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Lauf des Lebens

Lauf des Lebens

Titel: Lauf des Lebens
Autoren: LINDA HOWARD
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jedoch früh gelernt, was es hieß, besiegt zu werden und Dinge zu tun, die sie eigentlich nicht wollte. Doch mit ihrem stillen, störrischen Glauben an ein besseres Leben hatte sie sich immer wieder selbst aus den Tiefen der Verzweiflung herausgezogen. Dione hatte ihre Willensstärke selbst geschmiedet – im Feuer ihrer eigenen Schmerzen. Und die Frau, zu der sie geworden war, die Unabhängigkeit, die Fähigkeiten und die Reputation, die sie erlangt hatte, waren ihr zu wertvoll, als dass sie sich jetzt erlauben wollte, zurückzurudern. Das hier war di e Herausforderung ihrer Karriere, und sie würde ihre geballte Willenskraft benötigen, um sie zu meistern.
    Und deshalb fragte sie ihn ganz unverblümt: „Genießen Sie es, anderen Menschen leidzutun?“
    Serena schnappte nach Luft, und selbst Richard entfuhr ein unwillkürlicher Laut, doch er hatte sich schnell wieder unter Kontrolle. Dione verschwendete keinen Blick auf ihn. Sie hielt ihre Augen auf Blake gerichtet, beobachtete den Aufruhr in seinen Augen, sah, wie die Zornesröte langsam verblasste und sein Gesicht völlig weiß wurde.
    „Sie Miststück“, sagte er mit hohler, brüchiger Stimme.
    Sie zuckte die Schultern. „Schauen Sie, so kommen wir nicht weiter. Lassen Sie uns einen Deal machen: Sie sind so schwach, dass Sie im Armdrücken gegen mich verlieren – darauf wette ich. Wenn ich gewinne, bleibe ich, und Sie akzeptieren die Therapie. Wenn Sie gewinnen, gehe ich durch die Tür da durch und komme nie wieder. Was meinen Sie?“

2. KAPITEL
    Blake hob den Kopf, kniff die Augen leicht zusammen und ließ seinen Blick über Diones schlanke, anmutige Gestalt und ihre weiblichen Reize schweifen. Sie konnte seine Gedanken lesen. Obwohl er so dünn war, wog er sicher immer noch vierzig, vielleicht sogar fünfzig Pfund mehr als sie. Und er ging davon aus, dass Männer unter normalen Umständen stärker waren als Frauen, selbst wenn sie dasselbe Gewicht hatten. Dione verkniff sich ein Lächeln, denn sie wusste, dass dies hier keine normalen Umstände waren. Blake war zwei Jahre lang völlig passiv gewesen, während sie nahezu in Topform war. Sie war Physiotherapeutin: schon von Berufs wegen musste sie kräftig sein. Sie war schlank, ja, aber jeder Zentimeter ihres Körpers bestand aus kräftigen, geschmeidigen Muskeln. Sie joggte, sie schwamm, sie machte regelmäßig Stretching, und – das Wichtigste – sie stemmte Hanteln. Denn sie brauchte eine erhebliche Armkraft, um Patienten zu bewegen, die das nicht mehr aus eigenem Antrieb konnten. Sie musterte Blakes dünne, weiße Hände und wusste, dass sie gewinnen würde.
    „Tu das nicht!“, warnte Serena in scharfem Ton. Nervös knetete sie ihre Hände.
    Blake drehte sich um und sah seine Schwester ungläubig an.
    „Du glaubst, dass sie mich besiegen kann, stimmt’s?“, murmelte er. Doch seine Worte waren eher eine Feststellung als eine Frage.
    Serena war angespannt. Sie starrte Dione mit einem eigentümlich flehenden Ausdruck an. Dione verstand: Serena wollte ihrem Bruder die Demütigung ersparen. Das wollte sie selbst auch. Aber vor allem wollte sie, dass er in die Therapie einwilligte. Deshalb war sie zum Äußersten bereit, nur um ihm vor Augen zu führen, was er sich selbst antat. Sie versuchte, diesen Gedanken mit ihrem Blick zu übermitteln, denn laut konnte sie ihn nicht aussprechen.
    „Antworte mir!“, brüllte Blake unvermittelt. Er war aufs Äußerste angespannt.
    Serena biss sich auf die Unterlippe. „Ja“, sagte sie schließlich, „ich glaube, sie kann dich besiegen.“
    Alle schwiegen, und Blake saß wie versteinert da. Dione, die ihn aufmerksam beobachtete, spürte den Moment, in dem er seine Entscheidung fällte. „Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden, stimmt’s?“, sagte er herausfordernd und wendete den Rollstuhl mit einem schnellen Knopfdruck. Dione folgte ihm zu seinem Schreibtisch, neben dem er den Rollstuhl parkte.
    „Besser wäre es, wenn Sie keinen motorisierten Rollstuhl hätten“, bemerkte sie wie nebenbei. „Ein manuell bedienbarer Rollstuhl hätte Ihren Oberkörper entsprechend fit gehalten. Dies ist ein sehr moderner, schicker Rollstuhl, aber er tut Ihnen nicht gut.“
    Er warf ihr einen nachdenklichen Blick zu, ging aber nicht weiter auf ihre Bemerkung ein. „Setzen Sie sich“, bat er und deutete auf den Platz an seinem Schreibtisch.
    Dione ließ sich Zeit. Sie fühlte keine Genugtuung und Freude über ihren bevorstehenden Sieg. Das Armdrücken war ein
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