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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)
Autoren: Laurence Sterne
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glaube ich, der regelmäßigste Mann von der Welt in Allem was er tat, mochten es nun Geschäftssachen oder Vergnügungen sein. Als ein kleines Beispiel von dieser außerordentlichen Pünktlichkeit, deren Sklave er in Wahrheit war, will ich nur anführen, dass er es sich seit Jahren zur Regel gemacht hatte, am ersten Sonntag Abend jedes Monats Jahr aus, Jahr ein so sicher als der Sonntag Abend kam, eigenhändig eine große Handuhr aufzuziehen, die oben auf der Hintertreppe stand; und da er zu der Zeit, von der ich rede, so zwischen 50 und 60 Jahre zählen mochte, so hatte er es allmählich so eingerichtet, auch gewisse andere kleine Familiengeschäfte an dem gleichen Abend abzumachen, um sie, wie er oft zu meinem Onkel Toby sagte, alle auf ein Mal vom Halse zu kriegen, und im übrigen Monat nicht weiter damit behelligt und geplagt zu werden.
    Diese Sache war nur mit einer Fatalität verbunden, die zum großen Teil mich traf und deren Wirkungen ich, wie ich fürchte, bis zu meinem Grabe werde mit mir schleppen müssen. In Folge einer unglücklichen Verbindung von Ideen nämlich, die eigentlich nichts mit einander gemein haben, konnte meine arme Mutter nie die Uhr aufziehen hören, ohne dass ihr der Gedanke an gewisse andere Dinge durch den Kopf fuhr – und umgekehrt – gewiss, eine jener seltsamen Ideenverbindungen, von denen der scharfsinnige Loke, der sich auf diese Dinge besser verstand, als die meisten Menschen, behauptet, sie haben mehr verkehrte Handlungen herbeigeführt, als alle anderen Quellen von Vorurteilen zusammen.
    Doch dies nur beiläufig.
    Nun sagt aber eine Notiz in meines Vaters Taschenbuch, das vor mir liegt: dass mein Vater an Maria Verkündigung, welche am 25. desselben Monats war, von welchem ich meine Zeugung datiere, mit meinem ältesten Bruder Robert nach London reiste, um ihn in die Schule von Westminster zu bringen; und in derselben Quelle heißt es ferner: er sei erst in der zweiten Woche des folgenden Mai wieder zu Weib und Kind zurückgekehrt – hierdurch wird die Sache also nahezu zur Gewissheit. Was aber zu Anfang des nächsten Kapitels kommt, setzt sie außer allen Zweifel.
    Aber sagen Sie mir doch, was Ihr Herr Vater im Dezember, Januar und Februar tat? – Meine verehrte Frau, er litt diese ganze Zeit über am Hüftweh.
     
    5. Kapitel
    Am 5. Tag des Novembers 1718, also so genau neun Kalendermonate nach jenem Ereignis als irgend ein Ehemann vernünftigerweise erwarten konnte, wurde ich, Tristram Shandy, Wohlgeboren, in diese schnöde und unheilvolle Welt gesetzt. Ich wollte, ich wäre in dem Mond geboren oder in einem Planeten – nur nicht im Jupiter oder Saturn, weil ich nie Kälte habe ertragen können – denn es hätte mir wohl in keinem schlechter ergehen können – nur für die Venus stehe ich nicht ein! – als auf unserem gemeinen, schmutzigen Planeten, von dem ich wahrhaftig glaube, dass er, mit Respekt zu vermelden, von den Abfällen der übrigen fabriziert wurde; nicht dass der Planet nicht an sich gut genug wäre, wenn man nur mit einem großen Titel oder einem großen Vermögen darauf geboren ist, oder es Einem auf irgend eine Weise gelingt, ein öffentliches Amt, eine Würde oder Machtstellung zu erringen, was mein Fall nun nicht war; und deshalb redet auch ein Jeder von dem Markte, wie er eben Geschäfte darauf gemacht hat, und gerade aus diesem Grunde behaupte ich noch einmal, dass es eine der niederträchtigsten Welten ist, die je gemacht wurden; denn ich darf in Wahrheit sagen, dass ich von der ersten Stunde an, wo ich darin Atem holte, bis zu der jetzigen, wo ich überhaupt kaum noch atmen kann, wegen eines Asthma's, das ich mir holte als ich in Flandern gegen den Wind Schlittschuh lief – dass ich das beständige Spiel und Gespött der sogenannten Fortuna gewesen bin; und wenn ich ihr auch Unrecht täte, wenn ich sagen wollte, sie habe mich jemals die Last eines großen oder außerordentlichen Unglücks fühlen lassen, so muss ich doch bei aller Gutmütigkeit von der Welt sagen, dass diese ungnädige Dame in jeder Lage meines Lebens, an jeder Windung und Ecke, wo sie mir beikommen konnte, mich mit einer ganzen Reihe so jammerwürdiger Abenteuer und Kreuzquerzüge überschüttet hat, als nur je ein kleiner Held erdulden musste.
     
    6. Kapitel
    Zu Anfang des letzten Kapitels habe ich Ihnen genau gesagt, wann ich geboren wurde; ich habe Ihnen aber noch nicht mitgeteilt, wie das geschah. Nein, diesen Umstand habe ich für ein besonderes Kapitel aufgespart. Da
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