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Land des Todes

Land des Todes

Titel: Land des Todes
Autoren: Alison Croggon
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menschlichen Gesicht gesehen habe. Dann setzte sie sich auf eine Bank am Feuer und verhielt sich weiter so, als gäbe es mich gar nicht,obwohl ich mich kaum anderthalb Meter von ihr entfernt befand.
    Nun fühlte sich meine Lage doppelt ungemütlich an; und erschwerend kam hinzu, dass ich äußerst hungrig wurde. Letzteres Problem jedoch wurde prompt gelöst, als Lina nach einigen barschen Befehlen von Damek verdrießlich einen schwarzen Eisentopf über die Kochstelle schwang und etwas Suppe aufwärmte. Diese servierte sie lieblos in einst feinen Porzellanschalen, die mittlerweile, wie alles in der Küche, Sprünge und Kratzer aufwiesen.
    Ich dankte meiner Gastgeberin, wofür sie mich mit einem verächtlich-finsteren Blick bedachte. Damek lachte.
    »Vergeuden Sie für die keinen Atem«, riet er mir.
    Lina kam dem Einwand, der mir auf der Zunge lag, mit einem üblen Fluch zuvor. Doch zu meinem Verdruss drehte sie sich mir statt Damek zu. »Halten Sie sich bloß nicht für was Besseres«, sagte sie zu mir. »Ich kenne Leute Ihrer Art. Er mag ein Teufel sein, aber Sie sind nur eine stinkende Laus.«
    Völlig entgeistert von ihrem unprovozierten Angriff ertappte ich mich dabei, wie ein Narr zu stammeln, bevor ich mich auf meine Mahlzeit konzentrierte. Ihr unverhohlener Hohn schmerzte meine Eitelkeit. Ich fragte mich, ob sie verrückt war oder zu der Sorte Frau gehörte, die grundsätzlich alle Männer hasste. Eine Zeit lang bildete das Schaben von Löffeln auf Geschirr die einzigen Geräusche im Raum.
    Zur Auflockerung versuchte ich, ein Gespräch in Gang zu bringen, zumal mein launenhafter Gastgeber nun beinah herzlich wirkte; aber alles, was ich sagte, verwandelte Damek in eine Gelegenheit, Lina zu piesacken. Wenn sie überhaupt etwas erwiderte, dann auf eine Weise, die meine Meinung von ihr noch weiter sinken ließ. Ja, sie gebärdete sich derart unwirsch und rüpelhaft, dass ich bald den starken Wunsch verspürte, sie zu schlagen, und fast zu dem Schluss gelangte, sie verdiene die Behandlung, die ihr widerfuhr. Ich fragte mich,ob Damek durch ihre ständige Gesellschaft so griesgrämig geworden war.
    Die Suppe schmeckte überraschenderweise köstlich, doch meine Gastgeberin nahm meine Komplimente mit Gleichgültigkeit auf. Natürlich erwartete ich inzwischen nichts anderes mehr.
    »Zufällig«, ergriff Damek mit einem boshaften Blick zu Lina das Wort, »habe ich die Suppe gekocht. Lina ist zu nichts nütze. Außer in einer Hinsicht, und selbst das muss man aus ihr herausprügeln.«
    Lina erwiderte nichts, und ich stellte fest, dass ich sie wider besseres Wissen zu verteidigen versuchte.
    »Mein Herr, es ist ungehobelt, so etwas über eine Dame zu sagen …«, setzte ich an.
    »Eine Dame?«, fiel mir Damek ins Wort und lachte. »Ich dachte, inzwischen wüssten selbst Sie es besser.«
    Lina sprang von ihrem Stuhl auf, verschüttete ihre Suppe auf den Tisch und stürzte sich auf Damek, kratzte nach seinen Augen. Er schlug ihr mitten ins Gesicht, ein übelkeiterregender Hieb, der sie halb durch den Raum schleuderte. Anfangs lag sie so still, dass ich einen Augenblick lang fürchtete, sie wäre tot; dann jedoch rührte sie sich und rappelte sich auf Hände und Knie. Das Haar hing ihr kreuz und quer ins Gesicht wie Rattenschwänze. Ihre Lippe blutete.
    »Du Sohn einer verkommenen Hure!«, stieß sie hervor.
    Sie sagte es mit solcher Gehässigkeit, dass ich glaubte, Damek würde augenblicklich verstummen, doch stattdessen sah er mich komplizenhaft an. Ich fühlte mich auf Anhieb angewidert.
    »Sehen Sie?«, sagte der. »Es besteht ein gewisser oberflächlicher Reiz, das räume ich ein, aber im Inneren ist sie völlig verdorben.« Er wandte sich an Lina. »Geh zurück in dein Zimmer, sonst verpasse ich dir die Tracht Prügel, die du verdienst.«
    Sie schrak so vor ihm zurück, dass ich sie plötzlich bemitleidete, dann sammelte sie sich und verließ den Raum. Dameks Blick folgte ihr, bis sich die Tür hinter ihr schloss.
    »Tja«, meinte er und drehte sich wieder mir zu, ohne die geringsten Anzeichen von Verlegenheit erkennen zu lassen. »Da sehen Sie die Vorzüge des Ehelebens. Ich rate Ihnen, sich nicht darauf einzulassen.«
    »Sie ist Ihre Frau?«, entfuhr es mir voll unwillkürlichem Erstaunen. Ich war von der Szene, die ich soeben bezeugt hatte, dermaßen entgeistert, dass ich kaum wusste, was ich sagte.
    Damek ließ sich zu keiner Antwort herab. Ich gab alle Versuche auf, gesellig zu sein, und starrte missmutig ins
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