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Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Titel: Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)
Autoren: Niccolò Ammaniti
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und hustete. Neben ihm Larita, die ebenfalls unentwegt hustete.
    »Geht’s?«, japste die Sängerin.
    Saverio versuchte, mit Händen und Füßen in den Grabnischen Halt zu finden. Die Strömung war stark, wenn er nur einen Moment nachließ, würde er mitgerissen. »Ja. Es geht.«
    Mit einer Hand hielt sich Larita an einem Felsvorsprung fest. »Alles in Ordnung?«
    »Alles klar.« Und, um überzeugender zu klingen, wiederholte er es. »Alles klar.«
    Aber es stimmt nicht. Offenbar hatte er sich das rechte Bein gebrochen. Als sie von der Strömung erfasst worden waren, war er heftig an eine Wand geknallt.
    Mit der rechten Hand ließ er den Felsen los und betastete die Stelle, wo es wehtat. Er spürte …
    O Gott .
    … einen langen, spitzen Splitter aus dem Fleisch ragen.
    Ein Stück Holz, irgendetwas, hat sich in den Oberschenkel gebohrt …
    Dann begriff er und hätte beinah losgelassen.
    Das war sein gebrochener Oberschenkelknochen, der wie ein Messer aus dem Bein herausragte. Sein Kopf begann sich zu drehen. Die Ohren waren kochend heiß. Die Luftröhre verschloss sich. Etwas Saures stieg ihm bis in den Gaumen.
    Gleich werde ich ohnmächtig .
    Aber das ging nicht. Wenn er ohnmächtig wurde, würde die Strömung ihn fortreißen. Er rührte sich nicht, klammerte sich an den Felsen und wartete, dass das Schwindelgefühl nachließ.
    »Was sollen wir tun?« Laritas Stimme hallte aus der Ferne.
    Saverio übergab sich und schloss die Augen.
    »Sollen wir hierbleiben und auf Hilfe warten?«
    Um zu antworten, musste er alle Kraft zusammennehmen. »Ich weiß nicht.«
    Ich verblute .
    Das Wasser hinderte ihn daran, die Wunde zu sehen. Und das war gut so.
    »Ich auch nicht«, sagte Larita nach einer Weile. »Aber hier können wir nicht bleiben.«
    Bitte hilf mir, ich sterbe , hätte er am liebsten gesagt. Aber das ging nicht. Er war doch ein Mann.
    Wie absurd  … Es war noch keine achtundvierzig Stunden her, da war er noch ein trister Angestellter in einem Möbelhaus gewesen, ein Versager, der von seiner Familie terrorisiert wurde, und nun befand er sich zusammen mit der größten Sängerin Italiens in einer überschwemmten Katakombe und war im Begriff zu verbluten.
    Die Ironie des Schicksals gewährte ihm eine einzigartige Chance. Sie, die nichts über ihn wusste, nichts von seinem angeborenen Pech ahnte, würde ihn so sehen und nur danach beurteilen, wie er sich in diesem Augenblick verhielt.
    Einmal im Leben würde er als Held dastehen. Als Mann ohne Furcht. Als Samurai.
    Wie hieß es noch gleich bei Yamamoto Tsunetomo im Hagakure? »Der Weg des Samurai ist eine Todessehnsucht.«
    Er spürte, wie sich die Willenskraft in seinen schmerzenden Eingeweiden zu einem harten Klumpen verfestigte.
    Zeig ihnen, wer Saverio Moneta ist.
    Er öffnete die Augen. Es war dunkel, aber er konnte die Knochen der Toten erkennen, die um ihn herumschwammen. Von irgendwo musste also ein wenig Licht einfallen.
    Larita konnte sich nur noch mit Mühe halten. »Ich glaube, das Wasser steigt.«
    Saverio versuchte, die Schmerzen zu ignorieren und sich zu konzentrieren. »Hör zu … Bald ist die Luft verbraucht. Und wer weiß, wann Hilfe kommt. Wir müssen es allein schaffen.«
    »Wie denn?«, erwiderte Larita.
    »Ich glaube, ich sehe einen Lichtstrahl, da drüben. Siehst du das auch?«
    »Ja … ganz schwach.«
    »Gut. Da müssen wir hin.«
    »Aber wenn ich loslasse, zieht es mich nach unten.«
    »Ich halte dich fest.« Mantos grub die Finger in den brüchigen Tuffstein und bewegte sich auf Laritas Stimme zu. »Warte … Ich nehme dich huckepack.« Der Schmerz vernebelte ihm die Sicht. Um nicht zu brüllen, packte er einen der herumschwimmenden Knochen und steckte ihn sich zwischen die Zähne. Dann zog er die Frau zu sich ran, die sich an seinen Schultern festhielt und ihm die Beine um den Rumpf schlang.

74 Matteo Saporelli war ein Fisch.
    Oder vielmehr ein Thunfisch mit gelber Flosse. Nein, eher noch ein Delfin. Ein herrliches Delfinmännchen, das in den geheimnisvollen Ruinen von Atlantis umherschwamm. Mit angelegten Armen bewegte er den Kopf auf und ab, synchron mit den Beinen, die parallel paddelten.
    Ich bin ein Meeressäuger .
    Er erkundete die Überreste einer großartigen Zivilisation, die in den Abgründen des Ozeans versunken war. Jetzt war er in den langen Gängen, die zu den königlichen Gemächern führten. Mit seinen scharfen Augen erkannte er Gold, Edelsteine, antike, mit Algen und Korallen bedeckte Schmuckstücke. Er sah
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