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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera
Autoren: Theodor Fontane
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von den Menschlichen unter den Menschen. Und es ist mir,
    als wär' es gestern gewesen. Und auf diese Menschlichen baut' ich meine Zukunft und rechnete darauf,
    daß sie's versöhnen würde: ich liebte dich! Aber es war ein Fehler, und auch die Menschlichen haben
    mich im Stich gelassen. Und jetzt muß ich sagen, sie hatten recht. Denn die Liebe tut es nicht, und die
    Treue tut es auch nicht. Ich meine die Werkeltags-
    treue, die nichts Besseres kann als sich vor Untreue bewahren. Es ist eben nicht viel, treu zu sein, wo
    man liebt und wo die Sonne scheint und das Leben
    bequem geht und kein Opfer fordert. Nein, nein, die bloße Treue tut es nicht. Aber die bewährte Treue,
    die tut es. Und nun kann ich mich bewähren und will es und werd' es, und nun kommt meine Zeit. Ich will nun zeigen, was ich kann, und will zeigen, daß alles Geschehene nur geschah, weil es geschehen mußte,
    weil ich dich liebte, nicht aber, weil ich leicht und übermütig in den Tag hineinlebte und nur darauf aus war, ein bequemes Leben in einem noch bequeme-ren fortzusetzen.«

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    Er sah sie glücklich an, und der Ausdruck des Selbst-suchtslosen in Wort und Miene riß ihn aus der tiefen Niedergedrücktheit seiner Seele heraus. Er hoffte
    nun selber wieder, aber Bangen und Zweifel liefen
    nebenher, und er sagte bewegt: »Ach, meine liebe
    Melanie, du warst immer ein Kind, und du bist es
    auch in diesem Augenblicke noch. Ein verwöhntes
    und ein gutes, aber doch ein Kind. Sieh, von deinem ersten Atemzuge an hast du keine Not gekannt, ach,
    was sprech' ich von Not, nie, solange du lebst, ist dir ein Wunsch unerfüllt geblieben. Und du hast gelebt
    wie im Märchen von ›Tischlein, decke dich‹, und das Tischlein hat sich dir gedeckt, mit allem, was du wolltest, mit allem, was das Leben hat, auch mit
    Schmeicheleien und Liebkosungen. Und du bist ge-
    liebkost worden wie ein King-Charles-Hündchen mit
    einem blauen Band und einem Glöckchen daran. Und
    alles, was du getan hast, das hast du spielend getan.
    Ja, Melanie, spielend. Und nun willst du auch spie-
    lend entbehren lernen und denkst: es findet sich.
    Oder denkst auch wohl, es sei hübsch und apart, und schwärmst für die Poetenhütte, die Raum hat für ein glücklich liebend Paar, oder wenigstens haben soll .
    Ach, es liest sich erbaulich von dem blankgescheuerten Eßtisch und dem Maienbusch in jeder Ecke und
    von dem Zeisig, der sich das Futternäpfchen selber
    heranzieht. Und es ist schon richtig: die gemalte
    Dürftigkeit sieht geradeso gut aus wie der gemalte
    Reichtum. Aber wenn es aufhört, Bild und Vorstel-
    lung zu sein, und wenn es Wirklichkeit und Regel
    wird, dann ist Armut ein bitteres Brot und Muß eine harte Nuß.«

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    Es war umsonst. Sie schüttelte nur den Kopf, immer
    wieder, und sagte dann in jener einschmeichelnden
    Weise, der so schwer zu widerstehen war: »Nein,
    nein, du hast unrecht. Und es liegt alles anders, ganz anders. Ich hab' einmal in einem Buche gelesen, und nicht in einem schlechten Buche, die Kinder, die Nar-ren und die Poeten, die hätten immer recht. Viel-
    leicht überhaupt, aber von ihrem Standpunkt aus
    ganz gewiß. Und ich bin eigentlich alles drei's, und daraus magst du schließen, wie sehr ich recht habe.
    Dreifach recht. ›Ich will spielend entbehren lernen‹, sagst du. Ja, Lieber, das will ich, das ist es, um was es sich handelt. Und du glaubst einfach, ich könn' es nicht. Ich kann es aber, ich kann es ganz gewiß, so gewiß ich diesen Finger aufhebe, und ich will dir auch sagen, warum ich es kann. Den einen Grund hast du
    schon erraten: weil ich es mir so romantisch denke, so hübsch und apart. Gut, gut. Aber du hättest auch sagen können, weil ich andere Vorstellungen von
    Glück habe. Mir ist das Glück etwas anderes als ein Titel oder eine Kleiderpuppe. Hier ist es, oder nirgends. Und so dacht' ich und fühlt' ich immer, und so war ich immer, und so bin ich noch. Aber wenn es
    auch anders mit mir stünde, wenn ich auch an dem
    Flitter des Daseins hinge, so würd' ich doch die Kraft haben, ihm zu entsagen. Ein Gefühl ist immer das herrschende, und seiner Liebe zuliebe kann man alles, alles. Wir Frauen wenigstens. Und ich gewiß. Ich habe so vieles freudig hingeopfert, und ich sollte
    nicht einen Teppich opfern können! Oder einen Verti-ko! Ach, einen Vertiko!«, und sie lachte herzlich.
    »Entsinnst du dich noch, als du sagtest: ›Alles sei jetzt Enquête.‹ Das war damals. Aber die Welt ist

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    inzwischen fortgeschritten,
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