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Last days on Earth

Last days on Earth

Titel: Last days on Earth
Autoren: Susanne Gerdom
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Danke, ich finde selbst
hinaus.«
    Vor der Tür machte sie sich durch ein paar Flüche Luft, zog ihr
Handy aus der Tasche, wählte eine Nummer und blickte mit zusammengekniffenen
Augen in den dämmrigen Abendhimmel. Die Sonne war vor ein paar Minuten
untergegangen. Also …
    Â»Kit«, sagte sie, als der Anruf angenommen wurde, »ich bin gerade
auf dem Weg nach Hause und dachte, ich könnte vielleicht bei dir vorbeikommen.«
Sie lauschte der lakonischen Antwort und grinste. »Bis gleich.«

 

    12. 19. 19. 03. 19.
    Der Daimon trieb sie zwischen Duschkabine und Toilette in
die Enge. Seine Zähne, lang und gelb, näherten sich ihrer Kehle, und sein nach
Fäulnis und Verwesung stinkender Atem strich über ihr Gesicht.
    Karla schrie und schlug heftig um sich. Erst als sie menschliche
Haut spürte, gelang es ihr, die Fangarme des Albtraums abzuschütteln und sich
mit einem erleichterten Stöhnen gegen eine warme Schulter sinken zu lassen. Sie
genoss die feste Berührung seiner Hände. »Wieder der gleiche Traum?«, fragte er
nach einer Weile, als ihr Atem ruhiger ging.
    Â»Zweimal in einer Nacht«, erwiderte sie. »Kit, das war doch nicht
der erste Daimon, den ich erledigt habe. Wieso verfolgt er mich?«
    Er klopfte sein Kissen zurecht, lehnte sich zurück und zog sie in
seine Armbeuge. »Du hast eine schlimme Zeit hinter dir«, sagte er. »Die Sache
mit Fokko, dass sie dir deinen Fall abgenommen haben, der neue Partner – du
bist angeschlagen, Lovey.« Er nahm ihre Hand und küsste ihre Finger. »Soll ich
für ein wenig Ablenkung sorgen?«
    Â»Schon wieder, Mr. Marley?« Sie lächelte zu ihm auf. Ȇbernehmen Sie
sich nicht?«
    Er lachte. Sein dunkelblondes, kinnlanges Haar und die dunklen Augen
glichen immer noch denen seines Jugendbildnisses, das als Reproduktion in
seinem Arbeitszimmer hing. Aber die Zeit hatte die weichen Linien des jungen
Gesichtes zu Kanten geschliffen und um seine Augen kleine Fältchen gezeichnet.
Sein Äußeres war immer noch das eines jungen Mannes – bis man in seine Augen
sah.
    Â»Musst du nicht arbeiten?«, fragte Karla nach einer Weile.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe Thomas Bescheid gesagt, er kann
mich gut mal eine Nacht vertreten. Im Casino ist im Moment sowieso nicht viel
los, und um die Mädchen kümmert sich Angelika.«
    Â»Hmmm«, brummte Karla und streckte sich. »Dann können wir ja noch
zusammen frühstücken. Wann geht die Sonne auf?«
    Er lächelte nur.
    Es war ein bedeckter Morgen, und das Licht im Zimmer war
dämmrig. Karla tappte auf bloßen Füßen zum Fenster und schob vorsichtig den
Vorhang auf. Keine Sonne. Sie hörte Kit im Badezimmer. Er sang leise vor sich
hin, einen elisabethanischen Schlager, das machte er immer, wenn er gut gelaunt
war.
    Â»Where the bee sucks, there suck I: In a cowslip’s bell I lie«,
schmetterte er unter der Dusche. Er sang einen ungeschulten, aber angenehmen
Tenor; ein schöner Kontrast zu seiner Sprechstimme, die eher tief war.
    Karla legte sich
ins Bett zurück und fiel im Alt ein: »Merrily, merrily shall I live now; under
the blossom that hangs on the bough.«
    Er kam aus dem Badezimmer und lachte sie an, während er »Merrily,
merrily, shall I live now«, wiederholte und sich hinunterbeugte, um sie zu
küssen. Sie sah, dass er sich beim Rasieren geschnitten hatte, und tupfte mit
der Zunge das Blutströpfchen von seiner Wange.
    Er schob sie sanft weg. »Sei vorsichtig, Lovey! Du willst dich doch
nicht infizieren.«
    Karla streckte sich und gähnte. »Es gibt Tage, an denen ich das in
Erwägung ziehe«, sagte sie träge.
    Seine dunklen Augen begannen zu funkeln. »Ich bin da.«
    Als sie am Frühstückstisch saßen, lehnte Kit sich in seinen
Lieblingssessel und schnitt ein Croissant auf. Er fand die französische Methode
barbarisch, sie einfach nur in den Kaffee zu tunken. Er schob Karla den Teller
mit dem butterbestrichenen Croissant hin. »Es wäre schön, wieder mal einen
Spaziergang bei Tageslicht machen zu können.«
    Â»Ja, das wäre schön«, erwiderte Karla und gab sich Mühe, ihre Stimme
neutral klingen zu lassen. Kit hasste Mitleid.
    Â»Ich habe ein Gedicht geschrieben«, erklärte er, um einen
Themenwechsel bemüht. »Vorgestern. Du kennst es noch nicht.«
    Karla kämpfte weiterhin um einen
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