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Land des Todes

Land des Todes

Titel: Land des Todes
Autoren: Alison Croggon
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einem oberen Fenster Licht brannte, blieb die Tür fest verschlossen. Schließlich gab ich auf, schüttelte mir das Wasser aus den Augen und sah mich nach einem behelfsmäßigen Unterstand um; vielleicht würde sich das Unwetter rasch verziehen, und ich könnte wieder den Rückweg antreten. Wie ich feststellte, gab es einige Nebengebäude, vielversprechender erschien mir jedoch zu sein, dass ich hinter dem Haus einen kleinen Innenhof entdeckte. Vielleicht hielt sich dieser Mann, Damek, – so er zu Hause war – ja irgendwo im hinteren Bereich des Hauses auf und hatte mich aufgrund des Gewittertosens schlichtweg nicht gehört. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und lugte über die Mauer. Ich entdeckte ein Fenster und durch das Fenster den an der Wand flackernden Widerschein eines mächtigen brennenden Kamins.
    Mittlerweile war ich völlig durchnässt und fror – verlockt durch den angenehmen Vormittag hatte ich lediglich einen leichten Mantel angelegt. Ich vergaß, wie laut der Sturm war, und wurde von einer vernunftwidrigen Wut erfasst. Wie konnte es jemandem dermaßen an Mitgefühl mangeln, dass er einen Reisenden unbeachtet vor der Tür stehen ließ? Zumal bei solchem Wetter! Obendrein im Hochland, wo die Pflichten gegenüber einem Gast als heilig galten, als Ehrensache, als Angelegenheit auf Leben und Tod! Ich kletterte auf ein altes Regenfass, hievte mich über die Mauer und ließ mich in den dunklen Hof hinab.
    Kaum hatte ich den Boden berührt, erkannte ich, dass ich einen schweren Fehler begangen hatte: Ein regelrechter Höllenhund, der sich bislang still verhalten hatte, stürmte aus den Schatten hervor und bellte, als wollte er die Toten wecken. Wäre ich nicht in blinder Panik zur Tür gehechtet, hätte ermir wohl die Kehle herausgerissen; stattdessen fügte er mir einen höchst schmerzhaften Biss ins Bein zu. Es hätte mein Ende bedeuten können, wäre die Hintertür versperrt gewesen, doch zu meinem großen Glück war sie es nicht, und ich stürzte samt dem knurrenden Hund wie ein nasser Sack mitten in eine riesige Küche.
    Jemand zog den Hund von mir, wenngleich erst, nachdem er mich ein weiteres Mal gebissen hatte, und scheuchte das Tier mit einem Stock zur Tür hinaus. Ich saß da und rang nach Luft. Und während ich mich von dem Schrecken des Angriffs erholte, wurde mir klar, dass ich in schmachvoller Weise auf dem Boden kauerte und meine blutende Wade umklammerte. Ein kräftig gebauter, hemdsärmeliger Mann mit schwarzen, buschigen Brauen, eindeutig ein Diener, stand über mir und betrachtete mich ohne besondere Freundlichkeit im Blick.
    »Wer, zum Henker, sind Sie?«, verlangte er zu erfahren.
    Ich versuchte, die kargen Scherben dessen aufzuklauben, was von meiner Würde noch übrig war.
    »Mein Name ist Hammel.« Ich bemühte mich, meine Schmerzen nicht zu beachten, und untersuchte meine Stulpen, die sich bedauerlicherweise als blutbefleckt erwiesen. »Ich wollte meinem Verpächter meine Aufwartung machen, und das ist der jämmerliche Lohn dafür. Ich habe an der Vordertür geklopft, aber niemand hat geantwortet, und in meiner Verzweiflung, dem Unwetter zu entfliehen, wollte ich es hinten versuchen …«
    Der Mann lächelte spöttisch und wandte sich wortlos ab. Angefacht von den jüngst durchlebten Schrecken entflammte mein Zorn erneut.
    »Auch wenn Ihr Master nicht zu Hause ist, so ist das keine Entschuldigung für derart armselige Gastfreundschaft!«, empörte ich mich. »Sie bringen Schande über seinen Namen. Und Sie können sicher sein, dass er davon erfahren wird, Sie Hundesohn. Ich werde dafür sorgen, dass er Sie auspeitschen lässt.«
    Der Mann drehte sich zurück zu mir, und zu meinem Erstaunen sah ich, dass ein teuflisches Lachen in seinen Augen funkelte. »Und was ist mit Ihren Manieren? Sie poltern hier uneingeladen herein und besudeln meinen Boden?«
    Seine Unverschämtheit verschlug mir die Sprache; ich saß da, öffnete und schloss den Mund wie ein Fisch. Da jedoch hockte er sich hin und untersuchte, ohne mich eines Blickes zu würdigen, mein Bein. Er grunzte.
    »Sie haben Glück«, befand er und richtete sich wieder auf. »Percha hätte Ihnen an die Gurgel gehen können. Aber das ist nur ein Kratzer; den überleben Sie.« Er öffnete einen Schrank, holte einen Lappen hervor, goss Wasser aus einem Krug in eine Schüssel und reichte mir beides. »Da. Machen Sie sich sauber.«
    Wie benommen nahm ich die Gegenstände an mich, immer noch fassungslos ob seiner Unhöflichkeit.
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