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Langoliers

Titel: Langoliers
Autoren: Stephen King
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und kramte darin herum. »Als ich Morts Büro ausgeräumt habe, habe ich den Hut – diesen grässlichen schwarzen Hut – hinter dem Schreibtisch gefunden. Ich bin ziemlich erschrocken, weil ich nicht damit gerechnet hatte. Ich war der Meinung, die Polizei hätte ihn als Beweisstück mitgenommen oder so. Ich habe ihn mit einem Stock herausgefischt; er kam mit der Öffnung nach oben heraus. Dann habe ich ihn mit diesem Stock hinausgetragen und in den Mülleimer geworfen. Verstehen Sie?«
    Ted verstand eindeutig nicht; Evans verstand eindeutig. »Sie wollten ihn nicht anfassen.«
    »Ganz recht. Ich wollte ihn nicht anfassen. Er landete auf einer der grünen Mülltüten – und zwar mit der Öffnung nach unten, das schwöre ich. Eine Stunde später ging ich dann mit einer Tüte alter Medikamente und Shampoo und Sachen aus dem Bad hinaus. Als ich den Deckel der Mülltonne aufmachte, um hineinzusehen, war der Hut umgedreht. Und das hier steckte im Schweißband.« Sie holte ein gefaltetes Papier aus der Handtasche und reichte es Evans mit einer Hand, die immer noch unmerklich zitterte. »Es war nicht da, als ich den Hut hinter dem Schreibtisch hervorgeholt habe. Das weiß ich.«
    Evans nahm das gefaltete Blatt Papier und hielt es einen Augenblick nur in der Hand. Es gefiel ihm nicht. Es schien zu schwer zu sein, und irgendwie war die Beschaffenheit nicht richtig.
    »Ich glaube, es gab einen John Shooter«, sagte sie. »Ich glaube, er war Morts größte Schöpfung – eine so lebhaft gezeichnete Figur, dass sie tatsächlich lebendig wurde. Und ich glaube, dies ist eine Botschaft von einem Geist.«
    Er nahm das Blatt Papier und faltete es auf. In der Mitte stand folgende Nachricht:
     
    Missus – der ganze Ärger tut mir leid. Alles ist außer Kontrolle geraten. Ich kehre nun in meine Heimat zurück. Ich habe meine Geschichte, wegen der ich in erster Linie gekommen bin. Sie trägt den Titel ›Hahnenfuß-Meile‹ und ist ein echter Schlager.
     
    Ihr ergebener

     
    Die Unterschrift war ein kühner Krakel unter den säuberlich geschriebenen Zeilen.
    »Ist das die Unterschrift Ihres verstorbenen Mannes, Amy?« fragte Evans.
    »Nein«, sagte sie. »Keinerlei Ähnlichkeit.«
    Die drei saßen im Büro und sahen einander an. Fred Evans versuchte, sich etwas zu überlegen, was er sagen könnte, aber es gelang ihm nicht. Nach einer Weile konnten sie das Schweigen (und den Geruch von Ted Milners Pfeife) nicht mehr ertragen. Daher bedankten sich Mr. und Mrs. Milner, verabschiedeten sich und verließen das Büro, um ihr Leben zu leben, so gut sie konnten, und Fred Evans lebte sein Leben, so gut er konnte. Und manchmal wachten sowohl er wie auch die Frau, die mit Morton Rainey verheiratet gewesen war, aus Träumen auf, in denen ein Mann mit rundem schwarzem Hut sie aus von der Sonne gebleichten Augen in einem Netz aus Falten ansah. Er sah sie ohne Liebe an … aber, dachten sie beide, mit einer Art strengem Mitleid.
    Es war kein gütiger Ausdruck, der kein tröstliches Gefühl hinterließ, aber sie spürten auch beide, in ihren unterschiedlichen Wohnorten, dass es ihnen gelingen konnte, mit diesem Ausdruck zu leben. Und ihre Gärten zu hegen.

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