Bei dieser Gelegenheit fiel ihm ein Tropfen von Lara Gibsons Blut in der Form eines schlampigen Kommas auf dem ansonsten makellos sauberen Fußboden auf. Wie nachlässig von ihm, ihn zuvor übersehen zu haben, tadelte er sich. Er wischte den Fleck auf, ging ins Haus und verriegelte die Tür hinter sich.
    Das Haus war neu, kaum sechs Monate alt, und roch immer noch leicht süßlich nach Teppichkleber und Farbe.
    Sollten irgendwelche Nachbarn auf die Idee kommen, ihn hier willkommen zu heißen, um von der Diele einen neugierigen Blick ins Wohnzimmer zu erhaschen, sahen sie nicht mehr als die üblichen Insignien einer Familie der oberen Mittelschicht, den gehobenen Lebensstil, den das Mikrochip-Geld so vielen Menschen hier im Valley ermöglichte.
    Hallo, nett, Sie kennen zu lernen … Ja, ganz richtig, bin erst letzten Monat eingezogen … Ich arbeite bei einer neuen Start-up-Firma drüben in Palo Alto. Sie haben mich schon früher aus Austin hergeholt, Kathy und die Kinder kommen nach, im Juni, sobald das Schuljahr zu Ende ist … Hier, das sind sie. Hab das Foto letzten Januar im Urlaub in Florida aufgenommen. Troy und Brittany. Er ist vier. Sie wird im nächsten Monat zwei.
    Auf dem Kaminsims, den teuren Beistell- und Kaffeetischen standen Dutzende Fotos von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher