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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten
Autoren: Ilona Andrews
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verzog das Gesicht. Sie leerten ihre Gläser, und William schenkte nach.
    »Wie geht der Umzug voran?«, fragte William, um überhaupt etwas zu sagen.
    »Gut«, antwortete Gustave. »Ein wenig zäh. Wir haben nur noch fünfzehn Erwachsene, die ordentlich zupacken können, aber die Hälfte davon ist verwundet. Cerise tut, was sie kann. Wir müssten bald fertig werden. Ende der Woche essen wir zum letzten Mal im Haus. Es wäre uns eine Ehre, wenn Sie uns Gesellschaft leisten könnten. Wir sind von hier aus kaum zu verfehlen – folgen Sie einfach dem Fluss. Ich weiß, dass es meiner Tochter sehr viel bedeuten würde.«
    »Sie will mich nicht sehen«, erwiderte William.
    Gustave rieb sich das Gesicht. »Da haben Sie recht. Sie will Sie nicht sehen. Deshalb staucht meine Tochter, seit ich zurück bin, auch alles und jeden zusammen. Und schlafen tut sie auch nicht. Oder essen. Ganz zu schweigen von der ewigen Heulerei. Dabei war sie eigentlich nie eine Heulsuse. Nicht mal als Kind.«
    »Was sagen Sie da?«
    Gustave erhob sich. »Ich sage, dass meine Tochter glaubt, Sie hätten sie sitzen gelassen. Sie glaubt, Sie wollten sie nicht mehr und alles sei aus, und das bricht ihr das Herz. Allerdings ist sie zu stolz, um herzukommen und zu betteln. Und ich habe den Eindruck, Sie sind zu stolz, um sie sich zu holen. Die Hand und die Fehde haben mir meine Frau geraubt, William. Sie war mein Leben … mein Ein und Alles. Beinahe hätten sie meine Familie zerstört. Ich will nicht dabeistehen und zusehen, wie dieser verfluchte Mist auch noch meine Tochter fertigmacht. Denken Sie darüber nach. Bitte.«
    Damit ging er.
    Zehn Minuten später brach William ins Moor auf.
    Das Rattennest hatte sich nicht verändert, dachte William und wackelte mit seinen pelzigen Ohren. Er lag gegen den Wind vom Haus zwischen den Wurzeln einer großen Kiefer. Vor ungefähr einer Stunde war er hier in Deckung gegangen. Die Spiegel-Leute, die das Haus bewachten, entdeckten ihn, ließen ihn aber gewähren.
    Cerise hielt sich im Haus auf.
    Er versuchte, ihren Geruch aufzufangen, fand aber nichts.
    Wenn er nun dort eindrang und sie ihm zu verschwinden befahl … war er nicht sicher, ob er es tun würde. Er wusste ja nicht mal, was zur Hölle er eigentlich hier wollte. Seine Pläne liefen alle darauf hinaus, das Haus aufzusuchen. Ja, und nun lag er davor und hatte keinen Schimmer, wie es weitergehen sollte.
    Die Fliegengittertür ging auf, und Lark lief die Stufen herunter. Sie trug Jeans. Ihr Hemdchen war sauber und ihr Haar ausgebürstet. Sie hatte einen Stapel Kleider im Arm.
    Dann änderte sie ihre Richtung und kam genau auf ihn zu.
    William drückte sich in den Schatten der Kiefer und wollte sich kleiner machen.
    Sie blieb ein kleines Stück vor ihm stehen. »Ich kann dich sehen, weißt du? Du bist nämlich so groß wie ein Pferd.«
    William jaulte sie an. Weg da, Kleine .
    Lark legte die Klamotten auf die Erde. »Sie ist im Innenhof. Dad meinte, du könntest da rum durch den Nebeneingang gehen, damit du nicht durchs ganze Haus trampeln musst.«
    Sie drehte sich um und lief weg. William seufzte und verbarg die Wildheit tief in seinem Innern. Der Schmerz fuhr ihm in die Knochen, dann war er wieder menschlich. Er zog sich an und huschte durch den Nebeneingang, die Eingangshalle und auf den Innenhof hinaus.
    In dem kleinen Garten an der Mauer blühten noch die Blumen. Der Waffenständer befand sich draußen, und dahinter trainierte Cerise, genau wie an dem Morgen vor nunmehr vier Wochen. Fehlten bloß noch Kaldar und Gaston, die an der Seitenlinie tratschten, sowie Großmutter Az, die auf der Steinbank thronte.
    Cerises Klinge schnitt mit veredelter Eleganz durch die Luft. So schön … so wunderschön, flink und mörderisch und …
    Dann sah sie ihn. Und ihre Hiebe kamen umso wütender.
    Das musste er jetzt klug einfädeln, allerdings hatte er keine Ahnung, was er sagen sollte. Aber er würde alles dafür geben, wenn sie ihn noch wollte.
    »Hallo, Lord Sandine«, sagte sie. »Danke, dass Ihr meinen Vater befreit habt. Wir stehen tief in Eurer Schuld.«
    Mit großen Schritten ging William zum Waffenständer und wählte die Klinge eines Truchsess, das größte, längste und schwerste Schwert im Ständer. Bis er damit umgehen konnte, würden Zeitalter ins Land ziehen.
    Cerise schlug mit geschmeidiger Heftigkeit auf die Luft ein, ihre Hiebe erfolgten immer noch mit übernatürlicher Schnelligkeit.
    William räusperte sich. Sie drehte sich um und blickte ihn
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